Tabera - die Beratungsstelle für Menschen der etwas anderen Art
ST. PÖLTEN. Der Verein Tabera (Trans Austria Beratungsstelle) ist eine Anlaufstelle für transsexuelle, homosexuelle und intersexuelle Personen in Wien, Niederösterreich, Oberösterreich und dem Burgenland. Betroffene als auch ihre Angehörigen werden dort zu Themen wie dem Comingout oder Arbeit beraten.
Transidente oder Transgender sind Menschen, die ihr von Geburt an zugewiesenes Geschlecht als falsch empfinden und sich deswegen in ihrem eigenen Körper unwohl fühlen. Auch Sarah-Michelle Fuchs, die Gründerin von Tabera, gehört zu dieser Gruppe. Schon seit ihrer Pubertät, als sie noch Manfred hieß, hegte sie den Wunsch, als Frau zu leben. Mitte der 80er Jahre war es aber schwer, an Informationen zum Thema Transidentität zu kommen. „1986 habe in der Bravo einen Artikel mit dem Titel 'Oben Frau, unten Mann' gelesen, der von einer 19-jährigen Linzerin handelte“, erzählt die 45-jährige Psychotherapeutin.
Morddrohungen und Gewalt
Da sie Angst hatte, sich vor ihrem Vater zu outen, vertraute sie ihr Geheimnis zuerst dessen Lebensgefährtin an. Das Comingout gelang, auch wenn der Vater Zeit brauchte, den Wunsch seines Sohnes beziehungsweise seiner Tochter zu akzeptieren. Laut Fuchs sei die Toleranz gegenüber transidenten Menschen aufgrund der gesellschaftlichen Vielfalt in Städten höher als im ländlichen Bereich. Dennoch machte sie, als sie noch in Wien lebte, einige sehr negative Erfahrungen. „Ich bekam Morddrohungen und wurde einmal sogar niedergeschlagen“, erzählt sie. Von Anfeindungen dürfe man sich aber nicht unterkriegen lassen.
Büro am Landhausplatz
Da es sehr viele transidente Arbeitslose gibt, kam Sarah-Michelle Fuchs 2012 auf die Idee, eine Beratungsstelle für Betroffene und Angehörige zu gründen und das Thema Transidentität auch Firmen zu vermitteln. „Ich habe schon vorher bei Stammtischen und Selbsthilfegruppen mitgearbeitet, wollte aber etwas darüber hinaus anbieten“, berichtet sie. Bis zur Gründung von Tabera im März 2015 war es noch ein mühsamer, langer Weg. Mittlerweile gibt es die Beratungsstelle, dessen Zentrale sich in Laa an der Thaya befindet, in ganz Niederösterreich. Zwei weitere Büros gibt es in Wien und am Landhausplatz in St. Pölten, Außenstellen in Linz und im Burgenland. In Niederösterreich dürfen für Einzelgespräche auch die Bezirksaußenstellen der NÖGKK genutzt werden.
Hilfe auch für Angehörige
Die Tabera behandelt die Themenschwerpunkte Transidentität, Homosexualität und Intergeschlechtlichkeit. Betroffene werden zum Comingout beraten, erhalten Hilfe bei Behördengängen beispielsweise bei Namensänderungen oder Tipps zur Mindestsicherung. „Wir unterstützen auch die Angehörigen, die Partner und die Familien und halten Workshops an Schulen, um die Schüler für unsere Themen zu sensibilisieren“, erklärt Fuchs.
Homosexuelle haben es leichter als Transidente
Ein großer Schwerpunkt liegt wie bereits erwähnt auf dem Bereich Arbeit. Da zwei Drittel der Betroffenen langzeitarbeitslos sind, wird versucht, ihnen Jobs zu vermitteln. In Job-Reha-Coachings erhalten sie Bewerbungstipps und werden fit für den Berufsalltag gemacht. Auch am Arbeitsplatz sind die Betroffenen nicht vor Diskriminierung gefeiht, wobei es Homosexuelle leichter hätten als Transidente. „Eine Person, die lesbisch oder schwul ist, muss sich am Arbeitsplatz nicht outen. Transgender müssen aber ihr ganzes Leben umkrempeln“, meint Fuchs.
Treffen im Café Gerstl
Zwei Mal im Monat läuft auf Campus & City Radio St. Pölten die Sendung „Tabera Talk“, bei der Gäste Vereine wie die HOSI (Homosexuellen Initiative) Wien oder TransX vorstellen. Auch Gäste aus der Politik kommen dabei zu Wort, von der sich Fuchs eine bundesweite Regelung der Antidiskriminierungs-Richtlinie wünscht. Im Saal der Begegnung in St. Pölten sowie in Wien und Linz gibt es Selbsthilfegruppen, die von Betroffenen geleitet werden. Seit kurzem gibt es auch eine Selbsthilfegruppe für Angehörige. Bei der Tabera-Lounge im Café Gerstl in der Linzerstraße treffen sich außerdem Homosexuelle, Transgender und Cisgender (“Normale“).
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