Mehr Gleichgewicht an den Flüssen: River and Nature Trust gibt den Fischen eine Stimme
NEUFELDEN/Ö. Ohne großen Aufschrei in der Bevölkerung geht der Bestand der heimischen Bachforelle dramatisch zurück. Das möchte die Initiative „River and Nature Trust“ ändern: Unter Präsident Peter Schröcksnadel werden heuer wissenschaftliche Projekte an vier Flüssen gestartet, um insbesondere der Bachforelle, aber generell allen Lebewesen unter Wasser eine Überlebenschance zu geben. Eines der ersten Testreviere ist die Große Mühl.
Als Bub habe er in Innsbruck, direkt in der Stadt, jede Menge Bachforellen gefangen. „Das gibt“s nicht mehr“, zeigt Peter Schröcksnadel auf. Als leidenschaftlicher Fischer und Naturfreund sind ihm die Flusslandschaften mit ihren Lebewesen nicht egal und deshalb hat der Tiroler mit Gleichgesinnten und Wissenschaftlern den River and Nature Trust gegründet. Zum Start widmet man sich den heimischen Gewässern und im speziellen der Rettung der Bachforelle. „Wir wollen die Ursachen für den Rückgang suchen, Lösungen finden und Gegenmaßnahmen umsetzen. Dabei sind die Ursachen in jedem Fluss anders, wir vertrauen bei der Erforschung auf die Wissenschaft“, betont Schröcksnadel. Ihm ist klar, dass man unsere heutige Kulturlandschaft nicht mehr rückbauen kann – „aber wir können sie so gestalten, dass eine Balance herrscht und Fische eine Überlebenschance haben und sich wieder selbständig reproduzieren können.“
Ursprüngliche Linien verschwinden
Fischbiologe und Grundlagenforscher Nikolaus Medgyesy, einer der wissenschaftlicher Leiter der Initiative, erklärt beim Lokalaugenschein an der Großen Mühl in Pürnstein (Gemeinde Neufelden), dass vor allem die autochthonen, also die lokal vorkommenden Linien der Bachforelle gefährdet sind. „In ganz Europa findet man in fast allen Gewässern nur mehr den Atlantiktypus, die ursprünglichen Linien sind großteils verschwunden.“ Wobei der Mensch mit seinen massiven Eingriffen in den Lebensraum der Fische mit Schuld trägt. „Der Trust will deshalb einen Ausgleich zwischen allen Interessensgruppen schaffen“, betont Vizepräsident Werner Steinecker:
Vielfältige Probleme
Wie nun die Situation am ersten Testrevier Große Mühl ausschaut, weiß Christoph Hauer von der Boku Wien, der sich seit rund 20 Jahren mit diesem Fluss beschäftigt und seit 2013 hier ein Fischmonitoring betreibt: Während im oberen Teil der Großen Mühl, zwischen Ulrichsberg und Aigen-Schlägl die Bachforelle kein Problem hat, schaut es in der Gegend um Neufelden ganz anders aus. „Hier wollen wir wissenschaftlich tätig werden und Daten erheben“, freut sich der Aigen-Schlägler über den Rückenwind durch den Trust. Herausforderungen an der Großen Mühl sind etwa die Fischräuber, wie Graureiher oder Fischotter, aber auch die zunehmende Versandung, wodurch der ohnehin nur spärlich vorhandene Laichkies, den die Bachforelle braucht, zugedeckt wird. Dazu kommt der erhöhte Nährstoffeintrag durch Kläranlagen oder Landwirtschaft, die Abnahme der Abflüsse und die steigende Wassertemperatur. „Das alles ist ein Cocktail für die Algenblüte, die zu einem massiven Fischsterben führen kann. Das ist meine große Sorge“, verdeutlicht Hauer. „Wir müssen deshalb die richtigen Schritte setzen und mit den Rahmenbedingungen so umgehen, damit die Bachforelle und andere Arten weiterhin eine Chance haben.“
Für die Bachforelle wird der River and Nature Trust an der Großen Mühl, Drau, am Kapellenbach/Tiroler Ache und am Görtschitz aktiv. In den nächsten Jahren will man sich außerdem dem Huchen, der Äsche, den Krebsen und der Muschel widmen.
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