„Bei jedem Fußballspiel bewältigt man wesentlich mehr Leute in kürzerer Zeit“
ULRICHSBERG. Es sei unglaublich, was da an Unwahrheiten und Gerüchten vor allem durch die sozialen Medien geistert: Genau damit wollte Referent Herbert Langthaler von der Asylkoordination Wien am Freitag Abend in Ulrichsberg aufräumen und sparte dabei auch nicht mit Kritik an der Politik.
360 Euro beträgt die Grundversorgung pro Monat für Flüchtlinge, die privat wohnen; für einen Quartier-Betreiber, der die Versorgung sicherstellen muss, gibt es 19 Euro pro Tag und Flüchtling. „Da verdient man sich keine goldene Nase damit“, meinte Langthaler bei seinem Vortrag. Gut 60.000 Grundversorgungsbezieher, vor allem aus Syrien, Afghanistan und Irak sind derzeit in Österreich angekommen. „Es sind Flüchtlinge, die eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung haben und damit auch das Recht auf Asyl. Die Hilfsbereitschaft und Unterstützung für diese Menschen ist von der österreichischen Zivilgesellschaft gekommen, nicht vom Innenministerium. Solche Bewegungen wird es vermehrt in Europa geben und diese werden die Politik unter Druck setzen“, ist Langthaler überzeugt. Gleichzeitig sagte er, dass sich Europa auf diese Situation einstellen müsse, „es werden noch mehr Menschen kommen.“
Und deshalb sind die zuständigen Behörden gefordert, Strukturen aufzubauen, die auch funktionieren: „Was gerade in Spielfeld passiert, ist grotesk. Hier schafft man es nicht, 8000 Flüchtlinge über die Grenze zu bringen – bei jedem Fußballspiel oder Rock-Fest sind das wesentlich mehr Leute. Da schafft man 50.000 Leute innerhalb kurzer Zeit“, kritisierte der Experte in Sachen Migration und Integration. „Das Ministerium hat versagt und es wird vielleicht Zeit, Konsequenzen zu ziehen.“ Er wundere sich oft, dass nicht viel mehr Konflikte ausbrechen, denn „die Situation für Flüchtlinge ist teilweise verheerend.“
Früher Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglichen
Ein großes Problem sieht Herbert Langthaler darin, dass die Asylverfahren so lange dauern und die Asylwerber während dieser Zeit nicht arbeiten dürfen. „Spätestens nach sechs Monaten muss der Zugang zum Arbeitsmarkt möglich sein“, fordert er, „Die Integration muss von Anfang an beginnen, um die Leute schnell aus der staatlichen Versorgung rauszubekommen.“ Vor allem bei den jungen Burschen, die sich nicht weiterentwickeln können, verbaue man sich dadurch die Chance auf gut ausgebildete Fachkräfte.
Warum überhaupt so viele Jugendliche ankommen, erklärte Langthaler folgendermaßen: „Die Burschen werden aus der Schusslinie gebracht, damit sie sich nicht gegenseitig erschießen müssen.“ Und man will den Kindern eine Chance auf eine vernünftige Zukunft geben.
Generell sei die wichtigste Strategie gegen „Stammtisch-Parolen“ das Nachfragen. „Es gibt viele Missverständnisse, die aufklärbar sind“, sagt Langthaler und nennt als Beispiel das Mineralwasser: Für Flüchtlinge ist dieses „Wasser mit Gas“ vergiftet und somit nicht trinkbar. Da darf man sich also nicht wundern, wenn dieses weggeschüttet wird.
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