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Aus für Geburtenstation und Gynäkologie in Waidhofen/Ybbs

Michaela Aichinger, 16.02.2024 08:03

WAIDHOFEN/YBBS (Update). Die Geburtenstation und die Gynäkologie am Landesklinikum Waidhofen/Ybbs werden mit 24. März geschlossen. Die Landesgesundheitsagentur (LGA) nennt Personalmangel sowie geringere Auslastung als Hauptgründe. Patientinnen aus dem Ybbstal müssen zukünftig nach Amstetten, Melk oder Scheibbs ausweichen.

Aus für Geburtshilfe am LK Waidhofen/Ybbs (Foto: Landesklinikum Waidhofen/Ybbs)
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Schon lange ist die Personalsituation in der Gynäkologie und Geburtenstation des Landesklinikums Waidhofen/Ybbs angespannt. Grund dafür sind laut LGA „wiederkehrende personelle Veränderungen im ärztlichen Bereich“ – damit sei auch die Sicherheit der Patientinnen und Neugeborenen zukünftig nicht mehr zu 100 Prozent gewährleistet.

Hinzu komme eine geringe Auslastung. Durchschnittlich sind im Landesklinikum Waidhofen/Ybbs jährlich rund 400 Kinder zur Welt gekommen.

„Regelmäßiger Einsatz von Fremdpersonal“

Bereits im Jahr 2022 mussten die Leistungen der Abteilung für mehrere Wochen ausgesetzt werden. Seit damals habe sich die Situation nicht wesentlich verändert: „Aktuell ist das Dienstrad der Abteilung Frauenheilkunde und Geburtshilfe im Landesklinikum Waidhofen/Ybbs nur knapp mit einem Mindestmaß an Eigenpersonal und regelmäßigem Einsatz von Fremdpersonal aufrecht. Nur durch die strukturelle Vernetzung innerhalb des Klinikenverbunds und externe Fachärzte war es zuletzt möglich, das Angebot aufrecht zu halten“, so LGA-Vorstand Konrad Kogler.

„Situation hat sich weiter zugespitzt“

Die Dienstplanerstellung sei bei den limitierten Personalressourcen „kaum zu schaffen“, besonders auch in den Haupturlaubszeiten. Dazu komme, dass Gynäkologen am Arbeitsmarkt aktuell generell rar seien. Daher mache es viel mehr Sinn, die unter Vertrag stehenden Fachärzte in Abteilungen einzusetzen, in denen die Geburtenrate deutlich höher sei.

„Die Situation hat sich nun weiter zugespitzt, sodass das Klinikum und der Betriebsrat eine Gefährdungsanzeige und Überlastungsmeldung an die Geschäftsführung der Gesundheitsregion Mostviertel übermittelt haben. Auf Initiative der Führung des Klinikums wurden verbleibende Lösungsmöglichkeiten diskutiert. Dabei hat sich gezeigt: Der Tisch der Alternativen ist leer“, weiß der ärztliche Leiter des Landesklinikums Waidhofen, Stefan Leidl.

Deshalb müssten mit 24. März die Leistungen der Abteilung Frauenheilkunde und Geburtshilfe am LK Waidhofen/Ybbs eingestellt werden. Dieser Schritt sei „alternativlos“.

Erfolgreiches Klinikum Waidhofen/Ybbs

„Eines ist klar: So schwierig die Situation im geburtshilflichen Bereich auch ist, so erfolgreich ist das Klinikum Waidhofen/Ybbs in anderen Versorgungsschwerpunkten. Daher ist der Standort Waidhofen/Ybbs nicht infrage zu stellen“, so LGA-Vorstand Alfred Zens.

Die von der Schließung der Frauenheilkunde und Geburtshilfe betroffenen Mitarbeiter - es handle sich um rund 15 Hebammen und drei bis vier Fachärzte - haben laut Zens die Möglichkeit, in die umliegenden Kliniken in der Region zu wechseln, es bestehe eine Jobgarantie.

In allen Fällen werde sowohl auf Wohnortnähe als auch gute Vereinbarkeit mit der privaten Lebenssituation geachtet. Nichtsdestotrotz bedürfe es in den umliegenden Kliniken, in denen es nun zu einem Anstieg der Geburtshilfen kommen werde, der Unterstützung. Genau diese werde dadurch gewährleistet.

Zens: „Wir verstehen uns als verlässlicher Dienstgeber. In der aktuellen Situation setzen wir auf Kooperation, um die Arbeitsbelastung für alle in einem erträglichen Maß zu halten.“

Dieser Weg sei getragen vom Bemühen um die Sicherheit der Babys und der Mütter.

Dazu Markus Klamminger, Direktor Medizin und Pflege der NÖ LGA: „In einem Klinikum der NÖ LGA wird es keine Geburt ohne Anwesenheit eines Facharztes im Klinikum geben – das Wohl der Patientinnen, der Neugeborenen und die hohe Qualität der medizinischen Versorgung stehen immer im Vordergrund.“

Klinikum Amstetten: „Stehen bereit, auch die Frauen aus dem Raum Waidhofen in höchster Qualität zu versorgen“

Primarius Andreas Pfligl, Leiter der Abteilung Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Landesklinikum Amstetten: „Die Versorgung der Frauen und Neugeborenen im Mostviertel ist durch den Klinikverbund Amstetten, Melk und Scheibbs mit einer großen Zahl von Spezialisten bestens abgesichert. Alle Abteilungen haben sowohl in der Geburtshilfe als auch in der Frauenheilkunde ein breites Angebot und stehen bereit, auch die Frauen aus dem Raum Waidhofen in höchster Qualität zu versorgen.“

Landesrat Schleritzko (ÖVP): Fachpersonal konnte „nicht in ausreichendem Maße“ gefunden werden

Zum Ende der gynäkologisch-geburtshilflichen Versorgung in Waidhofen an der Ybbs äußert sich der für die NÖ Landeskliniken zuständige Landesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP) folgendermaßen: „Die Personalsituation auf der Geburtenstation Waidhofen an der Ybbs ist seit mehreren Jahren - auch nach der vorübergehenden Schließung im Jahr 2022 - äußerst angespannt. Nach einer Überlastungsanzeige der kollegialen Führung und des Betriebsrates an den Vorstand der NÖ LGA wurde uns mitgeteilt, dass eine Weiterführung der Abteilung aus Sicht der Klinik und der NÖ LGA als Betreiber aussichtslos ist. Aufgrund der aktuellen Situation akzeptieren wir die Entscheidung des Betreibers, eine Weiterführung der Station nicht mehr in Betracht zu ziehen. Gleichzeitig erteilen wir der NÖ LGA den klaren Auftrag, dafür Sorge zu tragen, dass jede werdende Mutter in unserem Land auch weiterhin die bestmögliche Betreuung erhält. Unser Ziel in Niederösterreich muss es sein, die qualitativ beste Gesundheitsversorgung zu gewährleisten - von jung bis alt. Dazu braucht es Fachärzte, die dafür sorgen, dass Geburten in Niederösterreich so sicher und komfortabel wie möglich für Mutter und Kind stattfinden können. Fachpersonal, das in Waidhofen an der Ybbs seit Jahren gesucht, aber letztlich nicht in ausreichendem Maße gefunden werden konnte.“

Hergovich/Königsberger-Ludwig (SPÖ): „Geburtenstation in Waidhofen an der Ybbs erhalten!“

Seitens der SPÖ wird gefordert, von Kürzungen bei Spitälern in Niederösterreich abzusehen. „Die österreichische Bundesverfassung garantiert allen Österreichern gleichwertige Lebensbedingungen, egal wo sie leben. Da kann es doch nicht sein, dass man im Zentralraum wohnortnah ein Kind auf die Welt bringen kann und in Waidhofen/Ybbs künftig nicht mehr. Das ist extrem unfair und bestraft Niederösterreicher aus dem ländlichen Raum. (...) Die Geburtenstation ist zu erhalten. Mikl-Leitner, Landbauer und der blaue Landesrat Luisser, der für die Spitalsfinanzierung zuständig ist, müssen diesen Kahlschlag sofort stoppen (...)“, fordert Kontroll-Landesrat Sven Hergovich (SPÖ) Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), Landeshauptfrau-Stellvertreter Udo Landbauer (FPÖ) und Landesrat Christoph Luisser (FPÖ) zum Handeln auf.

Königsberger-Ludwig: „Es gibt keinen Gesamtplan“

Sozial-Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) führt fort: „Leider zeigt diese Schließung, wovor ich seit Jahren gewarnt habe. Es gibt keinen Gesamtplan und deswegen wird jetzt wieder in einer Einzelaktion eine wichtige Abteilung geschlossen und die Gesundheitsversorgung in einer ländlichen Region ausgehöhlt - ohne sich vorher Gedanken gemacht zu haben, wie die Versorgung der schwangeren Frauen gewährleistet werden kann. Nach der Absiedelung der Neurologie in Mauer werden nun abermals Beschäftigte und die Bevölkerung vor vollendete Tatsachen gestellt und im Stich gelassen. Diese Schließung ist abzulehnen, denn sie verunsichert die Menschen und MitarbeiterInnen vor Ort.“

„Damit das alles endlich der Vergangenheit angehört, muss die Absicherung einer hoch qualitativen und flächendeckenden Versorgung für die Zukunft, die sich den Grundfesten des solidarischen Gesundheitssystems verpflichtet fühlt, im Rahmen des kürzlich gestarteten Prozesses für die Erarbeitung eines NÖ Gesundheitspakts außer Streit stehen“, so Königsberger-Ludwig abschließend.

Auf https://bezirkamstetten.spoe.at/petition-geburtenstation hat die SPÖ des Bezirks Amstetten die Petition „Geburtenstation in Waidhofen/Ybbs muss bleiben!“ gestartet.

Neos: „Schnellschuss ohne Plan“

Kritisch äußern sich Neos zur Schließung der Geburtenstation und der Gynäkologie in Waidhofen/Ybbs. Gesundheitssprecherin Edith Kollermann bedauert das Aus für die Abteilungen und spricht von einem „Schnellschuss und fehlender Wertschätzung“.

„Dass eine Betriebsversammlung kurzfristig einberufen wird, um die Betroffenen vor vollendete Tatsachen zu stellen, weckt kein Vertrauen. So sollte ein landesnahes Unternehmen wie die Landesgesundheitsagentur nicht mit ihren Mitarbeitern umgehen. Erst recht nicht, wenn der Fachkräftemangel in diesem Bereich voll durchschlägt und zur Schließung ganzer Abteilungen führt“, so Kollermann.

Sie befürchtet, dass durch die bevorstehende Schließung eine umfängliche Versorgung von Frauen in der Region nicht mehr sichergestellt sei. „Die Frauenmedizin ist sicherlich eine wesentliche Versorgungseinheit in der Region. Dass Scheibbs, Amstetten und Steyr dieses Feld nun abdecken sollen, wirkt nicht wie ein Plan, den man mit allen Konsequenzen durchdacht hat.“

Neos wollen Kontrollrechte auf LGA ausweiten

Kollermann sieht in diesem Zusammenhang aber auch die Landesregierung in der Verantwortung. Denn durch die Auslagerung einzelner Verantwortungsbereiche an landesnahe Gesellschaften – im Fall der Landeskliniken ist die LGA direkt zuständig, habe der Landtag keinen Einblick mehr.

„Die LGA ist eine intransparente Blackbox, die sich dem Fragerecht des Landtags entzieht. Das muss sich schnellstmöglich ändern, denn die Kontrolle dieser Arbeitsbereiche durch den Landtag zählt zu den wesentlichen Merkmalen eines funktionierenden Rechtsstaats. Insofern muss das Fragerecht der Abgeordneten auch für ausgelagerte Gesellschaften im Land gelten“, fordert Kollermann.

Bürgermeister Werner Krammer (ÖVP): „Geht um Sicherheit der Babys und Mütter“

Werner Krammer, Bürgermeister von Waidhofen/Ybbs, betont, dass die Statutarstadt die „jahrelangen Bemühungen des Landesklinikums Waidhofen, die Geburtshilfe aufrechtzuerhalten, immer mit voller Kraft unterstützt habe“.

„Leider ist die Personalsituation der Abteilung bereits seit zehn Jahren angespannt und würde sich auch aktuell noch weiter verschärfen. Es fehlt an ausreichend ärztlichem Personal, weshalb sich die LGA dazu entschlossen hat, die Abteilung mit 24. März zu schließen. Das ist eine Entscheidung, die wir seitens der Stadt bedauern, aber dennoch nachvollziehen können. Immerhin geht es um die Sicherheit der Babys und Mütter und das muss an erster Stelle stehen“, so Krammer.

„Standort des Landesklinikums Waidhofen wird nicht infrage gestellt“

Mit den Kliniken Amstetten und Scheibbs, sei man im Mostviertel sehr gut versorgt. Wichtig sei es Krammer, dass es zu keinem Personalabbau kommen werde: „Wie uns das Landesklinikum informiert hat, gibt es hier enge Abstimmungen mit dem Betriebsrat und der Kollegialen Führung, um individuelle Angebote für das Personal zu finden. Außerdem möchte ich betonen, dass uns versichert wurde, dass der Standort des Landesklinikums Waidhofen durch die Schließung der Abteilung nicht infrage gestellt wird. Die LGA arbeitet gemeinsam mit dem Betriebsrat und der Kollegialen Führung an Konzepten zur bestmöglichen Nachnutzung freiwerdender Kapazitäten.“


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