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Tagespresse-Chefredakteur Fritz Jergitsch: „Als Satiriker wünsche ich mir Schwarz-Blau“

Thomas Lettner, 18.10.2017 09:49

ST. PÖLTEN. Im Rahmen von „Österreich liest“ kamen gestern Abend Journalist Paul Kraker und Fritz Jergitsch, der Gründer von Österreichs „seriösester“ Onlinezeitung „Die Tagespresse“, in den Audimax der FH St. Pölten. Bei der anschließenden Signierstunde in der FH-Bibliothek konnte locker mit dem Chefredakteur geplaudert werden.

  1 / 2   Tagespresse-Gründer Fritz Jergitsch (l.) und Journalist Paul Kraker, der abwechselnd Tagespresse-Artikel vorlas und Jergitsch interviewte. Fotos: Thomas Lettner

Tips: Wie wählt ihr in eurem Team die Themen aus?

Jergitsch: Wir versuchen immer, tagesaktuell zu bleiben. Wir sehen uns ja als Nachrichtenmedium und wollen daher möglichst aktuelle Artikel bieten. Darum wählen wir unsere Themen einerseits nach dem aus, ob darüber gesprochen wird, zweitens ob es ein Thema ist, das uns auch berührt. Man kann nicht über jedes Thema Satire machen, - zum Beispiel über die Sozialversicherungsreform - weil es so trocken ist. Wir suchen eher nach Konflikt und Reibung und Streit. Das sind die Gesichtspunkte, nach denen wir die Themen auswählen.

Wie recherchiert ihr für eure Themen?

Wir lesen sehr viele Nachrichten primär online wie standard.at, orf.at oder krone.at. Wir recherchieren wahrscheinlich nicht groß anders als ein normaler Journalist.

Wer sind denn eure Lieblingsopfer?

Jeder, der einen Blödsinn macht. Es gibt natürlich Leute, die sich ideal eignen für Satire – Michael Häupl zum Beispiel, der nie um einen Sager verlegen ist, Sebastian Kurz genauso. Strache jetzt ein bisschen weniger, der macht jetzt mehr so auf Staatsmann und seriös, über den haben wir früher mehr geschrieben. Die Grünen natürlich – also jetzt nicht mehr (lacht) - also eigentlich jeder, der sich ins Gespräch bringt durch seine eigenen Handlungen und Taten.

Wie groß ist euer Team?

Wir sind sieben Leute. Ich habe zwei weitere fixe Autoren, die quasi auch Tagespresse-Anteile haben. Wir haben auch einen Pool an freien Autoren, die auch ein bisschen mitschreiben und eine Assistentin in der Redaktion, die uns während der Sendung ein wenig aushilft.

Wer ist der kreativste Kopf in eurem Team?

Es gibt bei uns einen Mitarbeiter für jedes Spezialgebiet. Wir haben einen, der für die Wortspiele zuständig ist, ein anderer macht immer die zynischen Gesellschaftskritiken. Ich sehe mich eher so in der Rolle des Politikredakteurs, weil mir das am meisten Spaß macht. In Wirklichkeit ist es immer anders, einmal hat der eine gute Idee, dann wieder ein anderer – ich kann gar nicht sagen, wer von uns am kreativsten ist.

Wie kann man bei euch mitarbeiten?

Am besten ist es, uns einfach nur Ideen für Artikel-Headlines zu mailen. Das ist der einfachste Weg. Wenn sie gut sind, melden wir uns.  

Wie sieht das Feedback aus? Habt ihr schon öfter Beschwerden von den Politikern bekommen?

Von den Politikern nicht, eher von unseren Fans. Bei unserer Sendung haben sich manche beschwert, weil die Lacher so laut sind. Dass sich Politiker beschweren, gibt es wenig bis gar nicht.

Sie freuen sich also, überhaupt in den Medien zu sein?

Meistens reagieren sie gar nicht, und wenn sie reagieren, nehmen sie Artikel, in denen sie selbst vorkommen, mit Humor. Was der Strache gern macht, ist, unsere Grünen-Artikel auf Facebook zu teilen – jetzt wahrscheinlich auch nicht mehr (lacht wieder).

Auf wen werdet ihr euch jetzt konzentrieren in der Post-Grünen-Ära?

Wenn wirklich schwarz-blau kommt, werden wir uns ganz genau darauf konzentrieren und schauen, welche Auswüchse das nimmt.

Welche Koalition wünschst du dir?

Als Satiriker wünsche ich mir schwarz-blau, als Bürger wünsche ich mir alles andere als Schwarz-Blau. So wie es in den 2000er Jahren gelaufen ist, glaube ich nicht, dass das noch einmal gut laufen würde. Wahrscheinlich wird es sich aber nicht verhindern lassen, und man muss das Beste aus der Situation machen.

Seit September gibt es jeden Dienstag die „Tagespresse aktuell“. Wie ist es eigentlich dazu gekommen?

Es gab immer wieder Kontakte zum ORF, weil wir auch was im Rabenhof gemacht haben. Irgendwann haben sie gesagt, dass es nett wäre, wenn wir für sie eine Nachrichtensendung machen würden. Ursprünglich war nur ein kurzer fünfminütiger Nachrichtenüberblick angedacht. Daraus ist dann das 22-minütige satirische News-Magazin entstanden mit Publikum. Es ist sehr schnell gewachsen und wir sind auch sehr zufrieden. Es ist sehr anstrengend muss man sagen. So eine Sendung ist wirklich viel Arbeit. Wir haben jetzt vier Folgen hinter uns, die fünfte ist im Kasten (wurde gestern ausgestrahlt).

Was ist in Zukunft angedacht?

Noch gar nichts. Jetzt schauen wir einmal, dass wir die Sendung überleben und dann schauen wir, wie es weiter geht.


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