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Katholizismus, Geselligkeit und Heimatliebe - die akademische Hochschulverbindung Floriana St. Pölten

Thomas Lettner, 21.03.2018 12:00

ST. PÖLTEN. In den vergangenen Monaten hat man viel über deutschnationale Burschenschaften und Liederbücher mit skandalösem Inhalt gehört. Obwohl sie in Österreich deutlich in der Überzahl sind, sind katholische Mittelschul- und Hochschulstudentenverbindungen in den Medien hingegen weit weniger präsent. Um mehr darüber zu erfahren, besuchte Tips die Floriana, die einzige katholische Hochschulverbindung der Landeshauptstadt, auf ihrer Bude am Hammerweg unweit des Regierungsviertels.

Philistersenior Michael Thomas (l.) und Bursche Wolfgang Dorner vor dem Wappen der Floriana in der Siegfried Ludwig-Bude. Fotos: Thomas Lettner
photo_library Philistersenior Michael Thomas (l.) und Bursche Wolfgang Dorner vor dem Wappen der Floriana in der Siegfried Ludwig-Bude. Fotos: Thomas Lettner

Wer die „Siegfried Ludwig-Bude“ der Floriana zum ersten Mal betritt, den umweht ein Hauch von Tradition, Nostalgie und Geheimnisvollem. An der schneeweißen Wand, die in ein weinkellerartiges Kreuzgewölbe übergeht, hängen Wimpel, Fahnen und Wappen. Gleich gegenüber dem Eingang befindet sich eine gemütliche Bar mit großer Auswahl an Getränken. Im Raum daneben steht eine lange Tafel, die Platz für zahlreiche Gäste bietet.

Motivation durch Landeshauptstadt-Erhebung

Die Floriana, deren Name sich vom heiligen Florian ableitet, wurde 1978 von 19 Mitgliedern der katholischen Hochschulsängerschaft Waltharia aus Wien gegründet. Ihr Ziel war es, im Großraum St. Pölten eine lebensfähige, werte- und zukunftsorientierte sowie zeitgemäße Hochschulverbindung aufzubauen. Unter der Annahme, dass St. Pölten eines Tages zur Landeshauptstadt erhoben werden würde, gingen die ersten Mitglieder umso engagierter zu Werk.

Namhafte Mitglieder

Seit 1986 ist die Floriana Mitglied des Österreichischen Cartellverbandes (ÖCV), wo sie mit 110 Mitgliedern zu den kleineren Verbindungen zählt. Das älteste Mitglied der Floriana ist 97 Jahre alt, die jüngsten sind 20. Der Altersdurchschnitt liegt bei rund 45 Jahren. Unter den Mitgliedern finden sich namhafte Persönlichkeiten aus Kirche, Politik, Kultur, Wissenschaft, Forschung und Geistlichkeit. Neben dem ehemaligen niederösterreichischen Landeshauptmann Siegfried Ludwig, nach dem die Bude benannt ist, tragen oder trugen auch Alois Mock, Erwin Pröll und Ex-Vizekanzler Michael Spindelegger (alle ÖVP) Band und Mütze der Floriana. Ein weiteres bekanntes Mitglied ist Klaus Küng, Bischof der Diözese St. Pölten, oder Karl Wernhart, Ethnologe von Weltrang und früherer Rektor der Universität Wien.

Keine Schikane für Füchse

Wer in die Floriana aufgenommen werden will, muss männlich (bis 1986 wurden auch Frauen aufgenommen) und Katholik sein, die Matura haben und beabsichtigen, eine Studienlaufbahn einzuschlagen. „Die Freude am Leben ist sehr wichtig. Wer nicht gerne rausgeht und keine Geselligkeit mag, ist bei uns an der falschen Adresse“, sagt Wolfgang Dorner, der als Student an der FH Krems der Hochschulverbindung beitrat. Nach dem Eintritt beginnt die erste Phase – die Fuchsenzeit. „Die Fuchsenzeit ist eine sehr gute Lebensschule. Man lernt zum Beispiel pünktlich zu sein, Verantwortung zu übernehmen und sieht, ob man sich auf jemanden verlassen kann“, erzählt Dorner. Dass Füchse von älteren Mitgliedern schikaniert werden, sei bei der Floriana nicht der Fall. „Das gibt es im gesamten ÖCV nicht. Nur nach ihrer ersten Prüfung am Weg zur Vollmitgliedschaft, der so genannten Branderprüfung, werden sie im Rahmen einer studentischen Feier im Gesicht schwarz angemalt und müssen ein zumeist nicht besonders wohlschmeckendes Getränk trinken“, schmunzelt er.

Vom Burschen zum Philister

Zu Beginn des Semesters wird zwischen Burschen und Füchsen in Abstimmung mit der Altherrenschaft das Semesterprogramm besprochen, das sich wie das ganze Verbindungsleben auf die vier Leitprinzipien Amicitia (Lebensfreundschaft), Scientia (Wissenschaft), Patria (Heimat) und Religio (Religion) bezieht. Nach der Fuchsenzeit folgt der Burschenstand. Die Burschen sind die aktiven Mitglieder der Verbindung. Sie halten den Betrieb während des Jahres aufrecht, und ihre Repräsentanten treten in der Öffentlichkeit bei besonderen Anlässen - etwa bei Messfeiern oder Verbindungsjubiläen - in ihren studentischen Uniformen auf. Nach etwa vier bis sechs Jahren als Bursche wird man Philister und gehört der Altherrenschaft an. „Die Altherrenschaft sorgt sozusagen für den Blutkreislauf innerhalb der Verbindung. Sie trägt mit Finanzmitteln wesentlich zum Erhalt, der Weiterentwicklung und inhaltlichen Unterstützung bei“, berichtet Philistersenior Michael Thomas.

Mensur und Schmisse werden abgelehnt

Rein äußerlich sind Mitglieder katholischer Studentenverbindungen nur schwer von Burschenschaftern zu unterscheiden. Aus diesem Grund geschieht es, dass sie manchmal Opfer linker Gewalt werden. Während Burschenschafter allerdings häufig die Farben schwarz-rot-gold auf ihren Bändern tragen, verwenden katholische Studentenverbindungen ihre eigenen Farben. Die Farben der Floriana beispielsweise sind blau-gold-grün, wobei blau-gold für Niederösterreich und grün für die Hoffnung steht. Der Wahlspruch der Floriana lautet passend dazu „Gaudium et spes“ (Freude und Hoffnung). Die Mensur (Duelle mit Säbelfechten) und daraus resultierende Schmisse im Gesicht werden aufgrund des katholischen Glaubens strikt abgelehnt.

40. Stiftungsfest am 9. Juni

Ein weiterer großer Unterschied - sozusagen als Antithese zu den deutschnational orientierten Burschenschaften - ist, dass sich katholische Verbindungen zu Österreich sowie längst auch zum vereinten Europa bekennen und nicht zu einem Anschluss an Deutschland. „Das war auch ein Grund dafür, warum viele unserer Mitglieder nach dem Anschluss 1938 zwangspensioniert, verfolgt oder in Konzentrationslagern ermordet wurden, während Funktionäre von Burschenschaften im Nationalsozialismus Karriere machten“, erzählt Thomas. Wer die Floriana persönlich kennenlernen will, dem sei das 40. Stiftungsfest am 9. Juni empfohlen. Um 17 Uhr beginnen die Feierlichkeiten mit einer Festmesse im Dom St. Pölten. Danach folgt ein Umzug zur NÖ Hypo Landesbank, wo ein Festkommers stattfindet.


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Thomas                   Lettner
Thomas Lettner
22.03.2018 08:20

Antwort auf Gastuser

Hier liegt ein Missverständnis vor. Michael Thomas meinte hier nicht die Mitglieder der Floriana, sondern die des 1933 gegründeten ÖCV (mehr dazu auf https://www.oecv.at/Home/Verband/47).

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Gastuser
Gastuser
21.03.2018 20:59

40 Jahre alte Verbindung, aber 1938 Verfolgung ausgesetzt. "Sachen" gibt's ...

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Thomas                   Lettner
Thomas Lettner
22.03.2018 08:20

Antwort auf Gastuser

Hier liegt ein Missverständnis vor. Michael Thomas meinte hier nicht die Mitglieder der Floriana, sondern die des 1933 gegründeten ÖCV (mehr dazu auf https://www.oecv.at/Home/Verband/47).

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