Hochwasser-Folgen: "Bei jedem Schütter hat man Angst"
TRAGWEIN/ALLERHEILIGEN. Nicht nur Unternehmen wie Baufachhändler Gillhofer oder das Sägewerk Ortner sind Opfer des Hochwassers am Kettenbach geworden. In der Ortschaft Kriechbaum haben die Wassermassen auch zahlreiche Hausbesitzer getroffen. Zu ihnen gehören Hermine und Josef Weiß.
Der Kettenbach, normalerweise ein zahmes Bächlein, rauscht noch Tage nach dem verheerenden Starkregen wie ein Wildbach daher. „Ganz Kriechbaum ist abgesoffen, Garagen, Keller, Waschmaschinen, Autos, alles hin“, steht Josef Weiß noch ganz im Bann des Geschehens.
Innerhalb einer halben Stunde war der Wasserstand des Kettenbachs um dreieinhalb Meter angestiegen, überflutete eine Brücke, Fischteiche und den Garten und setzte das Erdgeschoß von Familie Weiß unter Wasser. „Wir haben es zuerst nicht glauben können“, ist auch Hermine Weiß noch geschockt. Wasser, Sand und Schlamm zerstörten nicht nur Möbel und Böden, sondern ruinierten auch die Hauskläranlage und den Tiefbrunnen von Familie Weiß, der seither von Bakterien verseucht ist.
Sandstrand vor der Türe
Die Sandmassen, die den Garten bedecken, sind zum Glück frei von Schadstoffen. „Andere fahren nach Kroatien, wir haben den Sandstrand jetzt vor der Haustüre“, beweist Josef Weiß Galgenhumor. Seine Gattin verhehlt jedoch nicht, dass die Ereignisse an den Nerven aller Hausbewohner gezerrt haben: „Bei jedem Regenschütter fürchtet man sich, dass das Wasser wieder kommt.“ Nicht einmal im Flutjahr 2002 sei das Haus, das als Mühle um das Jahr 1300 erstmals erwähnt worden war, von Hochwasser betroffen gewesen. „Meine Mutter hat immer gesagt, das Wasser kommt nie zum Haus“, erinnert sich Weiß. „Zum Glück hat sie diese Katstrophe nicht mehr erleben müssen.“ Besonders dramatisch war die Situation auch für die beiden Enkelkinder von Josef und Hermine Weiß. „Die Mädchen, fünf und sieben Jahre alt, haben mich angefleht, ihre Hasen aus ihrem Stall zu retten, damit sie nicht ertrinken müssen“, erzählt der Pensionist. Noch bevor das Wohnhaus durch einen umgestürzten Baum von jeglicher Straßenverbindung abgeschnitten war, konnten Sohn und Schwiegertochter die Kinder in Sicherheit bringen. Hermine Weiß: „Wir haben befürchtet, dass das Wasser auch noch von der anderen Seite ins Haus kommt – ich habe schon begonnen, unsere Dokumente zusammenzusuchen.“
Eine schlaflose Nacht lang versuchten die Hausbewohner, zu retten, was zu retten war und den Schlamm mit dem schließlich weichenden Hochwasser aus dem Haus zu befördern.
Unterstützung kam in der Früh nicht nur von der Feuerwehr, sondern auch von Verwandten, Freunden und Nachbarn. „Es ist schön, dass man nicht alleine dasteht“, sagt Josef Weiß. „Zum Glück bin ich in Pension, sonst wüsste ich nicht, wie ich das Zusammenräumen schaffen sollte“, seufzt er angesichts der Massen von Sand und Treibholz im ehemals grünen, idyllisch am Bacherl gelegenen Garten. Was die Kosten für Sanierung von Brunnen und Kläranlage angeht, hofft er auf Unterstützung vom Land OÖ. „Dort hat man uns aber gewarnt, dass die Fördertöpfe fast leer sind.“
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