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Appell an "Schärdinand": Über 30 vertragslose Milchbauern bangen um Existenz

Katharina Vogl, 24.04.2017 14:57

GROSS GERUNGS/NÖ/OÖ. „Lieber Schärdinand, öffne uns bitte die Tore und sei Brückenbauer für die betroffenen Betriebe, so dass wir noch eine Zukunft haben in der Milchwirtschaft“, appelliert Biobauer Martin Kurzmann (aus Perg) im Zuge einer Pressekonferenz am 24. April in Groß Gerungs in Richtung Molkereigenossenschaft Berglandmilch. Er ist einer von über 30 Landwirten, die – nach derzeitigem Stand - ab 1. Mai keinen Abnehmer mehr für ihre Milch haben.

  1 / 4   Sieben der vertragslosen Milchbauern fanden sich im Zuge Pressegespräches in Groß Gerungs am Podium ein.

„Wir müssen uns eingestehen, das Projekt „Freie Milch“ ist gescheitert“, so Bauer Bernhard Holzmann aus Arbesbach beim Pressegespräch in Groß Gerungs. Rund 600 Landwirte waren es österreichweit, die vor Jahren bei der Vermarktung ihrer Milch andere Wege als die großen Molkereigenossenschaften gehen wollten, darunter auch jene sieben Bauern, die sich heute am Podium wiederfanden. Man setzte auf eine eigene regionale Vermarktungsschiene, (“A faire Milch“) wo den Bauern ein fixer Anteil ausbezahlt wird und auf die Hoffnung, von den Mitbewerbern am Markt akzeptiert zu werden. Das entpuppte sich als Fehleinschätzung, so Holzmann. Die Freie Milch erlitt wirtschaftlichen Schiffbruch.

Im Herbst 2016 wurden die damals noch rund 160 Lieferanten davon informiert, dass das Unternehmen Alpenmilch Logistik GmbH (vormals Freie Milch) mit 31. März 2017 seine Tätigkeit einstellen wird. Die meisten Bauern kamen wieder bei ihren früheren Abnehmern unter, die Zukunft von 37* Landwirten in Ober- und Niederösterreich ist allerdings bis heute ungewiss.

Vom Milchtank in die Jauchegrube

Noch wird die meiste Milch der vertragslosen Bauern, die sich vorwiegend im Einsatzgebiet der Berglandmilch befinden, im Notbetrieb eingesammelt, allerdings nur mehr bis zum 30. April. Was ab Mai passiert, ist ungewiss. Zwei der Landwirte sind von dieser Tour aber zu weit entfernt und seit 1. April gezwungen, ihre Milch zu entsorgen, so auch Rudolf Hofbauer aus Horn. „Wir sind der am weitesten entfernte Betrieb der Tour, mir wurde gesagt, es ist billiger, die Milch zu entsorgen, als sie abzuholen“, schildert er seine Situation. So muss er einen Großteil seines weißen Goldes vom Milchtank in die Güllegrube pumpen. Schärdinand fahre im Zuge seiner Tour aber direkt an seinem Hof vorbei, entgegnet der Bauer, der an NÖM wie auch an Bergland Anträge gestellt habe, sich mittlerweile aber ratlos und müde fühle.

„Milchmenge wäre leicht zum Unterbringen“

Einige Betriebe blieben bis dato auf der Strecke, hängen in der Warteschleife, ihr Antrag werde seitens der Molkereien geprüft. Der Verdacht, dass ein Exempel an den Verbliebenen statuiert werden soll, lässt die Betroffenen dabei nicht los. Denn der Milchanteil der 37 Landwirte beträgt nur 0,2 Prozent der österreichischen Gesamtmange. „Weniger als die Tagesschwankung und damit ein Klacks für den Schärdinand als größten Milchverarbeiter“, meint Reinhold Rauch, Bio-Bauer aus Arbesbach. Dafür müssten 13 Kilometer mehr gefahren werden, habe man sich ausgerechnet.

Der abschließende Tenor des heutigen Pressegespräches: Es sind sicher viele Worte gefallen, die dem Ganzen nicht dienlich sind, es wurden Fehler auf beiden Seiten gemacht, und „wir wissen wo wir gescheitert sind“, sind sie sich einig. Aber „Schärdinand, lass deinen Schabernack und schließe unseren Milchkrimi mit einem Happy-End!“ wenden sich die erschöpften Milchbauern mit einem eindringlichen Appell an die Molkereigenossenschaft mit der Hoffnung, dass ihre Existenz und damit auch die Versorgung ihrer Familien nicht weiter auf dem Spiel stehen.

Aktuelle Infos zum „Milchkrimi“ in der kommenden Ausgabe der Tips Zwettl (KW 20).

(*Von den 37 Bauern haben vier Betriebe eine voraussichtliche Zusage von der Molkerei erhalten, so der Status quo, 24. April 2017)


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