
STEYR. Belinda Ahrer schildert in ihrem Leserbrief, warum ihr beim Frühstück ihr Kipferl fast im Halse stecken blieb.
An einem Morgen kurz vor Weihnachten, Vorfreude und besinnliches Einstimmen waren geplant, doch dann diese Schlagzeile zum Frühstückskaffee: “Plan des Landes: 'Pflegeleichte' Bäume sollen Allee in Werndl-Straße ersetzen ... erste Rodungen bereit im Jänner geplant”. Als Bewohnerin der Werndl-Straße blieb mir mein Kipferl fast im Halse stecken.
Große, mächtige altehrwürdige Linden und Kastanien sollen gefällt werden? Wem fällt so etwas ein? Bäume, die im Sommer das Klima neben der Asphaltstraße deutlich verbessern. Geht man vom Citypoint stadtauswärts Richtung Garsten, macht es an heißen Sommertagen einen deutlichen Unterschied, für welche Straßenseite man sich entscheidet. Links sind teilweise sehr kleine, junge Bäume, rechts die prächtigen Baumkronen von Linden und Kastanien die Schatten spenden. Diese Bäume sind eine Klimaanlage - in Zeiten von Klimawandel und Erderwärmung grenzt eine “Verjüngung” durch schlanke (und anfänglich vermutlich noch zu kleine) Bäume an blanken Hohn, vor allem all jenen gegenüber, die ihren Beitrag leisten und innerstädtisch kurze Wege zu Fuß zurücklegen.
So geht es nicht
Es wird seitens des Landes mit einem enormen Pflegeaufwand für die alten Bäume argumentiert. Als Anrainer durfte ich die Pflege bisher einmal beobachten. Mitarbeiter der Stadtgärtnerei haben die “Kohlenstoffspeicher” bis zur Unkenntlichkeit auf den Hauptstamm gestutzt. Nach diesem radikalen Schnitt blieb lediglich ein großer Stamm und starker Triebwuchs übrig. Mangels Expertenwissen meinerseits erfolgte ein Einlesen in die Thematik, und siehe da - so geht’s nicht. Ein Baum braucht dicke, kräftige Äste, um bei Wetterextreme standhalten zu können. Über Jahre hinweg wurde diesen Bäumen aber immer wieder die Möglichkeit genommen, diese Äste auszubilden. Die Argumentation seitens des Landes, es handle sich um Schutzmaßnahmen um herabfallende Äste zu verhindern, zeigt für mich doch nur, wie wenig in den letzten Jahren auf fachmännische Baumpflege geachtet wurde. Offenbar hat man sich durch die Kostenreduktion bei der Pflege ein Problem geschaffen, welches man nun mit angeblich noch pflegeleichteren Bäumen zu lösen versucht. Dieser Lösungsansatz ist nicht nur falsch, sondern obendrein auch noch kurzsichtig. Der Austausch gegen schlanke Bäume ist laut Experten höchstens anfänglich etwas weniger Pflegeaufwand, in ein paar Jahren steht man vermutlich wieder bei den heutigen Pflegekosten.
Bäume sind Klimakapital in das man jetzt investieren muss. Ich weiß nicht, wie ich meinen Kindern erklären soll, warum wir für kurzfristig geringe Einsparungen deren Zukunftskapital beschneiden.
von Belinda Ahrer, Steyr