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Leserbrief: Emissionsfreie Energie JA – aber bitte mit Hausverstand

Tips Logo  Anzeige, 30.05.2025 11:53

MÜHLVIERTEL. Norbert Königsecker aus Reichenthal: „Ich bin kein Energieexperte. Aber ich bin Unternehmer. Vater. Nachbar. Mühlviertler. Und als solcher möchte ich mich zur aktuellen Diskussion über Windkraftanlagen in unserer Region zu Wort melden.“

 (Foto: Tips)
(Foto: Tips)

Die geplanten Windkraftprojekte in unserer Region führen derzeit zu spürbaren Spannungen in manchen Gemeinden. Dabei sind wir im Mühlviertel doch eigentlich für Zusammenhalt bekannt.

Ich finde: Emissionsfreie Energie ist eine großartige Sache – sauber, zukunftsweisend und notwendig. Aber es macht einen Unterschied, wo und wie wir diese Energie erzeugen. Nicht alles, das als „grün“ verkauft wird, ist automatisch gut für unsere Umwelt und unsere Gesellschaft.

Photovoltaik: Auf die Dächer, nicht auf die Wiesen

Ich frage mich, warum wir große PV-Anlagen in unsere Wiesen stellen, obwohl tausende Dächer ungenutzt bleiben. Gerade weil Wohnraum und Boden ohnehin knapp sind, sollten wir unsere Wiesen schützen – sie sind zukünftiger Lebensraum, Erholungsraum und Nahrungsgrundlage.

Windräder: Nicht in Wald und Wiesen!

Absolut kritisch sehe ich die Errichtung von Windkraftanlagen in Wäldern oder auf landwirtschaftlichen Flächen. Für mich sind Wald und landwirtschaftlich genutzte Wiesen unser wertvollster Erholungs- und Lebensraum. Hier finden wir Ruhe, atmen durch, tanken Kraft. Wälder speichern CO₂, schützen das Klima, bieten Tieren Schutz und sind zu dem vielfach Quellwasserschutzgebiet für unser Trinkwasser. Windräder in Wäldern bedeuten für mich massive Eingriffe in die Natur, wie: Zufahrtsstraßen, Rodung vieler Hektar Waldfläche, Fundamente, Kabeltrassen, Transformatorstationen, Schattenwurf. Kurz: Auswirkungen auf Tiere und Ökosysteme sind vielfältig und nicht von der Hand zu weisen.

Was ist mit Respekt vor anderen Meinungen?

In vielen Debatten – ob bei Corona oder jetzt bei der Windkraft – beobachte ich eines mit Sorge: Wer kritische Fragen stellt, wird schnell abgestempelt als „ewig gestrig“, als „Schwurbler“, als „Verhinderer“. Aber: Viele Menschen haben berechtigte Sorgen.

Wenn wir aufhören zuzuhören, wenn wir Ängste kleinreden oder ignorieren, verschwinden sie nicht – sie werden lauter. Was wir brauchen, ist wieder ein respektvoller Umgang miteinander. Zuhören. Hinterfragen. Und gemeinsam nach Lösungen suchen.

Eine offene Frage für mich: Der finanzielle Aspekt bei der Windenergie

Ich habe großen Respekt vor allen, die an Technologien arbeiten und forschen. Das Land braucht diese innovativen Techniker, Forscher und Fachkräfte, um Fortschritt und Arbeitsplätze der Zukunft zu sichern. Aber wir sollten auch über Geld hinter diesem Thema sprechen dürfen. Wenn ein Energieunternehmen, das in unseren Mühlviertler Wäldern über 200 Meter hohe Windräder errichten möchte, laut veröffentlichter Bilanz rund 75 Millionen Euro Umsatz und 35 Millionen Euro Gewinn macht – also fast 50 Prozent Gewinn – darf man zumindest fragen, wie diese Gewinne entstehen. In Zeiten, in denen viele Betriebe ums Überleben kämpfen, Arbeitsplätze unsicher sind, erscheint mir dieser Gewinn als sehr hoch. Können wir es uns leisten, Lebensraum mit über 200 Meter (bisher circa 80 Meter) hohen Windrädern zu zerstören, damit der Gewinn noch ein Stück steigt? Oder gäbe es Alternativen?

Ein Vorschlag für echten Konsens

Wäre es nicht klüger, emissionsfreie Energie dort zu erzeugen, wo der Boden bereits versiegelt ist – zum Beispiel entlang von Autobahnen oder in Industriegebieten? Ja, dort weht vielleicht etwas weniger Wind, was eventuell geringere Erträge bedeutet – aber dafür bleibt unser wertvoller Lebensraum erhalten. Und wäre es nicht genauso klug, die vielen kleinen Erzeuger – Bürger, Betriebe, Gemeinden – wieder aktiv an der Energiewende teilhaben zu lassen? Indem man ihnen erlaubt, ihre lokal erzeugte Energie aus Photovoltaik-Anlagen einzuspeisen, statt sie mit dem Argument „Netz voll“ auszubremsen? Denn die großen Betreiber dürfen Megawatt einspeisen – und bei den Kleinen heißt es: „Danke, aber ihr seid zu viel.“ Das wirkt ungerecht – und ist es auch. Mit dem nötigen politischen und wirtschaftlichen Willen könnte man das ändern. So schaffen wir eine Energiewende, bei der alle mitgestalten – und alle gewinnen: die Betreiber, die Natur, die Menschen – und die regionale Wirtschaft.

Alternative Energiezeugung – JA

Aber mit Vernunft, Augenmaß und Respekt vor dem, was wir zu verlieren haben. Und vor allem mit Respekt vor dem Menschen – auch dann, wenn er anders denkt. Zuhören, Hinterfragen, Verstehen und gemeinsames Handeln – das ist es, was es heute braucht. Nicht Spaltung, sondern ein ehrliches Miteinander. Wir Menschen sollten uns nicht mehr in unnötigen Diskussionen verlieren oder leiten lassen – ohne dabei den Blick aufs Wesentliche zu verlieren. Das sollten wir uns aus dieser Thematik Windkraft in den Mühlviertler Wäldern auf alle Fälle mitnehmen.

Zurück zu den Wurzeln. Zurück zu einer gemeinsamen Kultur, in der offenes Ansprechen, gegenseitiges Verständnis und echtes Interesse am anderen wieder Platz haben – im Mühlviertel und im ganzen Land. Und eben nicht eine Kultur, die einzelne Interessen oder die Interessen der finanziell Stärkeren bevorzugt, während das Gemeinwohl leidet.

Als Gemeinschaft sollten wir bei zukünftigen Themen wieder mehr Flughöhe aufnehmen und die Dinge von oben ganzheitlich betrachten – das könnte sehr wertvoll für uns alle sein.

Was wir brauchen, ist der Mut und die Bereitschaft, Probleme gemeinsam anzupacken. Das Herz, das Verbindungen sucht. Und die Bereitschaft, unsere Herausforderungen ehrlich, ganzheitlich und nachhaltig zu lösen. Und genau das können wir jetzt beim Thema Windenergie im Mühlviertel beweisen: Dass wir es besser können – und alle dabei gewinnen.

 


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