Augsburger Studierende entdecken Schätze in der Lambacher Stiftsbibliothek
LAMBACH. Die umfangreiche Stiftsbibliothek arbeitet Christine Maria Grafinger gemeinsam mit Studierenden der Universität Augsburg auf. Heuer ist sie zum vierten Mal mit einer Gruppe hier.
Seit Jahrzehnten ist die umfangreiche Bibliothek des Stiftes Lambach unbenutzbar. Das wird sich aber ändern, dank der Historikerin Christine Maria Grafinger aus Gmunden und zahlreicher Studierender der Universität Augsburg.
Durch Kriegswirren nicht erfasst und sortiert
Die Bibliothek des Stiftes Lambach wurde im Krieg ausgelagert, um sie zu schützen. Nach dem Krieg haben Schwestern die Bücher wieder eingeräumt, aber leider nicht richtig sortiert. Auch der Katalog der Bibliothek ging in den Kriegswirren verloren. Für eine Sortierung der Bücher fehlten den Brüdern dann aber in den folgenden Jahrzehnten die Zeit und die Ressourcen.
Davon haben 2019 Studierende aus Augsburg erfahren, die gemeinsam mit ihrer Professorin Christine Maria Grafinger eine Exkursion hierher unternahmen. Im Sommer 2020 haben sie begonnen, die Bibliothek aufzuarbeiten. Seither sind jedes Jahr im Sommer Studierende aus Augsburg gemeinsam mit ihrer Lehrveranstaltungsleiterin Christine Grafinger in Lambach, um im Rahmen eines freiwilligen Praktikums die wertvollen Bücher zu erfassen.
Gewissenhaftes Arbeiten
Die Aufgabe der Gruppe ist es, jedes Buch zu sichten und Standplatz, Erscheinungsjahr, Verlag und Erscheinungsort, Autor und Titel genau zu erfassen. Zusätzlich werden zu jedem Buch Anmerkungen gemacht, zum Beispiel über den Zustand oder über vermerkte Besitzer. Dann werden die Daten in den bedeutenden Online-Buch-Katalogen der Welt gegengecheckt.
Bemerkenswerte Funde
Bei ihren Recherchen sind die Forscher schon auf so manchen Schatz gestoßen. So kann Grafinger eine Predigtsammlung aus 1515 herzeigen. Das Buch ist bemerkenswert, denn nur wenige Jahrzehnte nach der Erfindung des Buchdruckes durch Johannes Gutenberg (1450) war der zweifache Druck noch eine Besonderheit, wie die Expertin erklärt.
Überhaupt ist sie vom Lambacher Bestand ganz besonders überrascht. Denn hier liegen viele rechtshistorische Sammlungen von bedeutenden Gelehrten der Universität Bologna. Entdeckt wurde auch ein gut genutztes Chorbuch mit Anmerkungen aus dem 16. Jahrhundert.
„Es hat mich auch sehr überrascht, dass es in Lambach so viele klassische Texte von Cicero oder Vergil gibt“, fügt Grafinger hinzu.
Die Historikerin aus Gmunden hat 33 Jahre in der Vatikanischen Bibliothek gearbeitet, war dort für 150.000 Handschriften verantwortlich und hält nach ihrer Pensionierung noch Lehrveranstaltungen an der Universität Augsburg. Im Vorjahr wurde sie als einzige Österreicherin ins päpstliche Komitee für Geschichtswissenschaften berufen. 33 Mitglieder hat das Komitee.
Drei Studierende im Kloster
Einer der Studierenden ist Michael Schmid aus Aalen in Baden-Württemberg. Der 53-Jährige war früher Schmied, will nun sein Hobby zum Beruf machen und studiert in Augsburg Geschichte. Er hat zum Beispiel ein Buch des bekannten Druckers Johann Knobloch (1478 bis 1528) gefunden.
Auch Michael Straub arbeitet mit. Der 67-Jährige war früher Finanzfachwirt und studiert in seinem „Unruhestand“ Philosophie und Geschichte.
Europäische Kunstgeschichte studiert Sally Pauline Bauer aus Chemnitz. Die 21-Jährige hat bereits viele Bücher aus dem 16. Jahrhundert entdeckt.
Die drei eint, dass sie sich diese einmalige Chance, in einem Kloster mit solch alten Beständen zu arbeiten, nicht entgehen lassen wollten. Für vier Wochen sind sie im Stift Lambach untergebracht und werden bestens verpflegt, wie sie erzählen.
Die Bücher im großen Saal sind nun erfasst. Jetzt ist man in den kleineren Saal vorgedrungen. Fertig ist man in Lambach aber noch länger nicht. Grafinger wird wohl noch öfter kommen.
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