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Im Gespräch mit Johann Reindl-Schwaighofer: „Wels muss Dinge wirklich ermöglichen“

Gerald Nowak, 24.01.2017 16:22

WELS. 2017 wird ein herausforderndes Jahr für die Sozialdemokratie in der Messestadt. Tips-Redakteur Gerald Nowak hat sich mit SP-Kulur-Stadtrat Johann Reindl-Schwaighofer unterhalten.

"Leider ist das Image der Stadt Wels von den jetzigen Machthabern jahrelang angepatzt worden", sagt Kulturreferent Johann Reindl-Schwaighofer (SP)

Tips: Die Grundsatzrede von Bundeskanzler Christian Kern legte die mediale Aufmerksamkeit auf Wels. Er entschuldigte sich bei den Menschen und präsentierte seinen Plan für Österreich vor. Was kann die Welser Sozialdemokratie mitnehmen?

Reindl-Schwaighofer: Mitnehmen können wir viele interessante Antworten und Lösungsvorschläge für anstehende Fragen. Österreich neu zu denken, sich aber gleichzeitig für die Fehler der Vergangenheit zu entschuldigen, ist sehr gut angekommen. Wir teilen diese Haltung – insofern hat Kanzler Kern eine Vorbildfunktion und er motiviert uns dazu, den parteiinternen Erneuerungsprozess voranzutreiben.

Tips: Der Prozess sieht dann personell und inhaltlich wie aus?

Reindl-Schwaighofer: Die inhaltliche und personelle Neustrukturierung ist im Gange. Die parteiinterne Kommunikation und Bildungsarbeit wurden bereits verstärkt. Wir haben vereinbart, dass es im Laufe des ersten Halbjahres 2017 eine Stadtdelegiertenversammlung geben wird, wo der oder die neue Parteivorsitzende und der neue Vorstand gewählt werden. Danach richtet sich die weitere Strategie. Meiner Ansicht nach ist es notwendig, die Stadtpartei zu öffnen. Wer aktiv bei uns mitarbeiten will, ist herzlich willkommen. Politisch hat die SPÖ in Wels nun eine andere Rolle. Einerseits tragen wir Verantwortung in den am meisten von Kürzungen betroffenen Ressorts Kultur, Bildung, Umwelt, Gesundheit, Frauen und Verkehr. Andererseits treten wir weiterhin für hohe soziale Qualität und Versorgungssicherheit ein. Hier gilt es, Fehlentwicklungen aufzuzeigen, um die Bevölkerung vor Verschlechterungen zu schützen, die bereits spürbar sind – zum Beispiel in den Kindergärten, bei der Jugend, im Präventions- und im Pflegebereich.

„Solche Fouls stehen einer Zusammenarbeit immer wieder im Weg“

Tips: Im Pflegebereich werden 72 Betten eingespart. Überhaupt ist Sparen immer ein Thema in Wels, wenn Bürgermeister Andreas Rabl (FP) spricht. Wie geht die SPÖ mit dem neuen Kurs um, gibt es mit der neuen Stadtregierung eine Gesprächsbasis?

Reindl-Schwaighofer: Sparen ist in Ordnung, aber was hier passiert, das sind Kürzungen auf dem Rücken der Welser Bevölkerung, deren Folgen noch gar nicht absehbar sind. Für uns steht die Sacharbeit im Vordergrund. Ständige Tricksereien der FPÖ-ÖVP-Koalition, Intransparenz, Umgehung von Gemeinderat und Ausschüssen bei wichtigen Entscheidungen – das alles verbessert die Gesprächsbasis nicht gerade. Wir haben Eckpfeiler wie das Doppelbudget mitbeschlossen, bei der Magistratsreform eigene Vorschläge eingebracht und aktiv mitgearbeitet. Bei der Bürgerbefragung waren dann nur noch Kürzungen in den SP-Ressorts Kultur, Bildung und Verkehr ein Thema. Solche Fouls stehen einer Zusammenarbeit immer wieder im Weg.

„Das wurde ignoriert und man hat Kultur als Randbereich den Themenfeldern Sport und Freizeit zugeordnet“

Tips: Kommen wir zu Ihrem Ressort. Die Stadt will sich neu positionieren. In den 48 Maßnahmen fehlt das Wort Kultur. Das muss den Kulturreferenten ärgern?

Reindl-Schwaighofer: Kultur hat es unter der Kürzungspolitik nicht leicht, aber der begonnene Kulturentwicklungsprozess geht weiter. Das ist eine Chance für die Stadtentwicklung und für die Positionierung von Wels, denn Kultur prägt das Image einer Stadt. Die SPÖ hat dieses Thema immer wieder eingebracht und andiskutiert. Das wurde ignoriert und man hat Kultur als Randbereich den Themenfeldern Sport und Freizeit zugeordnet. Das sagt eigentlich alles aus über die Wertigkeit von Kultur für die Bürgermeisterfraktion und ihren Koalitionspartner.

Tips: Es wird debattiert über Kulturleitbild, Kulturhauptstadt eventuell mit Bürgerbefragung. Was passiert 2017?

Reindl-Schwaighofer: Es geht nicht um eine Bürgerbefragung mit ja/nein-Antwortmöglichkeit, sondern um eine qualifizierte Meinungsumfrage darüber, wohin sich Wels kulturell entwickeln soll. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse werden in das Kulturleitbild einfließen. Alleine die Diskussion über eine Kulturhauptstadt-Bewerbung wird uns weiterbringen. Wir müssen die Ergebnisse dieses Kulturentwicklungsprozesses abwarten, die Mitte 2018 vorliegen werden. Erst dann kann eine Entscheidung fallen. Wer jetzt schon sagt, das geht nicht, der glaubt nicht an das Potenzial von Wels. Als Kulturreferent möchte ich Wels noch stärker als kulturelles Zentrum der Region positionieren und mit Nachbargemeinden kooperieren. Parallel dazu wird gerade die Einrichtung einer Welser Veranstaltungsgesellschaft zur Vermarktung der Welser Kulturstätten geprüft.

Tips: In welche Richtung muss sich die Stadt entwickeln?

Reindl-Schwaighofer: Wels soll sich zu einer weltoffenen Stadt entwickeln und die Buntheit der Bevölkerung als Potenzial nutzen. Dazu ist es notwendig, das kleinkrämerische Denken abzulegen und Dinge wirklich zu ermöglichen, damit junge Talente hierbleiben und nicht abwandern. Wichtig ist auch die Förderung einer positiven Grundstimmung, damit die Menschen wieder stolz auf ihr Wels sein können. Der Bildungs- und Kulturbereich ist nicht nur ein wesentlicher Standortfaktor, sondern auch eine Klammer im gesellschaftlichen Zusammenleben. Das sollte stärker als Chance genutzt werden – auch um die Herausforderungen im Integrationsbereich zu meistern.

„Leider ist das Image der Stadt Wels von den jetzigen Machthabern jahrelang angepatzt worden“

Tips: Letzte Frage: Wofür steht eigentlich Wels?

Reindl-Schwaighofer: Leider ist das Image der Stadt Wels von den jetzigen Machthabern jahrelang angepatzt worden. Jetzt wird Wels österreichweit als verlorene Stadt angeprangert und es muss viel Geld investiert werden, um das beschädigte Image zu korrigieren. Dabei gehört Wels zum stärksten Wirtschaftsraum in Österreich, mit tollen Jobmöglichkeiten. Wels steht für ein hervorragendes Bildungsangebot, unter anderem mit weiterführenden Schulen, die es nur hier gibt und einer exzellenten Fachhochschule. Wels steht auch für hohe Lebensqualität, eine kreative Kulturszene und war bisher eine soziale Musterstadt. Insgesamt ein guter Platz zum Leben und zum Arbeiten.


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