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NÖ-Mindestsicherung ist verfassungswidrig

Leserartikel Philipp Hebenstreit, 12.03.2018 13:35

ST. PÖLTEN, NÖ. Wie der Verfassungsgerichtshof (VfGH) soeben mitgeteilt hat, ist das niederösterreichische Modell der Mindestsicherung nicht verfassungskonform. Es wird sofort aufgehoben.

Das NÖ-Mindestsicherungsmodell ist aufgehoben. 
Foto: Wodicka
Das NÖ-Mindestsicherungsmodell ist aufgehoben. Foto: Wodicka

Bei der Bedarfsorientierten Mindestsicherung (BMS) ging Niederösterreich mit Jahresbeginn 2017 neue Wege: Die volle Leistung der BMS wurde erst nach fünf Jahren Aufenthalt in Österreich ausbezahlt. Außerdem gab es seither pro Haushalt höchstens 1500 Euro. Dies führte in der Folge zu über 160 Anträgen beim NÖ-Landesverwaltungsgericht, worauf sich nun der VfGH mit der Sachlage beschäftigte.

„Unsachlich und verfassungswidrig“

Der VfGH hat nun Klarstellungen zur BMS getroffen. „Eine von der Dauer des Aufenthalts in Österreich abhängige Wartefrist für die Mindestsicherung in voller Höhe und eine starre Deckelung der Bezugshöhe bei Haushalten mit mehreren Personen im NÖ-Mindestsicherungsgesetz sind unsachlich und daher verfassungswidrig.“ Zur Frage der Deckelung verweist der Gerichtshof auf seine bisherige Rechtsprechung: „Auch wenn die Lebenshaltungskosten pro Person bei zunehmender Größe der Haushaltsgemeinschaft abnehmen mögen, so ist doch immer noch je weitere Person ein Aufwand in einiger Höhe erforderlich.“ Für die Richter des VfGH gebe also keinen sachlichen Grund, richtsatzmäßige Geldleistungen für eine Haushaltsgemeinschaft ab einer bestimmten Anzahl von Haushaltsangehörigen abrupt zu kürzen. Das Gesetz ist somit sofort aufgehoben. „Die aufgehobenen Bestimmungen sind nicht mehr anzuwenden“, so der VfGH per Aussendung.

ÖVP-Schneeberger: „Nehmen Entscheidung zur Kenntnis“

Die nun außer Kraft gesetzte BMS wurde 2016 von ÖVP, FPÖ und der Liste Frank beschlossen. Klaus Schneeberger, Klubobmann der ÖVP, meinte via Presseaussendung: „Die vom Verfassungsgerichtshof heute getroffene Entscheidung nehmen wir selbstverständlich zur Kenntnis. Mit den notwendigen Änderungen des NÖ Mindestsicherungsgesetzes wird sich der Landtag so rasch als möglich befassen. Dabei bleiben wir aber jedenfalls den Grundsätzen, die wir mit den bisherigen Maßnahmen verfolgt haben, treu: Wer arbeiten geht, darf nicht der Dumme sein.“

Grüne fühlen sich bestätigt

Durch das Kippen der BMS fühlt sich die Klubobfrau der Grünen NÖ, Helga Krismer in ihrer langjährigen Kritik an dieser Regelung bestätigt: „Seit über einem Jahr zeigen wir als Kontrollpartei in NÖ auf, dass die ÖVP hier ein Gesetz schlampig erstellt und beschlossen hat, die Verschärfungen existenzbedrohend sind und durch die Kürzungen der Sozialleistungen mehr Armut bei Kindern, Alleinerziehern, Familien, Senioren und Behinderte bedeutet. Wir haben vom Anfang an die Verfassungswidrigkeit aufgezeigt und fordern nun die Landesregierung auf, das Gesetz so hingegen zu reparieren, dass einerseits die Deckelung fällt und die Existenz der Menschen gesichert bleibt. Immer wieder zeigen die Grünen NÖ als Opposition, wie schlampig und verfassungswidrig Gesetze in NÖ erstellt werden, z.B. auch bei der Erstellung der Wählerevidenz betreffend Zweitwohnsitzler zur Landtagswahl“, schließt Helga Krismer ab.


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Subhash
Subhash
13.03.2018 23:35

Sehr erfreulich

Sehr erfreulich, dass die Pseudochristliche Partei mit ihrer schäbigen Kampagne, die die Ärmsten niederdrückt, um einen deutlicher spührbaren Abstand von Hungerlöhnen zu den ohnehin mickrigen Sozialleistungen zu erzeugen, gescheitert ist! Wer für einen Hungerlohn arbeitet ist deshalb ja nicht dumm, sondern in einer Zwangslage, an der Leute wie der oben Zitierte nicht unschuldig sind. Dumm wäre allerdings, wer nach unten tritt, um seine Lage zu verbessern, statt sich darum zu kümmern, dass die oben einem nicht die Haare vom Kopf fressen. Denn dort oben verschwindet der gemeinsam erzeugte Wohlstand, nicht unten bei den paar Mindestsicherungsbezieher*innen.