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"Meine Aufgabe ist eine optimale und wohnortnahe Versorgung der Patienten"

Martina Ebner, 23.09.2022 12:12

UNTERACH. Allgemeinmediziner Frederik Titze wird ab Oktober die Kassenordination seines Vaters Walter Titze, der als Wahlarzt weiter ordiniert, übernehmen. Die Ordination ist Teil des Kompetenzzentrums Gesundheit Attersee Süd und wird dort durch Wahlarztordinationen in den Fächern Unfallchirurgie, Innere Medizin sowie Urologie ergänzt. Tips bat Frederik Titze zum Interview.

Frederik Titze ist Arzt für Allgemeinmedizin, Notarzt und Flugrettungsarzt der Martin Flugrettung (Foto: privat)
photo_library Frederik Titze ist Arzt für Allgemeinmedizin, Notarzt und Flugrettungsarzt der Martin Flugrettung (Foto: privat)

Tips: Sie werden die Kassenordination ihres Vaters in Unterach übernehmen. Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Frederik Titze: Ich habe im Rahmen der Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin, sowie auch später dann zum Facharzt für Innere Medizin etwa zehn Jahre in einem Krankenhaus gearbeitet und habe immer wieder, insbesondere aber seit Beginn der Corona-Pandemie die massive Überlastung meiner Kollegen, sowie auch des Pflegepersonals hautnah miterlebt. Beide Berufsgruppen stehen vor demselben Hauptproblem: einer massiven Unterbesetzung basierend auf einem Mangel an ärztlichem Personal, sowie Pflegekräften, mit daraus resultierenden Bettensperren, sowie Reduktion von Leistungen für die Patienten – dies insbesondere den immer wiederkehrenden Corona-Wellen geschuldet. Eine Planung von Urlauben (wir waren ein recht junges Team, wo viele Kollegen schulpflichtige Kinder hatten), sowie Fortbildungen, war somit nur unter extrem erschwerten Bedingungen oder teilweise gar nicht möglich. Auch die Fluktuation der Tagesbesetzung (Krankenstände, Karenz, Urlaub, Ruhezeiten, etc..) war ein großes Problem, sodass oft - wenn überhaupt - nur ein Wochenende im Monat nicht „angepatzt“ war und man an diesem etwas mit seiner Familie unternehmen konnte. Ein Wechsel in die Ordination war für mich zwar schon immer geplant – die frühzeitige Umsetzung dieses Vorhabens, wurde jedoch dadurch deutlich beschleunigt. Ich erhoffe mir durch das Führen meiner eigenen Gesundheitseinrichtung / Ordination, mehr Freizeit, Flexibilität und eine bessere Planbarkeit für das gemeinsame Familienleben.

Tips: Diese Ordination ist Teil des Kompetenzzentrums Gesundheit Attersee Süd. Was ist der Vorteil dieser Zusammenarbeit für die Patienten?

Titze: Die Vorteile durch eine interdisziplinäre Zusammenarbeit, mehrerer verschiedener Fachdisziplinen, liegen auf der Hand. Es werden dadurch Synergieeffekte geschaffen, um den Patienten vor Ort die bestmögliche, zeitnahe und vor allem ganzheitliche Behandlung zukommen zu lassen. So können auch die Spitalsambulanzen und niedergelassenen Fachdisziplinen entlastet und der Patient in seinem gewohnten Umfeld, wohnortnahe optimal versorgt werden.

„Es geht nur miteinander“

Tips: Bitte beschreiben Sie, warum es einen akuten Hausärztemangel gibt?

Titze: Das ist ein derzeit viel diskutiertes Thema und die Gründe hierfür sind mannigfaltig. Einen generellen Ärztemangel im eigentlichen Sinne gibt es nicht, sondern ein Problem mit der Verteilung. Es gibt einige Gründe, warum wir viele Hausarztstellen unbesetzt haben. Einerseits wird der Beruf des Hausarztes leider nach wie vor nicht gleichwertig einer Facharztausbildung gesehen – das ist teilweise frustrierend, da ich der Meinung bin, dass unsere Hausärzte einen guten Job in der Sicherstellung der medizinischen Versorgung der Öffentlichkeit machen und mindestens ebenso wichtig sind, wie die jeweiligen Kollegen der einzelnen Fachdisziplinen. Es geht nur miteinander – manchmal aber habe ich das Gefühl, dass es eher ein Gegeneinander ist.

Weiters ist das nicht mehr zeitgemäße Honorierungssystem für Hausärzte ein großes Problem. Viele Einzelpositionen zur Abrechnung der erbrachten Leistungen, die teilweise nur mit ein paar Euro seitens der Versicherungsträger honoriert werden, stellen ein großes Problem dar. Je mehr Patienten ich „durchschleuse“, desto mehr Geld bleibt mir schlussendlich als Unternehmer auch – das ist aus wirtschaftlicher Sicht natürlich gut, jedoch aus medizinischer Sicht kontraproduktiv, da man so für den Patientenkontakt nur ein paar Minuten zur Verfügung hat und sich somit auch keine ganzheitliche Medizin betreiben lässt. Und dann ist da ja noch der Aufwand, ein eigenes Unternehmen zu betreiben und sein eigenes Geld zu erwirtschaften – auch das schreckt viele von einer Niederlassung ab. Man muss selbstständig wirtschaftlich handeln und das wird einem im Rahmen der Ausbildung leider nicht beigebracht. Wenn du krank oder auf Urlaub bist, dann verdienst du (wie in jeder anderen Selbstständigkeit) kein Geld  – die Ausgaben für Personal, etc. laufen aber weiter. Von dem Aspekt her ist die Anstellung in einer Krankenanstalt natürlich am sichersten.

Tips: Auch die Notfallmedizin in einer prekären Situation. Wie könnte sich die Situation verbessern?

Titze: Hier gab es bereits vor einigen Jahren – leider erfolglos - Bestrebungen im Mondseeland einen Notarzt zu platzieren. Viel zu oft werden teure Sonderrettungsmittel alarmiert, nur weil es keinen Arzt vor Ort gibt, der eine Behandlung durchführen könnte. Bei einem entsprechenden indizierten Notfall ist das natürlich OK, aber wenn beispielsweise der Notarzt eines Sonderrettungsmittels den Patienten vor Ort lediglich begutachtet und dann mit der Rettung ohne Arztbegleitung weiter ins Krankenhaus schickt, stimmt etwas nicht. Der Notarzthubschrauber beispielsweise ist extrem kostenintensiv und sollte eigentlich indizierten Notfällen vorbehalten sein, denn bei Einsätzen, wo der Patient keine Behandlung durch den Notarzthubschrauber braucht, steht dieser für andere Notfälle nicht zur Verfügung und hier muss sich etwas ändern.

Bindeglied zwischen Patient und Krankenhaus

Tips: Sie sind nach wie vor als Notarzt bei der Martin Flugrettung aktiv. Wie können Sie das mit zeitlich einbinden?

Titze: Um eine qualitativ hochwertige und medizinisch adäquate Versorgung im Notfall zu gewährleisten, möchte ich zumindest zwei Dienste pro Monat am Hubschrauber absolvieren. Zeitmanagement ist für mich ein großes Problem – hier unterstützt mich Gott sei Dank meine Gattin und hält mir den Rücken frei – auch wenn es ihr lieber wäre, dass ich am Boden bliebe.

Tips: Wie sehen Sie die Rolle, die ein Hausarzt künftig erfüllen muss?

Titze: Der Hausarzt muss die erste Anlaufstelle für den Patienten in Bezug auf Probleme mit der eigenen Gesundheit sein und stellt ein wichtiges Bindeglied zwischen Patient und Krankenhaus dar. Ihm kommt die zentrale Rolle der Selektion des Patientenguts zu, um somit auch im weiteren Verlauf eine Überlastung der Spitalsambulanzen und Krankenhäuser zu vermeiden. Leider bleibt im Rahmen der Tätigkeit in der Ordination, nur wenig Zeit für eine ganzheitliche Versorgung der Patienten übrig und Hausbesuche sind auch aufgrund des teilweise großen Einzugsgebietes und anderen Verpflichtungen leider nur selten möglich. Ich sehe aber genau das als meine Aufgabe – eine optimale, patientenorientierte und wohnortnahe Versorgung der Patienten sicherzustellen – wenn es sein muss auch zu Hause. Ich für meinen Teil, möchte versuchen, das auch in der Zukunft so umzusetzen.

In große Fußstapfen hineinwachsen

Tips: Wie verbringen Sie ihre Freizeit?

Titze: Neben meinen vielen Tätigkeiten bleibt eigentlich nicht viel Zeit für Freizeit. Ich habe das große Glück Dinge tun zu dürfen, die für mich Arbeit, Berufung und Hobby zugleich sind. So sehe ich als begeisterter Notfallmediziner meine Dienste am Notarzthubschrauber, meine Lehrtätigkeit an der JKU Med. Fakultät Linz und auch das Führen meines eigenen Unternehmens eigentlich mehr als Hobby, denn als Arbeit. Die Zeit, die mir dann noch verbleibt, genieße ich im Kreis meiner Familie, mit meiner Gattin und meinen zwei kleinen Söhnen gerne im Freien.

Tips: Ihr Vater hat weitum einen ausgezeichneten Ruf. Große Fußstapfen, in die Sie da treten!

Titze: Große Fußstapfen sind Segen und Fluch zugleich. Mein Vater zehrt von seinen jahrzehntelangen Erfahrungen, die ich natürlich von Anfang an nicht haben kann – das ist einfach unmöglich. Jedoch kann man in große Fußstapfen auch hineinwachsen und das werde ich jedenfalls versuchen – wenn auch auf meine ganz eigene Art und Weise.


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