Alterung der Gesellschaft stellt den Bezirk vor große Herausforderungen
BEZIRK SCHÄRDING. Bis zum Jahr 2040 sollen laut Statistik Austria im Bezirk Schärding um 1,4 Prozent mehr Menschen leben. Diese Bevölkerungsentwicklung bringt Herausforderungen mit sich, denn trotz Bevölkerungswachstum sinkt die Zahl der Erwerbstätigen, was eine Alterung der Bevölkerung bedeutet. Außerdem wird sich so manche Gemeinde laut Statistik in den nächsten Jahren mit einem Einwohnerrückgang im zweistelligen Prozentbereich konfrontiert sehen.
Zu den großen Gewinnern an Einwohnern werden laut Statistik Austria im Bezirk sowohl die aktuell einwohnerstärkste Gemeinde als auch die kleinste Gemeinde zählen: Für Andorf wird ein Plus von 12,9 Prozent prognostiziert, für Mayrhof ein Plus von 10,5 Prozent. Die großen Verlierer wären laut Prognose Diersbach (minus 11,2 Prozent) und Freinberg (minus zehn Prozent).
Alterung der Bevölkerung
Die größten Herausforderungen der kommenden Jahre werden aber vor allem die Alterung der Gesellschaft sowie die Landflucht darstellen. „Der demografische Wandel und die damit verbundene Alterung der Bevölkerung hat großen Einfluss auf die Zukunfts- und Wachstumsperspektiven der Unternehmer im Bezirk. Er bringt aber für Unternehmen auch Aufträge und Chancen, beispielsweise bei seniorengerechten Umbauten oder im Bereich der Gesundheitsdienstleistungen“, ist sich Alois Ellmer, Leiter der Wirtschaftskammer Schärding, sicher.Der demografische Wandel ist schon jetzt spürbar. In einigen Branchen herrscht bereits ein Lehrlings- und Fachkräftemangel. Es gibt Engpässe. „Es wird sich daher auf regionaler, betrieblicher Ebene der Wettbewerb um qualifizierte Mitarbeiter zuspitzen“, so der Leiter der WK Schärding. Für Ellmer gilt es daher, das im Bezirk vorhandene Arbeitskräftepotential in Bezug auf Ältere, Frauen, Schulabbrecher und Migranten auszuschöpfen. Weitere Ansatzpunkte um dem Problem entgegen zu wirken, sieht er in der Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs mit Einführung eines regionalen Verkehrskonzeptes, im Bereich der Familien- und Kinderbetreuungsangebote sowie in der Verstärkung und Unterstützung von Kooperationen innerhalb und außerhalb der Wirtschaft. Auch die Initiative Hot Spot Innviertel vereint Unternehmer und Organisationen der Bezirke Schärding, Ried und Braunau mit der Zielsetzung das Innviertel als attraktive, lebenswerte Arbeitgeberregion zu positionieren. „Übrigens steht das Jahr 2017 in der WKO Schärding unter dem Schwerpunkt „Standortentwicklung“. Gemeinsam möchten wir unseren Bezirk unter wirtschaftlichen Aspekten weiterentwickeln. Fragen zu Infrastruktur, Breitbandausbau, Fachkräften und mehr werden wir gemeinsam in Workshops diskutieren und Lösungen suchen. Letztlich sollen zwei bis drei ganz konkrete Ziele und Schritte zum Nutzen für die Unternehmen im Bezirk am Ende des Prozesses im Herbst in Angriff genommen werden“, erklärt Ellmer.
Landflucht bekämpfen
Neben der Alterung der Gesellschaft ist, wie bereits erwähnt, auch die Landflucht ein großes Problem. Auch hier hat Ellmer bereits Ideen, um die Menschen im Bezirk zu behalten: „Durch Verstärkung der Willkommenskultur, der Attraktivierung des Arbeits- und Lebensraumes, dem Abbau der Infrastrukturdefizite im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs und dem Breitbandausbau. Gut ausgebildete Fachkräfte und junge Leute berücksichtigen nämlich bei der Wahl des Arbeitsplatzes auch das Umfeld in dem sie leben und arbeiten.“ Faktoren, wie Betriebsklima, Kinderbetreuungsangebote, Freizeitmöglichkeiten, Alters- und Gesundheitsversorgung sowie Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten gewinnen daher für Ellmer an Bedeutung für den Bezirk.
Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt
Auch für das Arbeitsmarktservice sind die Auswirkungen des demografischen Wandels bereits spürbar, hält sich allerdings in Grenzen. „Dadurch, dass die Menschen aufgrund der früheren Pensionsreformen immer länger im Arbeitsprozess stehen, durch die höhere Erwerbsbeteiligungsquote der Frauen sowie durch starke Zuwanderung, insbesondere aus den neuen Osterweiterungsländern, kann ein flächendeckender Fachkräftemangel an Beschäftigten im Haupterwerbsalter vorläufig weitestgehend vermieden beziehungsweise kann der Arbeitskräftebedarf der Firmen überwiegend abgedeckt werden“, erklärt Harald Slaby, Leiter des AMS Schärding. Mehr Probleme für die Firmen gibt es im Jugendlichenbereich. Die Zahl der Jugendlichen wird immer weniger und hinzu kommt, dass immer mehr Jugendliche in Richtung mittlerer und höherer Schule tendieren. „Das Reservoir an jugendlichen Lehranfängern geht zurück und vielen Firmen bleibt oftmals nur mehr übrig aus den wenigeren Bewerbungen auch die schwächeren zu akzeptieren“, erläutert Slaby das Problem der Unternehmer.Mögliche Schritte, wie man der prognostizierten Entwicklung entgegen wirken könnte, sieht Slaby in der frühzeitigen Bindung Jugendlicher an lokale Betriebe sowie in einer Gewinnung von Jugendlichen für eine Lehrausbildung in technischen Berufen durch entsprechenden Fokus in der Berufsinformation und Berufsorientierung. Weiters ist für Slaby eine Attraktivierung der Region als Lebens- und Wohnort wichtig. Durch das Aufzeigen von Chancen am regionalen Arbeitsmarkt möchte er Hochschulabsolventen in der Region halten. Der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur und neuer Mobilitätsmodelle, der Kinderbetreuungsangebote und der Qualifizierungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten für Migranten ist für den Leiter des AMS Schärding ebenfalls ein wichtiger Schritt.
Soziale Auswirkungen
Eine Alterung der Bevölkerung stellt aber nicht nur die Wirtschaft vor Herausforderungen sondern hat auch maßgebliche Auswirkungen auf den sozialen Bereich. Tips bat den Leiter des Sozialhilfeverbande Schärding, Rudolf Greiner, zum Interview:
Tips: Welche Auswirkungen hat der demografische Wandel für den Sozialhilfeverband Schärding?
Rudolf Greiner: Wir beobachten die demografische Entwicklung genau, wir wissen aber auch, dass ältere Menschen heute länger geistig und körperlich fit bleiben und die Zahl der Pflegebedürftigen nicht im selben Ausmaß steigt. Das ist die gute Nachricht. Unter diesem Gesichtspunkt stellen wir unsere Überlegungen zu leistbarer Pflege und Wohnen im Alter an. Unsere Umfragen im Vorjahr haben ergeben, dass die meisten Menschen natürlich bis zuletzt zu Hause gepflegt werden wollen. Betreute Wohnformen, Tagesbetreuung und auch unsere Pflegeheime mit ihren hohen Standards sind sehr wohl auch attraktive Alternativen. Derzeit sind wir bei der Planung eines neuen Heimes in Schärding (Zentrum Tummelplatz) mit Integration neuer Wohn- und Pflegeformen sowie weiterer Standorte mit betreutem Wohnen und Tagesbetreuungsangebot im gesamten Bezirk.
Tips: Welche Auswirkungen sind bereits jetzt spürbar?
Greiner: Die 24 Stunden Pflege zu Hause federt so manches ab, dennoch steigt der Pflegebedarf. Der SHV Schärding hat mittlerweile 390 Beschäftigte, mit der Inbetriebnahme des neuen Hauses in der Tummelplatzstraße in Schärding in zwei bis drei Jahren werden wir zusätzlich Personal brauchen. Die rechtzeitige Personalplanung und die Ausbildung in der Region ist eine große Herausforderung.
Tips: Wie kann man diesen Problemen entgegenwirken?
Greiner: Der Ausbau neuer Wohnformen wie heimgebundenes Wohnen, die intensive Unterstützung pflegender Angehöriger und die Tagesbetreuung in den Gemeinden sind vorrangige Ziele. Eine ganz wertvolle Unterstützung ist dabei auch das große Engagement zahlreicher Freiwilliger, etwa bei Essen auf Rädern und den Besuchsdiensten. Hier ist unser Bezirk ganz vorbildlich unterwegs.
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