Grenzgeschichten: Die Zwangsaussiedelung aus dem Böhmerwald
Vor 70 Jahren, im Sommer 1946 begann die systematische Aussiedlung der deutschsprachigen Bewohner aus dem Böhmerwald. Diese Vertreibung von rund drei Millionen Sudetendeutschen beendete das Jahrhunderte lange friedliche Zusammenleben deutschsprachiger Bewohner mit Tschechen entlang der Grenze Böhmens und Mährens.
Ab dem zwölften Jahrhundert lebten die deutschen Grenzbewohner hier. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges im Jahr 1918 beschlossen die Siegerstaaten, dass das Grenzgebiet zum neuen Staat CSR mit drei Millionen Altösterreichern als Tschechen zu bezeichnen wären. Doch die Deutschsprachigen fühlten sich stets benachteiligt in der CSR und glaubten lieber dem neuen Befreier Hitler, der sie in das Deutsche Reich aufzunehmen bereit war. Gleichzeitig wurde von ihm die CSR zerschlagen und auf die Nachbarstaaten aufgeteilt. Der Staatspräsident der CSR Edward Benes floh in das Londoner Exil und fasste während des Zweiten Weltkrieges den Plan für die neue CSR, genannt Benes Dekrete. Nach diesem Dekret wurden die deutschsprachigen Bewohner der CR mit Gewalt gezwungen, nach Kriegsende ihre bisherige Heimat zu verlassen und ihren Besitz dem neuen Staat zu überlassen.
Wer diese Vertreibung miterlebte, weiß von Mord und Todschlag. Solches niederzuschreiben bedeutet eine seelische Belastung, die unerträglich ist. Fritz Bertlwieser aus Haslach lässt in seinen Büchern darüber Zeitzeugen zu Wort kommen. Im gleichen Böhmerwald, der zu unserer Heimat zählt, haben Verwandte und Freunde Unsägliches erlitten.
Gleichzeitig verbreitete sich das Gerücht, dass auch den Mühlviertler Bewohnern das gleiche Schicksal wie unseren böhmischen Verwandten voraussagte. Zu Schulbeginn im Herbst 1945, als wir uns in der Hauptschule Rohrbach erstmals wiedersahen, fehlte die Hälfte. Wo sind sie geblieben die Reichenauer, die während des Krieges täglich zu Fuß mit den Haslachern als erste in der Hauptschule Rohrbach waren? Doch die eigentliche Vertreibung und die Sprengung der Häuser folgte ein Jahr später und zog sich zwei bis vier Jahre hin.
Verfasser: Fritz Winkler
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