Einsatz bei Schneegestöber: Unterwegs mit dem Winterdienst
ZWETTL. In den frühen Morgenstunden bahnte er sich an, der Schnee in großen Mengen. Während die meisten Leute vom dichten Schneetreiben erst Stunden später erfuhren, herrschte auf einem Gelände in Zwettl schon Hochbetrieb, der Straßenmeisterei. Redakteurin Kathi Vogl durfte eine Runde mitfahren, mit Hubert Pömmer und seinem „13er“.
Sechs Uhr morgens: Das Telefon von Gilbert Schulmeister steht nicht still: Gerade erkundigt sich eine Privatperson nach den Fahrbahnverhältnissen auf einem Straßenabschnitt, auch das kommt vor, „glücklicherweise halten sich solche Anrufe in Grenzen“, schmunzelt der Leiter der Straßenmeisterei.
Seit halb vier Uhr morgens sind zwölf Schneeräumfahrzeuge im Einsatz. Zuvor, ab zwei Uhr morgens, fuhr der motorisierte Streifendienst (Stremot) das Gebiet ab und informierte die Kollegen über die aktuelle Lage. Nun kehren nach und nach die Schneepflüge von ihrer ersten Runde zurück, etwa zweieinhalb Stunden dauere eine Tour der Fahrzeuge, informiert Schulmeister. Es gibt noch viel zu tun heute, darüber sind sich alle einig, Zeit für die zweite Runde, der morgendliche Frühverkehr startet in Kürze und der Schneefall wird stets dichter.
Im 13er mit Hubert Pömmer
Auch Hubert Pömmer ist mittlerweile retour, richtig gemütlich ist es drinnen, in „seinem“ 13er Lkw, den er mit viel Geschick durch das dichte Schneetreiben bugsiert. Seine Strecke kennt er mittlerweile wie seine Westentasche: Von Zwettl geht es über einen Teil der neuen Umfahrung bis zur Stauseebrücke und wieder retour, um dann weiter die Straße nach Waldhausen zu räumen. Und diese hat es in sich, verkehren doch bekanntlich zahlreiche Lkws auf diesem Abschnitt. Die Gefahr, dass der morgendliche Verkehr durch hängende Fahrzeuge zum Erliegen kommt, ist groß, wie sich später noch zeigen wird.
Die weitere Tücke auf der Strecke: „Es gibt es immer wieder relativ schmale Straßenabschnitte“, erzählt Pömmer. Gut beladen mit Salz beginnt er gemeinsam mit einem, vor ihm fahrenden, Kollegen die gestaffelte Räumung. Während dieser mittig fährt, konzentriert sich Pömmer auf den rechten Fahrbahnrand samt Buchten. So bewegen sich rund 26 Tonnen Fahrzeuggewicht mit maximal 40 km/h in Richtung Stauseebrücke, die höherrangigen Straßen haben Priorität. Ein Blick in den Rückspiegel verrät, dass sich hinter unserem Fahrzeug schon eine stattliche Kolonne gebildet hat. „Ja um diese Uhrzeit sind alle im Stress.“ Unbeeindruckt davon überwacht Hubert Pömmer die Salzdosierung, die je nach Witterung abgegeben wird. Zehn Gramm sind es derzeit pro Quadratmeter, auf einer Streubreite von 4,5 Metern.
„Während man früher im Winter oft langsamer gefahren ist, passen heute leider viele Fahrer einer Salzstrecke ihre Geschwindigkeit den Fahrbahnverhältnissen nicht an“, berichtet Hubert Pömmer von seinen Beobachtungen. Es dauert nicht lange, und wir sehen ein Auto, das im Straßengraben liegt. Daneben ein unbesetzter Lkw, der offensichtlich nicht mehr weiter kann.
Ab auf die „Lkw-Strecke“
Mittlerweile sind wir bereits unterwegs Richtung Waldhausen, der morgendliche Verkehr hat eingesetzt, hier kursiert zudem eine Vielzahl an Lkws für das Forstunternehmen Stora Enso. „Die große Herausforderung ist, zu schauen, dass der Verkehr nicht ins Stocken gerät“, erläutert der 56-Jährige.
Gar nicht so einfach: Der Asphalt, der eben noch „schwarz geräumt wurde“, ist fünf Minuten später schon mit einer dicken Schneeschicht überzogen. Nahezu eine Sisyphusarbeit, denke ich mir noch. Aus dem Radio informiert der Nachrichtensprecher: „Schneefall sorgt für massive Behinderungen im Straßenverkehr“. In der Tat.
Berg wird zum Verhängnis
Unter den heimischen Lkw-Fahrern ist er bereits bekannt, der langgezogene Berg in der Ortschaft Brand. Wir treffen auf ausländische Sattelzüge, die bereits am Fuße des Berges nicht mehr weiter können. Sie warten auf Hubert und seinen 13er. Geschickt lenkt der Straßenerhaltungsfachmann sein schwergewichtiges Fahrzeug an ihnen vorbei und räumt die Straße frei. Bei der Eisenbahnkreuzung in Waldhausen angekommen, wird umgedreht, nicht ohne die Fahrt kurz in einem eigenen Büchlein zu dokumentieren.
Am Berg in Brand dasselbe Szenario: Die Lkws, die meisten noch ohne Ketten, sind auf den Schneepflug angewiesen. Hubert Pömmer räumt ihn gleich zweimal. Auf halbem Wege fängt auch unser Fahrzeug zu rutschen an, die Anfahrtshilfen scheinen momentan nicht zu greifen. „Notfalls müssen wir Ketten anlegen, außerdem hätten wir ja noch jede Menge Salz mit“, scherzt Hubert. Der 13er kommt glücklicherweise wieder in Bewegung. Oben am Berg begegnen wir einem Lkw, der, offensichtlich ebenfalls ins Rutschen kam und eine Gartenmauer streifte, er kann weder vor noch zurück. Es ist zugleich eine Engstelle. Ich sehe schwarz – da kommen wir, mit unserem 26 Tonnen schweren Gerät samt 3,60 Meter breitem Pflug bestimmt nicht vorbei. Falsch gedacht: Hubert Pömmer beeindruckt mit Präzisionsarbeit - lenkt sein Fahrzeug geschickt daran vorbei, der Leitpflock wird nur um wenige Millimeter versäumt, ich bin beeindruckt.
„Das Wichtigste ist, Ruhe zu bewahren, vorausschauend zu fahren, jeder Fehler kann dir zum Verhängnis werden“, weiß Pömmer.
„Die Leute schimpfen viel“
Seit 14 Jahren lenkt er mit Begeisterung den Schneepflug, seit 27 Jahren ist der gelernte Forstfacharbeiter mit im Zwettler Team der Straßenmeisterei. „Die Winter werden schon schwächer, früher hatten wir meterhohe Schneewände, wo oft die Fräse zum Einsatz kam“, erinnert sich Pömmer. Jetzt habe man viel mehr mit dem gefährlichen Null-Grad-Schnee und damit auch mehr mit glatten Straßen zu kämpfen. Gerade hier sei Gespür angebracht, auch für die richtige Salzdosierung.
„Die Leute schimpfen schon sehr viel“, meint der 56-Jährige. Zu laut, zu wenig geräumt, zu viel Schnee am Gehsteig. Das bestätigt auch Leiter Gilbert Schulmeister. „Das ist die Mentalität eines Österreichers, wenn etwas funktioniert, wird nicht darüber gesprochen, wenn wo etwas nicht hundertprozentig passt, dann wird man laut.“
Salz: Weniger ist oft mehr
Was das Salzstreuen betrifft, gelte seit gut zehn Jahren das Motto: Weniger ist oft mehr. „Durch den Einsatz der Feuchtsalztechnik konnte die Menge an Salz reduziert werden“, informiert Schulmeister. Die Lager in der Straßenmeisterei Zwettl sind voll: Rund 2000 Tonnen Salz werden dort gebunkert.
„Früher hatten wir 30 Prozent vom Jahresvorrat hier, heute sind es 150 Prozent“, das sei aus der Salzknappheit 2002 entstanden. 1350 Tonnen an Salz sowie 6800 Tonnen an Splitt wurden in den vergangenen Jahren pro Wintersaison verbraucht. In Summe, mit vor- und abschließenden Maßnahmen, macht der Winterdienst, im Betreuungsgebiet von 250 Kilometern, 25 Prozent der jährlichen Arbeitsleistung aus, davon entfallen rund zehn Prozent auf Schneeräumung und Glättebekämpfung. „Das wird stets überschätzt“, meint Gilbert Schulmeister.
Wieder zurück in Zwettl
Gut zweieinhalb Stunden sind nun wie im Flug vergangen. Vom Schneeräumen über Familie bis hin zur Weltpolitik gingen unsere Themen, mittlerweile sind wir wieder in Zwettl eingetroffen. Und am Ende der Runde weiß ich eines ganz bestimmt: Ich werde die eine oder andere nicht geräumte Straßen nun mit gelasseneren Augen sehen.
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