
AMSTETTEN. Im Dezember 2018 hat sich mit einem Erlass des Gesundheitsministeriums eine hitzige Diskussion um den bis dahin freien Verkauf von Hanfprodukten entzündet. Zwei neue Automaten für den Verkauf von Hanfblüten bringen die Diskussion nun auch in die Stadt.
Im Dezember 2018 hat das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz einen Erlass veröffentlicht, in dem der Verkauf von Produkten aus Hanf neu geregelt wird. Damit sollte ein neuer Trend des Handels mit cannabinoid-haltigen Extrakten geregelt werden, die zumeist als Nahrungsergänzungsmittel auf den Markt gebracht worden waren. Diese Produkte aus den Blüten- und Fruchtständen von bestimmten Nutzhanfsorten sind vom Suchtmittelrecht ausgenommen, wenn ihr Gehalt an berauschendem Tetrahydrocannabinol (THC) unter 0,3 Prozent liegt. Besonders das Cannabidiol (CBD), bei dem eine entkrampfende, entzündungshemmende und angstlösende Wirkung festgestellt worden sein soll, ist in den Fokus von Händlern und Patienten geraten.
Blüten aus dem Automaten
Christoph Walch und Bianca Kerbler wollen ausgehend mit den zwei Automaten des Franchiseunternehmens „Dr. Green-thumb“ ganz Niederösterreich erobern. Mit den Automaten können Biohanfblüten rund um die Uhr bezogen werden. Walch und Kerbler nutzen den nun schma-len Grat, um CBD-Blüten verkaufen zu können und argumentieren mit vielfacher Prüfung des Produkts und genauer Kontrolle. Einer der Automaten ist vor dem Geschäft von Nikolaus Eisserer angebracht. Eisserer sieht hier eine thematische Ergänzung seines Geschäftes. In seiner Seilerei werden schließlich Seile und Webwerk aus Hanffasern angeboten.“Das ist verrückt“, entrüstet sich Nina Pecile vom Drugstores in Amstetten über den neuen Erlass. Menschen mit Schmerzen würde ein einfaches Mittel vorenthalten, um diese zu bekämpfen. Auch die Wirksamkeit von CBD bei verschiedenen Formen des Tourette-Syndroms führt sie als Argument für den freien Verkauf ins Feld.
Unter ärztliche Kontrolle
Mag. Dr. Florian Göttlinger von der Apotheke in Aschbach sieht bei der Einnahme von CBD-haltigen Präparaten die Verschreibung durch den Arzt gefordert. Damit sei eine pharmakologische Qualitätskontrolle und auch eine kontrollierte Therapie gewährleistet.
Kontrolle bei Verdacht
Die Polizei kann auf den ersten Blick nicht unterscheiden, ob es sich um legale Hanfblüten handelt, die in einem Joint geraucht werden, oder um Cannabis, das einen THC-Gehalt über 0,3 Prozent aufweist. Deshalb werden bei Verdacht Proben zur Analyse eingeschickt, erklärt das Bezirkspolizeikommando Amstetten.
Lobbying der Pharmaindustrie
Arno Reiter vom Geschäft „Hempselection“ sieht die Aufstellung der Automaten von Dr. Greenthumb gelassen. Seinen Verkaufsschwerpunkt könne er nötigenfalls ändern oder preislich anpassen. Im Erlass des Gesundheitsministeriums sieht er die Pharmaindustrie als Lobby, die natürliche CBD-Produkte aus dem Weg schaffen will. Er sieht sich durch die Ankündigung von neuen Präparaten, die für den Verkauf in den Apotheken bestimmt sind, in seiner Meinung bestätigt. Sein Kollege, Eduard Kasa, der im März in St. Valentin eine Filiale der Hempselection eröffnen will, schließt sich dieser Sicht an. „Der Hanfmarkt ist ein großer Markt, in dem sehr viel Geld umgesetzt wird“, erklärt Arno Reiter. Er sieht das Geschäft mit dem Hanf auch als „Cannabis-Zirkus“. 800 Millionen Euro sollen bei der dreitägigen „Cultiva“, der Hanf-Expo in Vösendorf, umgesetzt worden sein.
Verschlechterung der Kontrolle
Bernd Haider, Geschäftsführer vom „Dasein.at“, verkauft selbst keine Hanfblüten. Er handelt mit Hanf-Tee und CBD-Öl. Dieses darf seit dem Erlass nur mehr zur Aromatisierung verwendet werden. Mit dem neuen Erlass fürchtet Haider, dass dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet werde: „Jeder weiß, was er mit dem CBD-Öl macht und wogegen er es einsetzen will. Wenn es jetzt aber als Lebensmittelzusatz nicht mehr erlaubt ist, wird es auch nicht mehr unter diesen Kriterien geprüft. Damit kann dann jeder Dreck im Öl enthalten sein“, beschwert sich Haider. Eine Intrige der Pharmaindustrie, die die natürlichen CBD-Produkte selbst übernehmen möchte, sieht er hingegen nicht. Mit synthetischen THC-Präparaten sei für diese Industrie viel mehr Geld zu verdienen, erklärt er.