„Vergessen zu werden, wäre unsere zweite Vertreibung!“
MARCHTRENK. Es war eine historische Stunde für die Donauschwaben. Das Lebenswerk des Historikers Georg Wildmann wurde mit einer donauschwäbischen Bibliothek und einem Archiv gekrönt.
Bibliothek und Archiv, das man mit „alt und vergangen“ verbindet, finden sich in einem modernen nachhaltigen Vollholzgebäude im Hort 2, Roseggerstraße 67a in Marchtrenk, inmitten von Kindern, die die Zukunft sind. Beides ist wohl ein gutes Vorzeichen dafür, dass Kultur und Geschichte der Donauschwaben weiterleben werden.
Über 50 Jahre lang hat Georg Wildmann ehrenamtlich die Ereignisse und Folgen der Internierung und Vertreibung der donauschwäbischen Zivilbevölkerung, die ab 1944 in den Ländern der ehemaligen Monarchie gewaltvoll einsetzte, akribisch dokumentiert. Seine Standardwerke finden sich in der Bibliothek ebenso wie Romane und Lyrik, Kunstbände und Ortsbücher. In seiner Festrede gab Wildmann, der auch seinen 89. Geburtstag feierte, Rechenschaft über seine Motivation: „Manchmal denke ich, es könnte im jenseitigen Leben ja sein, dass unsere unschuldigen Opfer auf mich zukommen und fragen: Was hast du getan, dass wir nicht vergessen werden? – Vergessen zu werden, wäre unsere zweite Vertreibung!“
Bürgermeister Paul Mahr würdigte den ehemaligen Landesobmann Anton Ellmer, der die Idee dazu hatte. „Dass Marchtrenk nun das geistige Gut und historische Wissen des bekannten Historikers Georg Wildmann beheimaten darf, erfüllt uns alle mit Stolz,“ so Paul Mahr.
Auch die Pflege der großen kulturellen Leistungen dieser Volksgruppe, die Stärkung der „donauschwäbischen Identitätskomponente“ ist Anliegen des donauschwäbischen Vereins. Humorvolle Gedichte im donauschwäbischen Dialekt öffneten Herz und Seele der Besucher. Viele Ehrengäste und donauschwäbische Persönlichkeiten von nah und fern waren gekommen, um mitzufeiern: Hermann Schuster, Landesobmann in Bayern, Wilhelmine Schnichels von der Kulturstiftung München, die Vertreter der Donauschwäbischen Arbeitsgemeinschaft DAG mit DI Rudolf Reimann, die Landesobleute und Gäste aus Chicago. Musikalisch erfreute der Siedlerchor aus Entre Rios, einer donauschwäbischen Gründung in Brasilien, der sich gerade auf Europa-Tournee befindet, mit einem feinen Liedprogramm.
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