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Besonderes Erbe: Bertas Flachs reist nach ihrem Tod noch um die Welt

Petra Hanner, 31.03.2021 06:20

JULBACH/NIEDERKAPPEL. Was für die einen alter Plunder ist, ist für manche Menschen ein Schatz. Eine ganze Truhe voller „Hoar“, also handgehechelter Flachs, ist der neue Schatz von Christiane Seufferlein, Handspinnerin, Färberin und Bewahrerin alten Textilhandwerks aus Julbach.

Christiane Seufferlein hütet einen echten Mühlviertler Schatz. Foto: Seufferlein
  1 / 2   Christiane Seufferlein hütet einen echten Mühlviertler Schatz. Foto: Seufferlein

Wie alt genau die vielen kleinen und fein säuberlich verdrehten Flachsbündel sind, lässt sich nicht mehr genau sagen, 80 Jahre aber bestimmt, vielleicht auch älter. Die Besitzerin war einst Berta Pumberger-Windhager aus Grünling (heute Niederkappel). Zusammen mit einer zweiten Kiste voller Leinenstoffe hat sie den Flachs 1958 als Mitgift in die Ehe mit Schuhmachermeister Rudolf Pumberger-Windhager mitgebracht.

Erinnerung an ein Leben

„Vor einiger Zeit läutete dann das Telefon und Rudolf Pumberger-Windhager jun., der Sohn von Berta, hat mir den Flachs angeboten, zum amal anschauen, wie er gemeint hat“, erinnert sich Christiane Seufferlein. Gemeinsam mit dem Flachs nahm die Textilhandwerkerin auch so manche Erinnerung an Berta mit nach Hause. Zum Beispiel die Sorgfalt, mit der die textilen Schätze aufbewahrt wurden. Liebevoll gehütet, aber nie verbraucht, standen die Truhen Jahrzehnte lang im trockenen Keller, ausgekleidet mit Papier gegen die Feuchtigkeit und immer ein Stück von der Wand weg.

Wie ein Lauffeuer um die Welt

„Was ich mit so viel Flachs tun soll, war mir am Anfang nicht ganz klar, einiges würde für meine Spinnkurse verwendet werden und ein paar Zöpfe wollte ich an Kolleginnen schicken. Der Rest würde ein Lebensvorrat sein, dachte ich“, so die Julbacherin. Weil sie sich über den Fund so freute, postete Christiane Seufferlein ein Bild der Truhe auf einem internationalen online-Spinnerforum: „Innerhalb weniger Stunden hatte ich 150 Menschen aus aller Welt, die mich um zumindest ein bisschen was von dem Flachs baten, die die Geschichte dahinter erfragten, die mit großer Begeisterung von den Projekten schwärmten, die mit den „Hoar“ umgesetzt werden sollen.

Inzwischen hat sich eine Facebookgruppe gegründet, in der die Werke gezeigt werden, die mit den Mühlviertler Fasern entstehen. Außerdem soll ich über den Flachs im Mühlviertel im größten amerikanischen Magazin fürs Handspinnen schreiben. Die Sehnsucht nach diesem Material mit einer Geschichte ist einfach enorm.“

Von Japan bis Australien

Der Mühlviertler Flachs geht nun wirklich in die ganze Welt. Amerika, Japan, Kanada, Brasilien und Australien sind die weitesten Ziele, aber auch in ganz Europa freuen sich Spinnerinnen über die Faserproben und den historischen Zusammenhang. Der Brauch, Flachs als Aussteuer bekommen zu haben, ist in fast allen Teilen der Welt unbekannt. Auch ein Museum aus Großbritannien fragte die ganze Truhe als Leihgabe für eine Ausstellung an.

„Nie hätte ich mit dieser Resonanz gerechnet, aber es zeigt, wie wertvoll, wenn auch nur ideell, der Flachs ist, der sicher noch in vielen Dachböden im Mühlviertel steht und es wäre schön, wenn wir uns dieses Erbes wieder bewusst werden“, sagt Seufferlein und bittet: „Bevor jemand alten Aussteuerflachs oder auch altes Leinen, egal wie stockfleckig oder vergilbt, entsorgt, würde ich mich sehr über eine Nachricht freuen. Es gibt auf der ganzen Welt noch so viele Textilliebhaber, die über ein Stück Mühlviertler Vergangenheit in Verzückung geraten.“


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