Wildkräuter-Spaziergang: „In den zartesten Pflänzchen schlummern oft die größten Kräfte“

Ein kleines, liebliches Pflänzchen mit zart-violetten Blüten verleitet uns abermals zu einer Kostprobe: „Wow - die setzt noch mal einen drauf“, denke ich mir insgeheim. Mit diesem unheimlich stark herben und bitteren Geschmack hätte ich nicht gerechnet. Dieses Pflänzchen, der sogenannte „Gamander-Ehrenpreis“, stellt all das zuvor Probierte in den Schatten. „Ja in den kleinsten Pflänzchen schlummern oft die größten Kräfte“, lacht Gerda Holzmann. Für sie zeugen Geruch und Geschmack vom jeweiligen Charakter der Pflanze. Diese Art des genießbaren Ehrenpreises gilt als Universalheilkraut, er wirkt auf alle Organsysteme regulierend und wohltuend und soll unter anderem Menschen unterstützen, die zu viel nachdenken, erläutert die Biologin und zertifizierter Wildkräuterguide.

Das Heilkraut für Kinder

Das Gänseblümchen hat nahezu jede Grünfläche vor der Haustüre zu bieten, so auch unsere. Es gilt als wunderbares Heilkraut für Kinder, vor allem für jene, die „trotz guter Kost nicht gedeihen wollen“. Früher legte man einen Strauß aus Gänseblümchen unter den Kopfpolster, um Kinder vor nächtlichen Krampfanfällen zu schützen. Als Tee bei Erkältung genossen oder als Tinktur bei Prellungen angewendet, soll das kleine Blümlein zudem stoffwechselaktivierend und innerlich reinigend (zum Beispiel bei unreiner Haut) wirken.

Sauer macht lustig

Unweit davon ein bekanntes Grün: der Sauerampfer. „Ja den kenne ich noch gut aus meiner Kindheit“, ich fühle mich durch den Geschmack der sauren Blätter gleich ein wenig in diese zurückversetzt. Reich an Vitamin C, regt dieser die Speichelbildung an, bringt wieder „Saft“ in den Körper sowie den Stoffwechsel in die Gänge, informiert Gerda. Vor allem für Menschen die zu trockener Haut und Schleimhäuten neigen, ideal. Aber war der Sauerampfer früher nicht an jeder Ecke anzutreffen? „Ja, die Art und Weise wie wir unsere Landwirtschaft betreiben, verändert die Pflanzenvorkommnisse,“ bestätigt Gerda, eine intensive Bewirtschaftung mache es den Wildkräutern nicht leicht, sich zu entfalten.

Refugium für Wildkräuter

Ein paar Meter daneben erblickt Gerda Holzmann eine vermeintliche Oase, eine etwas sandige, kleine Grube, Spuren, die noch an das Brunnengraben erinnern. Auf Zehenspitzen gehend - „ich mag das Wiesen zusammentreten nicht“, so Gerda, steuert sie geradewegs darauf zu. Gerade Wildpflanzen lieben solch unbearbeitete Flächen, die mit landwirtschaftlichen Geräten schwer zugänglich sind.

Urmutter des Aspirins

In der Tat - das Mädesüß, die „Urmutter des Aspirins“, die Anwendung als Kopfweh- oder Grippemittel findet, Brennnessel, Beinwell oder der Frauenmantel sammeln sich dort an. Letzterer wird auch Taubecher genannt: obwohl in den letzten Tagen kein Regen in Sicht war, ist Wasser - vermischt mit Fichtenpollen - im Kelch (siehe Foto) zu finden. „Die Pflanze pumpt das Wasser rauf bis an die Blattränder, wo dann kleine Tröpfchen austreten, die nach unten kullern und sich im becherförmigen Blatt sammeln“, erklärt Gerda. Der Frauenmantel unterstützt Frauen in allen Wandlungsphasen, von der Pubertät über die Schwangerschaft bis hin zu den Wechseljahren, nicht zuletzt aufgrund seiner hormonell regulierenden Wirkung.

Mit einem Blättchen Käsepappel im Mund neigt sich der Rundgang vor der Haustür dem Ende zu. So einige Schätze haben wir entdeckt und wurden mir wieder ins Bewusstsein gerufen und das eine oder andere Pflänzchen sehe ich nun mit anderen Augen. Ein Ziel, das Gerda Holzmann auch mit ihrem neuen Buch verfolgt.

Ihre erste Bucherscheinung

Denn mit Anfang April ist die 29-Jährige ganz offiziell unter die Autoren gegangen, im Zuge ihres Erstlingswerks „Gesunde Wildkräuter aus meinem Garten“. Es ist ihr eine Herzensangelegenheit, nicht nur die gesundheitliche Wirkung derselben zu vermitteln sondern auch die Wertschätzung und die Achtsamkeit im Umgang mit der Natur zu transportieren und so zum aufmerksamen Beobachter zu werden. „Oft neigt man dazu zu glauben, dass das, was vor der Haustüre wächst, nichts wert ist. Dem versuche ich ein entgegenzusetzen“, meint die naturverbundene junge Frau aus Groß Gundholz.

Natur ist ihre erste Anlaufstelle

Schon von Kindesbeinen spürte sie eine starke Verbindung zur Natur. Kam sie dann und wann vom Kindergarten bedrückt nach Hause, suchte sie Rückzug im Garten oder im Wald. Die Natur war ihre erste Anlaufstelle. Gerda galt als kränkliches Kind, das oft Antibiotika erhielt, ein Fakt, der schon damals Türen zu Alternativen öffnete. „Die feinen Zusammenhänge, Kreisläufe, Gleichgewicht, der Mensch und die Natur haben mich schon immer interessiert“, so die studierte Biologin. Nach einer weiteren Ausbildung zur Kinesiologin folgte das Tüpfelchen auf dem i, eine ganzheitliche Heilkräuter-Ausbildung.

30 Kräuter im Portrait

Der Schwerpunkt in ihrem Buch liegt auf 30 ungezähmten Kräutlein von Wiese und Garten, die sie in ausführlicher und feinfühliger Manier beschreibt. Das reicht vom Erkennen, Ernten und Vermehren der Pflanze, über Verwechslungsmöglichkeiten, bis hin zur vielseitigen Verwendung derselben. Auch spannende geschichtliche Aspekte sowie persönliche Tipps sind im 272-seitigen Werk zu finden. Nicht fehlen dürfen ein Sammelkalender, ein Kapitel, dass sich mit der Verarbeitung und Haltbarmachung beschäftigt sowie natürlich einige Rezepte, die allesamt von Gerda auf Herz und Nieren getestet und für lecker befunden wurden. Auch dem Räuchern hat die diplomierte Energetikerin einige Seiten gewidmet.

Viel Energie hat sie im letzten Jahr in die Konzeptierung des Buches gesteckt. „Ich habe das Ganze massiv unterschätzt und zwischendurch auch als Schnapsidee bezeichnet“, heute ist sie sehr stolz auf ihr Erstlingswerk, das im Löwenzahn Verlag erschienen ist.