Klimawandel stoppt Thalheimer Extrembergsteigerin Sabrina Filzmoser am K2
THALHEIM. Zum zweiten Mal blieb der früheren Weltklasse-Judoka Sabrina Filzmoser der Gipfelsieg am K2 verwehrt. Was nach der überwundenen Enttäuschung über die verpasste Besteigung des zweithöchsten Berges der Welt aber viel schwerer wiegt, ist die Sorge um die Menschen in der Region, die massiv unter dem Klimawandel leiden. Dieser war es auch, der letztlich den Gipfel-Sturm der 45-jährigen Thalheimerin vereitelt hat.
Der K2 gilt mit seinen 8.611 Metern als der am schwierigsten zu bezwingende Achttausender. In Filzmosers Kopf ist die Idee, den spektakulären Gipfel im Karakorum von Meereshöhe aus zu erreichen, schon lange drin. „In den alten Bergbüchern, mit denen ich aufgewachsen bin, hat mich schon immer die Dimension, die Abgeschiedenheit, die Struktur und das Scharfkantige fasziniert“, erzählt Filzmoser. Während der Himalaya und der Everest, mit dem Filzmoser verbunden ist, seit sie Nepal 2005 zum ersten Mal besucht hat, kommerziell sind, ist Pakistan noch viel ursprünglicher. „Der K2 ist wirklich der Schönste. Er steht da wie eine Pyramide und hat eine Dimension, die kann das Auge gar nicht fassen“, schwärmt die Thalheimerin. „Fünf Tage ist man allein zum Base Camp unterwegs, bis man endlich vor ihm steht“, erzählt Filzmoser, für die es tatsächlich noch viel länger als für die meisten Bergsteiger dauerte, bis sie vor ihrem Berg stand.
Mit dem Rad zum Berg
Begonnen hat die zweifache Judo-Europameisterin ihre Reise im Mai in Karatschi auf Meereshöhe. Wie schon bei ihren vorangegangenen Expeditionen zum Mount Everest und dem ersten Versuch am K2 2023, ging es mit dem Fahrrad zum Berg. Bei bis zu 50 Grad fuhr Filzmoser täglich zwei bis 300 Kilometer am Tag durch Pakistan, was allein von der Wasserversorgung her eine logistische Herausforderung war. Auf den 2.600 Kilometern unterwegs zum Basis Camp verteilt sie Geschenke, hunderte Kilo an Spenden für „Judo for Peace“, die die karenzierte Polizistin von Österreich mit nach Pakistan gebracht hat, und trainiert wenn möglich abends mit Kindern Judo.
„Keine Wettervorhersage stimmt“
Weil man aufgrund des Monsuns Ende Juli, Anfang August mit der Besteigung fertig sein sollte, ist die Alpinistin eigentlich bald am Berg. Doch heuer ist alles anders. „Es hat im Frühjahr nicht geregnet und der Juli war zwei Grad zu warm. Das ist ein Wahnsinn am Gletscher. Bis 6.500 Meter war kein Schnee“, ist die Extrembergsteigerin entsetzt. Und dann kam der Monsun mit voller Stärke. „Am Abend hast du keine Wolke gesehen und in der Nacht ist so unvorhergesehen ein Sturm gekommen, der auch nicht mehr aufgehört hat. Wir haben das Zelt von innen festgehalten“, schildert Filzmoser. Keine Wettervorhersage stimmt. Von stabilen Wetterfenstern für ernsthafte Gipfelstürme ganz zu schweigen.
Heftiger Monsun
Während es für die Thalheimerin „nur“ um die Besteigung eines Berges geht, geht es für die Bevölkerung in Pakistan ums Überleben. Nonstop hört man Gerölllawinen, Felsstürze und Steinschläge. Die Auswirkungen der warmen Temperaturen, der Schneeschmelze und des Regens bekommen die Dörfer am Berg zu spüren, werden weggeschwemmt. „Brücken, die ich bei meiner Abreise passiert habe, stehen jetzt nicht mehr.“ Das ist, was Filzmoser jetzt sicher zu Hause in Thalheim beschäftigt – die Videos von Bekannten aus Pakistan, die die verheerenden Auswirkungen des Monsuns zeigen. Eine Folge des Klimawandels, die letztlich auch die K2-Besteigung der Klimabotschafterin des Internationalen Judoverbands, Sabrina Filzmoser, scheitern ließ.
Ohne Sauerstoff unterwegs
„Ich habe meine komplette Akklimatisierung am Broad Peak absolviert, weil das Steinschlagrisiko vermeintlich geringer ist. Im Idealfall hätte ich den Broad Peak gemacht und wäre dann super für den K2 gerüstet gewesen. Zwei, drei Tage im Base Camp regenerieren und dann in vier Tagen rauf und runter. Mit Sauerstoff ginge es schneller, aber ich wollte es so sauber wie möglich, mit minimalsten Mitteln machen“, erklärt die Vizepräsidentin des Österreichischen Judoverbands.
„Es ist saugefährlich“
Geworden sind es letztendlich „nur“ fünf Rotation bis 7.100 Meter am Broad Peak. Filzmosers Gruppe bestand aus acht Pakistanis und sechs kommerziellen Klienten. „Ich war immer mit dem Pre-Team unterwegs, habe Fixseile verlegt und Routen abgesichert. Wegen der hohen Temperaturen waren Eisschrauben nach einer Woche schon wieder heraußen und wir mussten Seile und Routen umlegen. Das hab ich nicht gekannt. Das ist wirklich tragisch“, ist Filzmoser schockiert. „Du bist in der vermeintlich sichersten Saison dort, aber es ist trotzdem saugefährlich und es war auch nicht die Frage, ob etwas passiert, sondern wen es trifft.“ Getroffen hat es eine chinesische Bergsteigerin. Während die Gruppe um Filzmoser sich gegen den Summit Push entscheidet, nehmen andere Alpinisten das Risiko in Kauf und erreichen den Gipfel. Beim Abstieg wird die Chinesin tödlich von einem Steinschlag getroffen.
„Wir haben es so schön“
Filzmosers anfängliche Enttäuschung über den Abbruch ist mittlerweile gewichen. „Weil was ich selber geben konnte, wo ich unterstützen konnte und was ich dafür als Dank zurückbekommen habe, ist so viel mehr wert“, ist sie überzeugt und hat wieder einmal selbst gesehen: „Wir haben es einfach so schön mit unserer eigenen Landschaft, mit gutem Lawinenschutz, dem Alpenverein und der Bergrettung.“
Kaum daheim war sie auch schon wieder am Traunstein. Nicht einfach im Vorbeigehen, „weil am Berg geht nichts im Vorbeigehen. Man muss immer aufmerksam sein und eigenverantwortlich handeln“. Nächste größere bergsteigerische Ziele gibt es vorerst nicht.
Mithelfen beim Judo-Turnier
Während sie auf ihre Arbeitsgenehmigung als Helikopterpilotin in den USA wartet, hat sie zu Hause noch einiges vor: „Ich werde viel Judo machen, beim Colop-Turnier im Oktober mithelfen, einen Charity-Abend zur K2-Mission veranstalten (Samstag, 13. September, 18 Uhr im Black Horse Inn Wels) und überhaupt schauen, dass ich alles, was ich versprochen habe, einhalte – damit hab ich genug zu tun!“
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