ALBERNDORF/STEYR. Die aus dem Mühlviertel stammende Bernadette Hartl (47) ist verheiratet, Mutter von drei Kindern (6, 9, 11 Jahre alt) und arbeitet 20 Stunden an der FH Steyr. Sie ist aber auch leidenschaftliche Designerin und exportiert ihre Produkte demnächst nach Japan.
Zur Inselnation im Pazifik hat die Steyrerin eine besondere Beziehung. Nach der Matura an der HBLA Linz-Auhof verbrachte sie ein Auslandsjahr in Japan. Möglich war das durch den Rotary-Club Freistadt und durch ihren Onkel. „Ich wollte damals raus in die Welt, am liebsten nach Irland“, erzählt Hartl, die im beschaulichen Alberndorf in der Riedmark aufwuchs.
Finnland, Mexiko, Japan
Dass es Tokio wurde, war damals Zufall. „Ich hatte nur die Wahl zwischen Finnland, Mexiko oder Japan“, so Hartl. „Weil ich schon die Matura hatte, konnte ich mich voll auf das Erlernen der Sprache konzentrieren. Ich lebte bei Gastfamilien, die kaum Englisch sprachen. So galoppierten meine Japanisch-Sprachkenntnisse rasch dahin. Nach drei Monaten konnte ich mich halbwegs gut verständigen, nach sechs bis acht Monaten konnte man mich am Telefon von einer Japanerin kaum noch unterscheiden“, so Hartl.
Zurück in Österreich begann sie Handelswissenschaften zu studieren und machte als Volontärin bzw. Praktikantin zwei weitere Male in Japan Station (Außenwirtschaftscenter 2001 sowie bei Canon 2004). Im Rahmen einer Konferenz war sie zuletzt 2008 im „Land der aufgehenden Sonne“ zu Gast.
WKO-Reise zur Expo
Im Mai bot sich für Hartl die Möglichkeit, als Delegationsmitglied mit der Wirtschaftskammer Oberösterreich zur Expo nach Osaka zu fliegen und damit nach 17 Jahren wieder nach Japan zurückzukehren. Zum Abschluss der Reise stand noch ein Tag in Tokio auf dem Programm. „Das war für mich zu kurz, auch weil ich die Gastfamilien von damals besuchen wollte. Deshalb habe ich um vier Tage verlängert“, so die Steyrerin.
Der Plan von Designerin Hartl war es auch, Geschäftstermine in Japan zu bekommen. Dies ist ungleich schwerer als in Europa, man braucht einen Mittelsmann. Erst 24 Stunden vor der Heimreise ergaben sich mithilfe des Außenwirtschaftscenters noch zwei Termine. Mit Vertretern einer Eventfirma, die die österreichische und deutsche Lifestyle-Produkte vertreibt, könnten sich künftig konkrete Geschäfte ergeben.
Fixieren konnte Hartl einen Deal mit Daikanyama T-Site, einer der größten Buchhandlungen in Japan. 40 Taschen in verschiedenen Größen und 20 Buchschatullen wurden bestellt. Überzeugt hat die Steyrerin die verantwortliche Einkäuferin mit ihrer Geschichte – geschildert auf Japanisch. „Ich habe einfach darauf los erzählt“, so Hartl.
Viel Bürokratie
Auf das Angebot, japanische Bücher zu verarbeiten, wurde nicht eingegangen. Stattdessen werden Werke von Heine, Goethe oder Schiller zu Taschen verarbeitet. Auf die Unternehmerin, die ihre Produkte unter der Marke Bernanderl vertreibt, kommt jetzt viel Arbeit zu. Das Nähen einer Tasche dauert rund vier Stunden, Unterstützung erhält sie dabei von Mitarbeiterin Renate Berger.
Außerdem wird Hartl mit viel Bürokratie beim Export außerhalb der EU beschäftigt sein. „Ich muss Zoll-Nummern beantragen, Formulare ausfüllen und eine geeignete Spedition finden, damit die Ware dort auch gut ankommt.“ Über den Sommer hinaus gibt es viel zu tun, bis Ende September sollen die 60 Produkte für Japan fertig sein. Der Verkaufsstart für „Bernanderl“ bei Daikanyama T-Site ist am 1. November in der Abteilung „Stationary & Lifestyle“.
2016 gründete Bernadette Hartl ihr Unternehmen Bernanderl Upcycling. In vielen Arbeitsschritten macht sie mit einer über 100 Jahre alten Singer-Schusternähmaschine mit Fußantrieb aus alten Büchern qualitativ hochwertige Taschen der besonderen Art. Die passenden „Rohstoffe“ findet sie entweder als passionierte Flohmarktgeherin oder bekommt die alten Bücher von Freunden und Bekannten. Online: bernanderl.at
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