
NIEDERWALDKIRCHEN/OÖ. Ganz so wie früher, als Geschichten noch mündlich weitererzählt wurden, tragen auch die 19 Mitglieder des Vereins Märchen.Spinnen alte Volksmärchen auswendig und authentisch vor. Ziel ist es, das immaterielle Weltkulturerbe der Erzählkunst zu erhalten und zu fördern. Vor allem Erwachsenen soll damit die Märchenwelt eröffnet werden.
Das portugiesische Märchen von der „Stoasuppn“, bei der ein Bettler jene überlistet, die nichts geben wollten, hat Bernhard Falkinger aus Niederwaldkirchen gerade auswendig gelernt und beim Märchenabend im Pfarrerstall erzählt. Zehn der Märchen.Spinner waren an diesem Abend mit Märchen aus aller Welt zu hören, untermalt mit harmonisch dazupassenden Liedern und Klängen. „Fünf, sechs Märchenerzähler sollen an solchen Abenden schon dabei sein, damit auch die Vielfalt deutlich wird“, sagt Falkinger. Denn ein Einzelner könne kein abendfüllendes Programm gestalten, schließlich ist das Lernen der Texte eine Herausforderung. „Wir haben eine eigene Methode zum Lernen, die Bilder entstehen lässt. Wichtig ist, das Märchen immer gleich zu erzählen. Und sie müssen nahe am Urtext oder der Übersetzung sein“, betont der Religionslehrer, der auch im Unterricht gerne auf überlieferte Geschichten zurückgreift.
Rund um die Welt und zurück
Das Angebot der Märchen.Spinnen richtet sich insbesondere aber an Erwachsene. „Sie sollen Märchen in ihrer Vielfalt und Bedeutung für unser Zusammenleben, auf nachdenklich machende, aber auch auf recht lustige Weise erleben“, erklärt Bernhard Falkinger und ergänzt: „Ursprünglich wurden die Märchen für Erwachsene erzählt und Rotkäppchen oder Hänsel und Gretel sind als Kindermärchen eigentlich verpönt.“ Märchen, die von den Brüdern Grimm aufgeschrieben wurden, keltische, irische, russische Märchen oder Indianermärchen, bei denen viele Tiere in Metaphern vorkommen – so ein Abend mit den Märchen.Spinnen ist eine kleine Weltreise. Der Pädagoge, der übrigens der einzige Mann der 19-köpfigen Truppe ist und neben Daniela Gattringer (Niederwaldkirchen) und Brigitta Leibetseder (Altenfelden) aus dem Bezirk Rohrbach kommt, weiß außerdem, dass sich viele Figuren aus dem Alten Testament in Märchen wiederfinden.
Und was ist nun sein Lieblingsmärchen? Jedes für sich sei interessant, meint Falkinger. Nennt dann aber doch Brüderchen und Schwesterchen oder Jorinde und Joringel.
Märchen geben Orientierung
Märchen sind aber durchaus auch wertvoll für Kinder. Es sollen halt kindgerechte Märchen sein, sagt Falkinger. Sterntaler, die Bienenkönigin, die lehrt, achtsam mit der Natur umzugehen, oder die schon genannte Stoasuppe sind solche Beispiele. „Märchen sind super, weil sie immer gut ausgehen. Sie haben etwas Hoffnungsvolles und geben Kindern Orientierung.“
Alle paar Wochen treffen sich die Vereinsmitglieder zum Stammtisch, um sich thematisch auszutauschen, neue Märchen zu entdecken, Auftritte zu planen und einfach weiter zu spinnen.