St. Pölten. Landesfeuerwehrchef Dietmar Fahrafellner hat seine erste Amtsperiode hinter sich gebracht. Im Tips-Gespräch blickt der Chef von 97.500 Feuerwehrleuten zurück und hofft auf eine Wiederwahl am 18. März.
Tips: Seit 2013 sind Sie Chef der Feuerwehren. Ist es so gelaufen, wie Sie es sich vorgestellt haben?
Dietmar Fahrafellner: Weitaus besser. Wir haben einiges zum Aufarbeiten gehabt. Ich habe sofort einen neuen Büroleiter geholt und eine neue Struktur aufgebaut. Gleich nach meiner Wahl haben wir die Bewährungsprobe Hochwasser 2013 auf der Donau gehabt. Wo wir als die Katastrophenschützer Nummer eins sehr gut weggekommen sind. Was mir auch wichtig war, sind die beiden Auslandseinsätze in Slowenien und Bosnien. Mittlerweile sind wir die einzigen, die Blackout-Erfahrung haben. Wir sind für solche Krisen gut vorbereitet. Was mich sehr freut, ist, dass wir ein sehr gutes Team unter den Bezirkskommandanten und im Büro im Kommando geworden sind. Wir haben Schwung und moderne Denkweisen hineingebracht.
Tips: Keine Zukunft ohne Nachwuchs. Wie ist die Feuerwehr hier aufgestellt?
Fahrafellner: Wir haben in den letzten Jahren eine steigende Tendenz in der Jugend mit einem auffallend hohen Frauenanteil von rund 20 Prozent. Wobei wir den Gesamtfrauenanteil seit 2013 von 5000 auf 8500 gesteigert haben. Bei den Männern haben wir einen kleinen Rückgang, den kompensieren aber die Damen. Die Mitgliederzahl passt, aber wir können uns nicht darauf ausruhen. Wir haben in letzter Zeit sehr viele Aktionen gemacht. Zum Beispiel „Gemeinsam sicher Feuerwehr“, wo wir in den Volksschulen sind. Und dort hoffen wir, dass wir die Kinder mit Action an uns binden können. Das hat uns jede Menge Geld gekostet, aber ich glaube, es ist wichtig zu investieren. Wir sind guter Dinge, dass wir diese Zahlen halten oder sogar steigern.
Tips: Ist es ein Problem, dass die Kinder erst mit zehn Jahren zur Feuerwehr kommen können?
Fahrafellner: Dieses Problem ist uns bekannt. Es gibt Versuchsmodelle, aber du brauchst auch die Ausbildner, um die Kinder richtig zu betreuen. Bei 1719 Feuerwehren ist es sehr schwierig das nötige Personal zu finden. Daher gehen wir in die Volksschulen, um sehr früh ein Bewusstsein zu setzen. Derzeit haben wir nicht den Bedarf und nicht das Personal, weil wir alles freiwillig machen müssen. Aber vielleicht ist das ein Thema für die Zukunft, wenn die Zahlen sinken würden.
Tips: Ein wiederkehrender Punkt ist die Zusammenlegung von Wehren. Wäre das für Sie denkbar?
Fahrafellner: Denkbar ja, aber nur dann, wenn sie es freiwillig wollen. Ich hatte einen Fall in meinem Bezirk, da bauen zwei Feuerwehren in einer Gemeinde ein neues Haus. Die haben eine Abstimmung gemacht und sich dafür ausgesprochen. Warum sollen wir da etwas dagegen haben? Gegen Zwangszusammenlegungen haben wir aber schon etwas. Denn die Erfahrung hat gezeigt, dort wo mit Druck zusammengelegt wird, bilden sich zwei Lager und die Feuerwehr wird sich nie einig. Da muss man aufpassen, denn Freiwilligengut ist sehr sensibel.
Tips: Welche Herausforderungen stehen der Feuerwehr in den kommenden Jahren bevor?
Fahrafellner: Die Feuerwehr hat über Jahrhunderte gezeigt, dass sie anpassungsfähig ist. Wir waren die Ersten in Österreich, die eine Risikoanalyse gemacht haben, die nachvollziehbar ist. Das heißt, wir können für jede Gemeinde genau ausrechnen, welche Fahrzeuge sie braucht. Wir haben auch geschaut, dass wir die Nutzungsdauer der Fahrzeuge von 20 auf 25 Jahre anheben. So braucht man auf hundert Jahre ein Auto weniger. Das Geld wird nicht mehr, Sparmaßnahmen müssen her. Wir müssen uns daher effizient aufstellen. Das wird auch in der Mittelbeschaffung der nächsten Jahre so sein. Ein Thema ist, dass wir aus der Körperschaft öffentlichen Rechtes heraus gegenüber den Vereinen schlechter gestellt sind. Das Rote Kreuz kann zum Beispiel beim Kauf eines Rettungsautos die Vorsteuer abziehen. Wir zahlen aufgrund der Körperschaft aber die volle Mehrwertssteuer. Daher könnte man sich überlegen, nur diese Fahrzeuge zu kaufen, die vom Gesetz mit der Risikoanalyse mit Verordnung vorgeschrieben sind, da machen wir es wie bei der NoVa. Es gibt eine Rückerstattung des Bundes. Die personelle Herausforderung wird sein, dass wir an der Grundausbildung schrauben müssen. Diese ist sehr zeitaufwändig. Wir werden in der nächsten Periode einen neuen Ausbildungsausschuss machen und versuchen die Konzepte so zu ändern, dass es eine Grundausbildung bei uns gibt und die weiterführenden Module in den Feuerwehren stattfinden. Das hat es schon einmal gegeben, aber man ist davon abgerückt.
Tips: Warum ist man davon weggegangen?
Fahrafellner: Damals waren die Konzepte so, dass man mehr modular in den Feuerwehren ausbildet und erst dann zu uns kommt. Mir wäre es anders lieber, weil es vom Arbeitsmarkt her schwierig geworden ist. Man sieht aus der Erfahrung heraus, dass es für manche ein sehr langfristiges Unterfangen ist, bis er die Grundausbildung fertig hat.
Tips: Feuerwehrwesen hängt sehr stark mit Politik zusammen. Sie können es wahrscheinlich am besten beurteilen, da sie in der Stadt St. Pölten einen roten Bürgermeister haben und auf Landesebene einen schwarzen Landeshauptmann. Wie kann man sich die Einflussnahme der Politik vorstellen?
Fahrafellner: Unsere Partei heißt Feuerwehr! Ich bin bei keiner Partei Mitglied und es stimmt, dass der Spagat nicht immer ganz leicht ist. Aber wichtig ist, dass wir einen geraden Weg gehen. Der gerade Weg ist mit allen zu können. Ich sage immer: „Wir haben rote Autos, schwarze Räder, blaue Lichter und fahren auch auf der grünen Wiese.“ Jede Feuerwehr hat ihren Bürgermeister, der Chef der Feuerwehr ist. Egal welche Farbe. Und wir haben den Landeshauptmann. Zu beiden muss ich auf jeder Wirkungsebene loyal sein. Man kann mit der Politik sehr viel erreichen, vorausgesetzt Loyalität und ein Grundprinzip: Richte einem Politiker nie etwas über die Zeitung oder das Rednerpult aus. Dann hast du eine Chance für einen fairen Umgang. So bin ich am besten gefahren. Einflussnahme hat es bei mir noch nie gegeben, mir hat noch nie jemand gesagt, das musst du in diese oder jene Richtung drücken.
Tips: Vor wenigen Tagen wurde eine Kooperation zwischen Feuerwehr und der Bundesbeschaffungsgesellschaft (BBG) präsentiert. Dabei sind Kosteneinsparungen für die Feuerwehr möglich. Wie wichtig sind solche Kooperationen?
Fahrafellner: Es ist eine Verbesserung im Einkauf. Seit einiger Zeit haben wir ein Projekt mit Mannschaftstransportfahrzeugen laufen, wo wir über die BBG direkt bei VW einkaufen und nicht über Zwischenhändler. Somit haben wir bessere Preise erzielt und mittlerweile 131 VW-Busse gekauft. Das ist natürlich ein gewaltiges Auftragsvolumen. Wir haben uns das angeschaut, ob wir das auch bei Einsatzfahrzeugen in verschiedenen Gewichtsklassen zusammenbringen. Wir haben unser Know-how mit dem Know-how der BBG zusammengeführt und eine Ausschreibung vorgenommen. Jetzt können die Feuerwehren, ohne selbst aufwändige, EU-weite Ausschreibeverfahren machen zu müssen, über die BBG Fahrzeuge bestellen. Erstens gewinnt man Zeit und der rechtliche Faktor fällt weg. Und die Fahrzeuge sind um 20 bis 25 Prozent günstiger und es gibt eine Kostentransparenz. Das ist aber kein Diktat vom Landesfeuerwehrkommando, sondern jeder kann nach wie vor selbstständig ausschreiben.
Tips: Zurück zu Ihnen: Wo sehen Sie sich im Jahr 2033? Da sind Sie dann 65 Jahre alt – und somit zu alt, um eine Führungsposition im Feuerwehrwesen zu besetzen.
Fahrafellner: Im Jahr 2031 wählen wir, da höre ich auf. Weil ich nichts davon halte, halbe Perioden zu machen. Denn in einer halben Periode kann man nicht viel bewegen und der Neue muss sich einarbeiten. Wenn ich gewählt werde und gesund bleibe, höre ich mit Periode 2031 auf. Aber jetzt schauen wir mal, dass ich diese Wahl gewinne.
Tips: Warum sollen Sie Ihre Kameraden am 18. März wiederwählen?
Fahrafellner: Ich habe in den letzten drei Jahren mein Bestes gegeben. Wenn das ausreicht, dann werden sie mich wählen. Wenn sie mich nicht wählen, muss ich sagen: „Mehr kann ich nicht machen.“ Ich bin 60.000 Kilometer im Jahr unterwegs und nur selten zu Hause. Mehr geht nicht.
Tips: Abschließende Frage: Wird es die Freiwillige Feuerwehr immer geben?
Fahrafellner: Sicher, weil ich der Meinung bin, dass dieses System weltweit einzigartig ist. Wir haben das Glück, dass wir in unseren Gemeinden so stark verwurzelt sind, dass über Generationen die Feuerwehr funktioniert hat und es für viele Ehrensache ist. Die Kameradschaft ist schön und man kann anderen im Einsatz helfen. Ich glaube, dass das eine Tradition ist, die nicht so schnell verloren geht. Wir müssen uns aber schon anpassen, denn wir haben Regionen, wo sehr viele auspendeln und wir untertags einsatzschwächer sind. Da müssen wir halt mehr Feuerwehren hinschicken, denn früher haben wir eine Wehr mit zehn Mann alarmiert, heute schicken wir zwei Feuerwehren mit je fünf Mann hin.
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