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Interview NEOS-Kandidat Herbert Kolinsky: Viele Baustellen im Bildungsbereich

Leserartikel Eva Leutgeb, 02.09.2019 17:00

ZWETTL. Herbert Kolinsky steht als Kandidat auf der Liste der NEOS. Der 44-jährige Zwettler Familienvater zweier Kinder ist verheiratet, hat Wirtschaftspädagogik studiert und unterrichtet an der Handelsakademie Zwettl. In den letzten Jahren hat ihn die politische Situation so enttäuscht, dass er nun nicht mehr unbeteiligt zusehen kann. Er hat sich als Kandidat auf die Liste der NEOS setzen lassen und liegt im Waldviertel mittlerweile auf dem zweiten Listenplatz hinter Douglas Hoyos (NEOS).

Neos-Kandidat Herbert Kolinsky; Fotocredit: Kolinsky
Neos-Kandidat Herbert Kolinsky; Fotocredit: Kolinsky

Tips hat dem NEOS-Newcomer Herbert Kolinksy brennende Fragen gestellt:

Tips: Seit wann bist du in der Politik?

Kolinsky: Bis jetzt bin ich kein Politiker, ich bin lediglich Kandidat auf der Liste der NEOS. Aufgrund der Entwicklungen in den letzten Monaten und Jahren habe ich den Entschluss gefasst, bei der nächsten Wahl für die NEOS zu kandidieren. Eine Zeit lang habe ich mit mir gerungen, ob es sich dafür steht, sich in die politische Auslage zu stellen und deshalb wahrscheinlich auch Angriffen ausgesetzt zu sein. Ich wünsche mir aber wieder anständige Politik, visionäre Menschen mit Idealismus und eine enkelfitte Politik. Genau in diesen Punkten sehe ich im Parlament dringendst Aufholbedarf, daher „Mitmachen statt Mitsudern.“

Tips: Was waren deine Beweggründe dafür?

Kolinsky: Die Baustellen im Bildungsbereich sind nur ein Paradebeispiel dafür, dass die letzte Regierung den Fokus nicht auf die Zukunft gesetzt hat. Natürlich könnten wir einfach nur weiter jammern wie bisher - einzig: „Ändern wird sich halt nichts.“ Ich habe das Programm der NEOS in vielen Stunden unter die Lupe genommen. Wahnsinn, was dort an konstruktiven und nachhaltigen Vorschlägen zu finden ist. Zudem sucht NEOS Gemeinsamkeiten, anstatt den politischen Mitbewerbern bei jeder Gelegenheit das Haxl zu stellen. Wie NEOS die Sachthemen angeht, das imponiert mir. Nicht nur im Bildungsbereich kann ich viele neuartige und sinnvolle Ideen erkennen. Egal, wie auch immer die nächste(n) Wahl(en) ausgehen mögen, ich wünsche mir wieder Politiker, die mit Herzblut visionäre Ideen realisieren - und wie gesagt, vor allem im Bildungsbereich würde uns das mehr als guttun.

Tips: Du bist als Wirtschafts-Lehrer in der HAK tätig. - Siehst du Verbesserungspotential im Bildungssystem?

Kolinsky: Nur ein paar Beispiele: Im Bildungsbereich haben wir jetzt eine weitere Verwaltungsebene, Herbstferien und eine modulare Oberstufe, die den Namen nicht verdient. Auf längst fällige Maßnahmen warte ich seit Jahrzehnten vergeblich. Schüler müssen den Hauptteil ihrer Lernzeit für Dinge aufwenden, wo sie sich schwertun, Eltern leiden an fehlenden Betreuungsplätzen, müssen am Feierabend fachlich unterstützen und teure Nachhilfe bezahlen, den Direktoren sind die Hände gebunden und sie haben kaum Entscheidungsfreiheiten und Lehrer gehören nachweislich zur Gruppe mit der höchsten „Burn-out-Gefahr“. Wieso? Weil den derzeit regierenden Politikern eine perfekte Inszenierung wichtiger ist als die Umsetzung konkreter sinnvoller Maßnahmen. Wo bleibt ein echtes Modulsystem an allen höheren Schulen, wo Schüler je nach Interesse und Talent mehr oder weniger in die Tiefe gehen können? Von der täglichen Sportstunde sind wir so weit weg wie lange nicht - in Wien wird teilweise in den Klassenräumen geturnt. Für die Digitalisierung gibt es zu wenig Geld und das so dringend notwendige psychologische Personal fehlt auch an allen Ecken und Enden. Los geht der Jammer aber schon in der Kindergartenpädagogik, wo es unzumutbare Betreuungsschlüssel gibt, mangelnde Wertschätzung und Bezahlung für die meistens (vielleicht deshalb nur?) weiblichen Elementarpädagogen.

Tips: Bietet das Bildungssystem jedem gleiche Chancen?

Kolinsky: Das System bietet grundsätzlich gleiche Chancen für alle, dennoch spielt das Umfeld eine große Rolle. Eltern lenken bewusst und unbewusst. Zudem stellen sich viele weitere Fragen: Finden sich Förderer im Umfeld? Gibt es finanzielle Ressourcen, um sich die Ausbildung überhaupt leisten zu können? Welches Leistungspotenzial hat jemand? Grundsätzlich muss man aber den Leistungsgedanken überall neu definieren, wo geschrieben steht, dass ein Fondsmanager ein Vielfaches einer Pflegefachkraft verdienen muss. Wir müssen nicht nur Bildung, sondern auch Wirtschaft neu denken - das Gemeinwohl muss vielmehr in den Vordergrund gerückt werden. Wenn in Betrieben Produkte mit geplanten Schwachstellen versehen werden, um den Umsatz zu maximieren, dann läuft da in unserer Gesellschaft ganz gewaltig etwas schief.

Tips: Deine Meinung zum Thema Jugendarbeitslosigkeit und Arbeitslosigkeit der älteren Generationen?

Kolinsky: Die beste Versicherung ist eine hochwertige Ausbildung, daher Bildungsoffensive und Flügel heben anstatt Konzentration auf die Schwächen - wie derzeit. Qualitative und leistbare Weiterbildungsangebote bis ins Alter, flexible Fördermaßnahmen, Liberalisierung der Gewerbeordnung, Entrümpelung der Vorschriften für Unternehmer, Lockerung der Zumutbarkeitsbestimmungen und Arbeitssuchende jedenfalls ins Boot holen, um regionale Projekte und so weiter umzusetzen. Wenn Sozialhilfen aber teilweise höher sind als Löhne, dann fehlt natürlich der Anreiz. Leistung muss sich aber lohnen. Das derzeitige Arbeitsleben ist für sehr viele Menschen unbefriedigend - warum sonst ist die Pension für so viele Menschen ein möglichst bald zu erreichendes Ziel? Die Tatsache, dass Arbeit Sinn stiftet und somit für die Psyche gesundheitlich wertvoll ist, bleibt oft ausgeblendet. Deshalb ist es erforderlich, die ökosoziale Marktwirtschaft wieder so umzubauen, dass sie diesen Namen auch verdient.

Tips: Haben wir in Österreich eine faire Besteuerung?

Kolinsky: Ich habe noch keinen einzigen Steuerberater in der Schulklasse zu Gast gehabt, der das behauptet hat. Es ist viel zu kompliziert und eigentlich grob unfair. Die Quelle für ein vernünftiges Zusammenleben einer Gesellschaft - die individuelle Arbeit - wird viel zu hoch besteuert und wir lassen uns das gefallen. Warum? Weil wir es gewohnt sind. Gleichzeitig ruinieren wir täglich unsere Lebensgrundlage ohne Rücksicht auf Verluste. Es benötigt daher dringend eine aufkommensneutrale CO2-Steuer, damit endlich derjenige stärker belastet wird, der dem Gemeinwohl schadet. Es ist ja geradezu pervers, wenn heimische Produkte, die unter besten ökologischen und sozialen Bedingungen produziert wurden, letztlich teurer sind als „fragwürdige“ Alternativen. Es braucht dringendst ein Ampelsystem (noch besser ein Punktesystem) bei der Kennzeichnung von Waren und dann kann endlich derjenige belohnt werden, der sich an alle Vorschriften hält oder diese sogar übererfüllt.

Tips: Welche Koalitionsform bevorzugst du? Welche erachtest du am sinnvollsten?

Kolinsky: Die, die für Österreich wirklich etwas weiterbringt. Ich wünsche den NEOS jedenfalls viele Stimmen und dann die Chance, vieles aus dem Programm umzusetzen - dies enthält nämlich so viele tolle Maßnahmen. Die Balance „Mensch - Umwelt - Wirtschaft“ ist bei NEOS mit Abstand am besten ausgeprägt. Mein Wunsch: Menschen mit viel Herzblut sollen Österreich lenken, nicht Karrieristen.

Tips: Soll ein Freiheitlicher wieder Innenminister werden dürfen?

Kolinsky: Beate Meinl-Reisinger (NEOS) würde sagen: „Wenn er/sie mit demselben Gedankengut ausgestattet ist, wie so mancher Politiker dieser „Neigungsgruppe“, dann nein. Ich schließe mich dieser Aussage an.

Tips: Was möchtest du den Wählern vermitteln?

Kolinsky: Mein Ziel ist, viele Menschen für NEOS zu begeistern. Wenn wir jammern, aber immer das gleiche wählen, dann werden die Missstände Realität bleiben. NEOS steht für eine echte Bildungsoffensive. Kümmern wir uns wieder um die Menschen und um eine Wirtschaft, die uns glücklich macht und uns nicht reihenweise ins Burn-out treibt. Entlasten wir die Arbeit steuerlich und geben wir im Gegenzug dem CO2-Ausstoß endlich einen vernünftigen Preis, es gibt nämlich keinen Reserveplaneten. Meine Botschaft: „Bitte gehen Sie zur Wahl und lassen Sie Ihr Herz sprechen. Herzblut habe ich bei NEOS in den letzten Monaten jedenfalls zur Genüge gesehen.“


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