Landwirte unterstützen ihre ukrainischen Erntehelfer, so gut es geht
THALHEIM/MISTELBACH. Viele österreichische Obst- und Gemüsebauern sind auf Erntehelfer angewiesen. Ein beträchtlicher Anteil der Arbeiter kommt in normalen Jahren aus der Ukraine. Wie es in dieser Saison wird, ist angesichts des Krieges noch völlig unklar.
Am Hof der Familie Holzinger werden seit Jahren Erdbeerfelder bearbeitet und heuer gibt es zum dritten Mal Spargel. Acht Erntehelfer aus der Ukraine arbeiten seit drei Jahren beim „Achleitner“. Ein Drittel sind Männer, zwei Drittel Frauen. Sie jäten händisch Unkraut, bringen Stroh und Vlies aus, bewässern, machen den Zaun, ernten den Spargel, setzen Christbäume, bauen Kürbisse an und pflücken natürlich auch die Erdbeeren.
Ukraine nicht im Stich lassen
Ab April sollten die Helfer nach und nach kommen. Aber den Männern ist aufgrund der Wehrpflicht die Ausreise verboten. „Ein Teil der Frauen will und wird kommen“, ist Georg Holzinger optimistisch. „Die, die Familie oder einen Mann im Krieg haben, wollen aber daheim unterstützen. Sie lassen ihr Land nicht im Stich“, weiß der Thalheimer Landwirt und rechnet mit einem Drittel bis einer Hälfte seiner Leute. Er überlegt schon, was er ohne die volle Mannschaft ernten können wird und was nicht. „Aber wir sind nur ein kleiner Betrieb und eine große Familie, die zusammenhilft. Wir werden das schaffen“, ist der Jungbauer überzeugt. Natürlich werden auch immer Jobanwärter vom AMS geschickt, aber jemand Passendes hat sich für die harte Arbeit noch nie gefunden. Die Zusammenarbeit mit ukrainischen Helfern hat sich für den Erdbeergarten Holzinger bewährt. „Unsere Kultur und ihre passen gut zusammen, ihre Denkweise und wie wir arbeiten, das passt einfach“, hofft Holzinger, dass sich noch eine gute Lösung findet. „Aber lassen wir es mal auf uns zukommen! Wir sind trotz allem sehr optimistisch. Es ist ja nicht das erste Mal, dass uns so etwas passiert. Wir sind ja schon einiges gewöhnt“, erinnert Holzinger daran, dass auch im ersten Corona-Jahr vorerst keine Erntehelfer einreisen durften.
Spenden über Verwandte
Einstweilen unterstützen die Holzingers ihre Arbeiter in der Ukraine, so gut es geht. Über Verwandte der Erntehelfer, die in Wels leben, schickt die Familie Spenden ins Kriegsgebiet und hofft das Beste für die Betroffenen.
Auf Umwegen nach Thalheim
Auch Gemüsebauer Mario Thallinger wartet auf Erntehelfer. Zehn bis zwölf Ukrainer arbeiten normal auf seinem Betrieb, fast immer sind es dieselben und hauptsächlich Männer. „Die einen sind schon auf dem Weg, aber noch nicht da. Sie müssen Umwege nehmen, über andere Länder ausweichen“, berichtet Thallinger. Eine Option für ihn ist, heuer mehr Frauen zu beschäftigen. Natürlich gibt es auch die Möglichkeit, Helfer anderer Nationen zu beschäftigen, aber „wir geben schon den Ukrainern den Vorrang, denn sie brauchen das Geld“, hofft der Gemüsebauer, dass seine Leute noch kommen können.
Angehörige aufgenommen
Weil am Apfelino Obsthof Schiefermüller in Mistelbach das ganze Jahr viel Bedarf an Arbeitern ist, sind derzeit vom Winter noch 13 ukrainische Erntehelfer am Betrieb von Silvia und Gerhard Schiefermüller. In der Hochsaison sind es normal 35 Personen. „Wir haben eine jahrelange Beziehung zu unseren Helfern“, berichtet Silvia Schiefermüller, dass hauptsächlich Familien mit erwachsenen Kindern bei Apfelino arbeiten. „Wir haben das Glück, dass wir das ganze Jahr über Arbeiter brauchen und so sind unsere letzten Helfer im Februar eingereist“, erklärt Schiefermüller. „Wir versuchen jetzt, ihnen zu ermöglichen, dass ihre Frauen und Kinder kommen“, erzählt die Chefin, dass sie schon drei Erwachsene und drei Kinder auf ihrem Hof untergebracht haben. Derzeit versucht man bei Apfelino, so schnell wie möglich Arbeitsbewilligungen zu bekommen beziehungsweise zu verlängern. Im Mai sollten die nächsten Helfer kommen, denn im Juni beginnt die Himbeerernte und die Haupternte der Äpfel steht im August an. „Wir waren so froh, dass Corona endlich etwas in den Hintergrund getreten ist und dann kommt noch etwas Schlimmeres daher“, leidet die junge Bäuerin mit ihren Helfern aus der Ukraine und versucht, so gut es geht zu helfen. Neben der Unterbringung der Familien ihrer Arbeiter schickt sie auch Spenden in die Ukraine.
„Sehr gute Verhältnisse“
Landwirtschaftskammer-Präsident Franz Waldenberger aus Pennewang kennt die Sorgen der Landwirte. „Jetzt hatten wir gerade erst die Stammsaisoniersregelung auf Schiene, die unseren Obst- und Gemüsebauern ermöglicht hätte, langjährige Helfer, die aus Drittstaaten kommen, außerhalb des Kontingents einzusetzen und dann beginnt eine Woche später der Krieg“, so Waldenberger. Man könne versuchen, Helfer aus anderen Ländern zu bekommen, „aber der europäische Arbeitsmarkt ist schon sehr leergefegt“, weiß Waldenberger. Man könne zwar vielleicht unter den Flüchtlingen rekrutieren, aber Tatsache ist auch, „dass es durchaus sehr gute familiäre Verhältnisse zwischen unseren Landwirten und den ukrainischen Erntehelfern gegeben hat“ und man natürlich noch immer auf die bewährten Mitarbeiter hoffe.
Hier geht´s zum Artikel über die Apfelino-Spendenaktion
https://www.tips.at/nachrichten/wels/land-leute/561576-apfelino-sammelt-fuer-die-ukraine
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