
KIRCHBERG/ST. JOHANN/KLEINZELL. Der Protest hat sich ausgezahlt: Zumindest eingeschränkt hält die Raiffeisenbank auch in den nächsten zwei Jahren den Schalterservice in Kirchberg, St. Johann und Kleinzell aufrecht. Ein Etappensieg ist somit erreicht – auch wenn man damit nicht vollends zufrieden ist.
Zum Hintergrund: Weil Raiffeisen sein Filialnetz strafft, sollte Kleinzell schon im Juni geschlossen werden, Kirchberg und St. Johann dann im Sommer 2023. Vor allem die Kirchberger und Hansinger wollten das nicht kampflos hinnehmen: Es wurden in beiden Gemeinderäten Resolutionen beschlossen, hunderte Unterschriften gesammelt und einige Gespräche mit den Verantwortlichen geführt. Alles ohne Erfolg – bis man sich schließlich am Montagabend auf eine Kompromisslösung einigen konnte. „Wir wollen auf die deutlichen Signale der Kunden und Miteigentümer hören und werden an allen drei Bankstellen zumindest an einem Vormittag in der Woche den Schalterservice mit Bargeld aufrechterhalten“, verkündete Franz Erlinger bei einem öffentlichen Diskussionsabend am Dienstagabend im Glashaus in Kirchberg. Dazu kommt eine „hochwertige Selbstbedienungs-Ausstattung zur Bargeld-Behebung, für Überweisungen und Kontoauszüge. Auch der vertraute Berater ist fast jederzeit telefonisch erreichbar.“ Nach zwei Jahren werde man evaluieren und sich den Bedarf nochmal anschauen.
„Müssen mit abgespeckter Version zufrieden sein“
Kirchbergs Bürgermeister Franz Hofer sagte dazu: „Die Forderung nach dem Erhalt der Bankstelle Kirchberg in der derzeitigen Form steht ganz oben. Aber da dies nicht realistisch ist, müssen wir mit der abgespeckten Version zufrieden sein. Es ist eine Lösung, die zumindest in Teilen unseren Vorstellungen entspricht. Ich wünsch mir nach zwei Jahren aber eine faire Evaluierung und nicht, dass die Rahmen zu eng gesteckt werden.“ Albert Stürmer, Bürgermeister aus St. Johann, sieht gar Hoffnung, dass mehr daraus entstehen könnte: „Es ist jetzt unsere Aufgabe, aus dem einen Schalter-Vormittag kluge Lösungen zu schaffen. Wir müssen die zwei Jahre dafür nutzen, dass aus dem Zusperren ein zwar kleiner, aber moderner Betrieb entsteht. Denn ich sehe eine Welle von Leuten, die dem Internet kein Vertrauen mehr schenken.“
„Zusperren ist unfair“
Für Kirchberg und auch St. Johann heißt das jetzt, dass die Raiffeisenbank noch ein Jahr im Normalbetrieb (mit elf Stunden wöchentlich) weiterläuft, ein weiteres Jahr mit einem Vormittag wöchentlich. Das ist vielen aber zu wenig, wie im Glashaus deutlich wurde. „Der radikale Schritt müsste nicht sein. Wir brauchen auch keine Spezialberatung vor Ort. Aber unsere beiden Schalterdamen, die uns jetzt betreuen, könnte sich Raiffeisen auch in Zukunft locker leisten. Das Zusperren ist unfair jenen Leuten gegenüber, die jahrelang brav gezahlt haben und geschaut haben, dass die Bank so dasteht. Wir haben uns für die Nahversorgung in Kirchberg eingesetzt – da gehört eine Bank dazu“, machte Gastwirt und Unternehmer Johann Höglinger deutlich.
Keine wirtschaftliche Entscheidung
Kritik gibt es vor allem, weil die Entscheidung zur Schließung keine wirtschaftliche war, wie auch Erlinger mehrmals betonte. „Wir sind eine wirtschaftlich gesunde Bank und wollen das bleiben, aber es sind herausfordernde Zeiten im Finanzsektor. Deshalb haben wir uns zu diesem Schritt entschlossen. Wir sind ein Wirtschafts-Unternehmen und keine karitative Organisation“, meinte der Vorstandsvorsitzende der Raiffeisen Region Neufelden. Raiffeisen nehme damit auch Kundenabwanderungen in Kauf, „manches werden wir nicht verhindern können.“
In der Region Neufelden sind übrigens keine weiteren Zusammenlegungen bzw. Schließungen in absehbarer Zeit vorgesehen, so Franz Erlinger. In der Region Rohrbach wurden gerade die Bankstellen Schwarzenberg, Klaffer und Julbach in die neue Zentrale in Ulrichsberg verlegt.