In stürmischen Zeiten stark bleiben
WARTBERG. Große Veränderungen und Herausforderungen lassen manche Menschen in Krisen stürzen, andere bleiben zuversichtlich. Resilienz-Praktikerin Claudia Keppelmüller-Reitter aus Wartberg erklärt, wie es gelingen kann, auch in schwierigen Zeiten resilient zu bleiben.
„Resilienz ist die Fähigkeit des Menschen, auf wechselnde Lebenssituationen flexibel zu reagieren und trotz stressreicher, belastender oder schwieriger Phasen psychisch gesund zu bleiben“, sagt Resilienz-Praktikerin Claudia Keppelmüller-Reitter. Das bedeutet nicht, dass resiliente Menschen immer gut drauf sind. Aber sie besitzen eine Form der inneren Widerstandkraft, die es ihnen ermöglicht, schnell in ihre Kraft zurückzukehren und so Situationen aktiv zu gestalten. Sie wissen um ihre Stärken und Fähigkeiten und sehen Probleme auch als Entwicklungschance.
„Resilienz ist erlernbar“
Das Gute: Man kann Resilienz erlernen. „Wir entwickeln schon in der frühesten Kindheit Bewältigungsstrategien, die uns am Leben halten.“ Lernen Kinder, dass sie ihre Bedürfnisse ausdrücken können, diese dann erkannt und gestillt werden, entwickeln sie Stabilität und Vertrauen ins Leben. „Es ist wichtig, dass schon Kinder altersadäquat lernen, mit Herausforderungen umzugehen und Lösungsstrategien zu entwickeln. Läuft also die Resilienzentwicklung in der Kindheit gut, ist eine stabile Basis geschaffen.“ Da Resilienz aber ein erlerntes Verhalten ist, kann sie zu jedem Zeitpunkt des Lebens entwickelt werden. Resilienz wird auch von den Erfahrungen geprägt, die man im Laufe des Lebens im Umgang mit Herausforderungen macht.
Belastungssituationen
Claudia Keppelmüller-Reitter arbeitet seit 30 Jahren als Krankenschwester auf einer Intensivstation. Dort begleitet sie Menschen in körperlichen und seelischen Belastungssituationen. „Ich habe beobachtet, dass manche Menschen besser mit Schwierigkeiten umgehen können als andere. Das hat mich neugierig gemacht, die Hintergründe zu erforschen und so bin ich auf Resilienz gestoßen“, erklärt die Wartbergerin. Nach einer Ausbildung zur Resilienzpraktikerin gibt sie heute in Vorträgen, Seminaren und Einzelbegleitungen ihr Wissen weiter.
Sieben Säulen
Laut Keppelmüller-Reitter baut Resilienz auf sieben Säulen auf: Akzeptanz, Optimismus, Verantwortung übernehmen, Selbststeuerung, Lösungsorientierung, Zukunftsplanung und Netzwerk-orientierung. „Akzeptanz bedeutet: der Realität ins Auge zu schauen und erkennen, dass wir im Leben nicht alles steuern können. Wenn sich eine Situation nicht ändern lässt, kann es helfen, sie anzunehmen. Je mehr man eine Situation annimmt anstatt dagegen anzukämpfen, umso mehr Kraft steht zur Verfügung, um die Situation zu gestalten.“
Hilfreich ist es auch, das Leben optimistisch zu sehen. Sich bewusst zu machen, dass auch schwierige Zeiten und Krisen begrenzt sind und vorübergehen. „Es gilt, sich bewusst zu entscheiden und nach dem Positiven zu suchen.“ Keppelmüller-Reitter rät zu einem Tagebuch, um aufzuschreiben, wofür man dankbar ist und seine Fähigkeiten und Stärken zu vermerken. Der Blick auf das Positive wird dadurch geschärft und in Krisen kann man sich seine Stärken ins Gedächtnis rufen.
Aktiv für Ziele einsetzen
„Resiliente Menschen übernehmen Verantwortung für ihre Gedanken, Gefühle und Handlungen und können ihren Einflussbereich gut abklären. Sie setzen sich für die Erreichung der eigenen Ziele aktiv ein.“Selbststeuerung ist die Fähigkeit eines Menschen, das eigene Verhalten zu beobachten und die eigenen Gefühle und Stimmungen durch einen inneren Dialog zu beeinflussen. „Mit dieser Fähigkeit sind Menschen ihren Gefühlen nicht mehr einfach ausgeliefert. Wichtig ist dabei, sich seine Stärken bewusst zu machen, eigene Kraftquellen zu nützen, zu meiden, was schwächt und Grenzen zu setzen.“
„Nach vorne schauen“
„Lösungsorientierung bedeutet nach vorne zu schauen. Wie kann man das Beste aus der Situation machen und was braucht man dazu? Dabei kann auch der Austausch mit anderen Menschen helfen. Häufig bleibt der Fokus beim Problem, das bringt jedoch keine Veränderung.“ Bei der Zukunftsplanung sollten klare Ziele formuliert, Wege der Realisierung gefunden und auch die notwendigen Schritte definiert werden. Wichtig für psychische Gesundheit sind auch menschliche Beziehungen. „Sind wir gut eingebettet in soziale Gefüge, sind wir stabiler und können mit Herausforderungen gelassener umgehen. Nach dem Motto: Gemeinsam sind wir stärker.“
Sport, Natur, Notallkoffer und Hilfe annehmen
Weitere Tipps: Stressreduktion durch Ausgleich wie Bewegung und Sport, der Aufenthalt in der Natur zur Entspannung und Stärkung des Immunsystems und Humor und Spaß. „Es gilt auch der Leichtigkeit Raum zu geben, Zeit um gemeinsam Spiele zu spielen und zu lachen.“ Vielen Menschen fällt es schwer, Hilfe anzunehmen. „Aber gerade in schwierigen Phasen ist das wichtig.“
Man kann sich auch einen persönlichen kleinen Notfallkoffer zulegen. Das ist eine kleine Kiste, die gefüllt ist mit Hilfreichem für stressige Situationen, wie wichtige Telefonnummern, einem Zettel mit einem stärkenden Satz, ein liebgewonnenes Foto, ein Talismann, die Lieblingsmusik und ein Zettel mit den Fähigkeiten und Ressourcen.
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