AIGEN-SCHLÄGL. Die Zeit kann ihm scheinbar nichts anhaben, aber er der Zeit sehr wohl: Peter Wofsik ist in Aigen-Schlägl sogar der Herr über die Zeit, denn die Kirchturmuhr der Aigener Pfarrkirche wird von ihm tagein, tagaus von Hand aufgezogen. Sie ist die letzte ihrer Art im Mühlviertel.
„Schaun“s hier, da müssen“s den Kopf einziehen! Da passen“s auf ihre Füße auf! Achtung bei der Schulter!“ Peter Wofsik kennt den Kichturm von Aigen wie seine Westentasche. Kein Wunder, denn seit 40 Jahren schon besteigt er ihn jeden Tag. Der gelernte Uhrmacher-Meister hat diese Lebensaufgabe von seinem Vater geerbt, den mit der Aigener Kirchturmuhr etwas ganz Besonderes verband: „Die Uhr selbst stammt aus dem Jahr 1857. Die Kriege hat sie sonst gut überstanden, aber nach dem Zweiten Weltkrieg stand die Uhr. Mein Vater – auch er war Uhrmacher – brachte sie wieder zum Laufen und zog sie bis ins hohe Alter täglich auf“, erinnert sich Peter Wofsik, der heute noch gemeinsam mit seiner Frau Eva ein kleines Juweliergeschäft in Aigen-Schlägl führt.
Ein schmerzhaftes Andenken
Und was dem Vater schon gut tat – er wurde fast 102 Jahre alt –, das bekommt auch dem Sohn, denn mit einem Lächeln und flotten Sprüchen auf den Lippen geht es – die Tips-Reporterin im Schlepptau – in luftige Höhen. Die 75 Stufen hinauf bis zum Uhrwerk nimmt Peter Wofsik mit Schwung.
Doch der Kirchturm hat ihm schon einmal fast seine Gesundheit gekostet. Es war an einem Feiertag, als der passionierte Musikant schnell vom Festzug hinauf in den Turm eilte, um das Uhrwerk aufzuziehen. „Ich hatte auch schon im Kopf, was ich an dem Tag noch geschwind im Geschäft machen wollte. Und da ist es passiert, ich bin mit dem Fuß an einer kleinen Erhebung am Holzboden hängen geblieben“, erinnert er sich. Der Vorfuß war kaputt. Was ihn aber nicht davon abhielt, nur wenige Tage später den Spaltgips abzumontieren und zum Wellness zu fahren, wie er mit einem schelmischen Lächeln erklärt.
Viele Tonnen für ein ganzes Leben
Ein kleines Kammerl im Kirchturm birgt den Schatz des Uhrmacher-Meisters, nämlich das Uhrwerk der Turmuhr – der letzten im Mühlviertel, die noch täglich von Hand aufgezogen werden muss. „An die 50 Kilo wiegt das Gewicht, das ich mit der Kurbel bewege. Das sind schon einige Tonnen, wenn man das auf die vielen Jahre aufrechnet“, sagt Wofsik, seinerzeit anno 1967 mit nicht einmal 19 Jahren jüngster Uhrmacher-Meister Österreichs. Aber auch ärgern muss sich der Meister der Zeit hin und wieder mit „seiner“ Uhr. Etwa, wenn ihm der „Behmwind“ wieder einmal die Zeiger verblasen hat und diese wieder per Hand an die richtige Position gebracht werden müssen.
Noch ein Original
Die tägliche Viertelstunde, die er in etwa für die ungewöhnliche Aufgabe benötigt, wird meist noch vor dem Aufsperren des Geschäftes erledigt. Das Geschäft selbst ist übrigens ebenfalls schon ein Original in Aigen-Schlägl. Seit 1900 wird es nun schon in dritter Generation dort geführt – und das noch so lange es die Gesundheit der Wofsiks zulässt, „und solange es uns freut!“
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