Im Böhmerwald ist es nachts schon genauso hell wie in der Vorstadt
ULRICHSBERG. Seit zehn Jahren dokumentiert eine Lichtmessstation des Landes in Schöneben bei Ulrichsberg, wie hell der Nachthimmel über uns leuchtet. Heute ist es dort fast dreimal so hell wie noch zu Beginn der Messungen. Auf die Umwelt wirkt sich das negativ aus.
Armin Kaspar ist Amtssachverständiger für Strahlenschutz am Amt der OÖ. Landesregierung. Er erklärt, wie die Helligkeit des Nachthimmels gemessen wird: „Die Maßeinheit mag/arcsec² stammt aus der Astronomie. Sie beschreibt die Helligkeit des Himmels – höhere Werte stehen für Dunkelheit, niedrigere Werte für Helligkeit. Ab etwa 22 mag/arcsec² ist die Milchstraße noch klar zu sehen, bei 20 mag/arcsec² verschwinden bereits viele Sterne, und unter 18 mag/arcsec² sprechen wir von städtisch aufgehelltem Himmel. Zu Beginn lag der Mittelwert an der Messstation in Schöneben noch bei rund 21,3 mag/arcsec² – ein Wert, der einem vergleichsweise dunklen ländlichen Himmel entspricht. Heute liegt der Durchschnitt nur noch bei etwa 20,2 mag/arcsec². Damit ist der Himmel seit Beginn der Messungen fast dreimal so hell geworden.“ Im europäischen Vergleich liegt der in Schöneben gemessene Bereich inzwischen nicht mehr im ländlichen Niveau, sondern bereits im Vorstadtbereich. Besonders seit 2019/2020 zeigt sich eine dauerhafte Aufhellung.
Natur gerät durcheinander
Die Folgen sind spürbar: Nachtaktive Tiere wie Insekten, Vögel oder Fledermäuse verlieren ihre Orientierung, finden schwerer Nahrung und erleben gestörte Lebensrhythmen.
Vogelexperte Reinhold Petz aus Aigen-Schlägl zeigt auf, was die Lichtverschmutzung für Vögel bedeutet: „Es kann sogar so weit gehen, dass das Licht in der Nacht zu Verschiebungen bei Reviergesang und Brut führt. Häufig in unseren Gärten vorkommende Vogelarten wie Amseln, Rotkehlchen, Kohl- und Blaumeisen weisen bereits einen früheren Brutbeginn auf, was sich negativ auf den Bruterfolg auswirken kann.“
Zudem würden etwa drei Viertel aller Zugvögel nachts ziehen. Dabei orientieren sie sich neben dem Erdmagnetfeld auch am Sternenhimmel, an großen Flusstälern und Hügelketten oder Gebirgszügen. Beleuchtete Türme, Schlösser oder Hausfassaden erzeugen für Vögel Irritationen und können Ursache für Kollisionen mit Todesfolge darstellen. „Wenn sich zum Beispiel in einer großen Glasscheibe die nächtliche Landschaft wie eine Wasserfläche im Mondschein spiegelt und der Vogel dort landen möchte, endet das meist mit Genickbruch“, weiß Petz.
Auch für uns Menschen verschwindet der Sternenhimmel zunehmend, und unser natürlicher Hell-Dunkel-Zyklus wird gestört – Schlafprobleme können die Folge sein. Selbst Pflanzen reagieren auf das künstliche Licht: Ihr Wachstumszyklus kann verschoben werden, Blätter fallen später und werden anfälliger für Frost.
Modernes Messnetz
Um dem entgegenzuwirken, setzt Oberösterreich auf ein modernes Lichtmessnetz im ganzen Bundesland. Vorerst zehn der bisher 23 Standorte werden durch neue Geräte aufgewertet. Auch in Schöneben ist eine Modernisierung geplant, wobei noch eine Standortanpassung innerhalb der Gemeinde überlegt wird. Durch die neuen Geräte lassen sich künstliche Lichtquellen besser unterscheiden und Entwicklungen zuverlässiger dokumentieren. Wegen der Erneuerung der Messstationen werden derzeit auf der Homepage des Landes keine aktuellen Daten veröffentlicht. Nach Abschluss der Arbeiten sind sie wieder einsehbar und übersichtlich grafisch aufbereitet. So können Entwicklungen nachvollzogen und gezielt Gegenmaßnahmen geplant werden.
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