Patientenverfügung: Das Recht auf mehr Selbstbestimmung
Allentsteig. Gut gefüllt war der Vortragssaal im Landesklinikum Allentsteig, als Oberarzt Dietmar Weixler (Landesklinikum Horn) zum Thema Patientenverfügung referierte, ein Instrument für mehr Selbstbestimmung in den letzten Phasen des Lebens.
Seit 1. Juni 2006 ist das Gesetz der Patientenverfügung (PV) in Österreich in Kraft. Dieses Instrument gibt den Patienten die Möglichkeit, bestimmte medizinische Behandlungen vorweg abzulehnen. Die Erklärung wird vorab in mündlicher oder schriftlicher Form abgegeben, für den Fall, dass man später aufgrund von geistiger oder körperlicher Verfassung dazu nicht mehr in der Lage ist. Bis dato haben nur etwa vier Prozent der Österreicher davon Gebrauch gemacht. InformationsdefizitEine aktuelle Studie belegt ein großes Informationsdefizit rund um dieses Instrument. Zwar haben die meisten österreichischen Bürger schon davon gehört, insgesamt weiß rund die Hälfte der Bevölkerung gar nicht oder nicht genau, was darunter zu verstehen ist. Motive sich für eine solche Verfügung zu entscheiden, sind in erster Linie das Recht auf Selbstbestimmung, das Argument niemanden zur Last fallen zu wollen sowie drittens die Angst davor, am Ende des Lebens leiden zu müssen, ergeben Befragungen. Die Gegenargumente umfassen Begründungen, dass immer alles medizinisch Mögliche getan werden sollte, dass die Zeit für die Errichtung einer Patientenverfügung bislang gefehlt habe, sowie an dritter Stelle das Argument, dass das die Angehörigen letztlich entscheiden sollten. Letzteres beruht auf einer falschen Annahme, Angehörige haben keine Vertretungsrechte in Österreich. Errichtung einer VerfügungDiese Willenserklärung kann nur höchstpersönlich errichtet werden, dabei muss derjenige einsichts- und urteilsfähig sein. Grundsätzlich gibt es in Österreich zwei Formen. Zum einen die beachtliche Patientenverfügung, die zwar von den Ärzten beachtet werden und in die medizinische Behandlungsweise einfließen muss, letztendlich aber nicht verbindlich ist. Zum anderen die verbindliche Patientenverfügung, die konsequent wirkt, aber gewisse formelle Voraussetzungen hat. So muss eine medizinische Aufklärung durch einen Vertrauensarzt stattfinden und eine Rechtsperson eingesetzt werden. Widerrufen kann eine Patientenverfügung jederzeit und ohne Angabe von Gründen werden, die verbindliche Variante muss nach fünf Jahren verlängert werden. Mitglieder der Zeugen Jehovas haben in den meisten Fällen eine verbindliche Patientenverfügung in der Tasche, denn sie lehnen jegliche Blutprodukte bei Operationen ab, erzählt Oberarzt Weixler. Selbst bei Lebensgefahr darf in dem Falle keine Bluttransfusion durchgeführt werden, eine Ausnahme wird bei deren Kindern gemacht.TippsOberarzt Weixler rät dazu, sich im Vorfeld der Errichtung genügend Vorbereitungszeit zu nehmen. Denn je genauer die Erklärung definiert wird, desto besser kann von medizinischer Seite darauf eingegangen werden. „Die Errichtung der Patientenverfügung ist als Prozess zu sehen, der wohlüberlegt sein sollte, Zeit braucht und reifen muss. Die Erstellung meiner PV hat gut zehn Jahre gedauert“, so Oberarzt Dietmar Weixler schmunzelnd. So ist es auch ratsam, die Gründe und Motive für die Errichtung der Verfügung anzugeben (Erfahrungen im persönlichen Umfeld, Ängste, et cetera). Sind Risikokonstellationen oder lebenszeitverkürzende Erkrankungen bekannt? Auch Aussagen über den Sinn des Lebens, die eigenen Werte oder die individuelle Bedeutung von Lebensqualität werden in diesem Rahmen erwünscht. Großer Kritikpunkt ist das noch fehlende Zentralregister in Österreich, eine Lösung via E-Card wird momentan diskutiert. Weitere InformationenInformation und Beratung erhalten Interessierte vom Dachverband Hospiz Österreich sowie von der NÖ Patientenanwaltschaft.Gut aufbereitete Informationen sind ebenso unter: http://www.patientenverfuegung.or.at/ zu finden.
Kommentare sind nur für eingeloggte User verfügbar.
Jetzt anmelden