Poetry-Slam in Amstetten: Wortkunst trifft auf Bühnenfeuer
AMSTETTEN. Der MakerSpace[A“ Amstetten verwandelt sich am 29. November in eine Bühne für starke Stimmen, große Gefühle und pointierte Texte. Dorothea Buchegger, selbst leidenschaftliche Poetry-Slammerin, lädt zu einem Abend, an dem Sprache lebt, berührt und überrascht. Im Tips-Gespräch erzählt die Wieselburgerin, warum Poetry-Slam mehr ist als gereimte Worte – und was das Publikum in Amstetten erwartet.
Tips: Dorothea, was hat dich zum Poetry-Slam gebracht – und erinnerst du dich noch an deinen allerersten Auftritt?
Dorothea Buchegger: Ich schreibe schon immer. Ich habe im Alter von acht Jahren mein erstes Gedicht geschrieben und bis heute nie damit aufgehört. Zum Poetry-Slam bin ich zufällig gekommen, weil ich eine Plattform gesucht habe, bei der ich mich meiner Auftrittsangst stellen kann. Ich habe vor eineinhalb Jahren angefangen an einem Kunstprojekt zu arbeiten, bei dem es notwendig war, selbst einen Abend lang auf der Bühne zu stehen und ich habe schnell gemerkt, dass ich unbedingt mehr Routine brauche. Dass mich die Bühne dann so fängt, hätte ich niemals gedacht, aber ich habe tatsächlich innerhalb der letzten eineinhalb Jahre bereits auf über 40 Bühnen gelesen. Mein erster Auftritt war aber schon vor mehreren Jahren im Rahmen eines Poetry-Slam Workshops. Und da bin ich fast gestorben vor Aufregung! Und bei den ersten 20 Auftritten hab ich mich immer wieder gefragt, warum ich mir das antue, weil ich so nervös war. Aber ich hab einfach gespürt: Das will ich machen, das fühlt sich – trotz der Nervosität – nach meinem Weg an.
Was fasziniert dich an der Kombination aus Dichtung und Performance – also am gesprochenen Wort im Gegensatz zum geschriebenen?
Ich kann gar nicht sagen, dass ich das eine dem anderen vorziehe. Ich mag beides. Bei der Performance find ich schön, dass man die direkte Reaktion vom Publikum hat und fast immer persönlich ins Gespräch kommt. Es gibt aber auch Texte oder Gedichte, die lass ich nur im geschriebenen Zustand und würde sie gar nicht vorlesen wollen ... man gibt ja schon ziemlich viel preis von sich und redet oder schreibt über Dinge, die man normalerweise höchstens mit dem besten Freund oder der besten Freundin bespricht. Aber für mich fühlt es sich trotzdem immer so an, als wäre die Sprache eine Art Schutzschild, durch das ich mich ausdrücken, aber auch gleich abschirmen kann.
Wie entstehen deine Texte – schreibst du spontan aus dem Bauch heraus oder arbeitest du lange an Formulierungen und Performance?
Meistens aus dem Bauch … intuitiv. Aber manchmal auch so richtig nach Plan. Wenn ich zum Beispiel zu einem bestimmtem Thema schreiben will, dann recherchiere ich im Vorfeld auch, mache mir Notizen und arbeite über einen längeren Zeitraum am Text. Aber ich würd sagen, 80 Prozent meiner Texte entstehen aus dem Bauch heraus.
Welche Themen behandelst du vorwiegend?
Ich kann mich nicht auf ein Thema festlegen, aber es geht meistens um meine persönlichen Werte. Dinge, die mir wichtig sind. Ich bin hoffnungslose Optimistin: Auch wenn ich über kontroverse oder schwierige Themen schreibe, wie zum Beispiel über Veganismus, Queerness oder den Nationalsozialismus, dann finde ich immer einen Bogen zum Hoffen. Es gibt nur ganz wenige Texte von mir, die hoffnungslos enden. Also vielleicht würd ich dann doch sagen: Mein Überbegriff zu meinen Texten ist die Hoffnung.
Wie erlebst du die Poetry-Slam-Szene in Niederösterreich oder speziell im Mostviertel – tut sich hier gerade etwas?
Die Szene blüht gerade auf in Niederösterreich, würd ich sagen. Wien ist immer noch der Hotspot, aber in den letzten Jahren haben engagierte und wunderbare Slammerinnen wie Katharina Wenty oder Elena Sarto regelmäßig Slams auch in Niederösterreich gemacht. So gibt es den „slammd“ in Mödling oder den „Donaudichtn“ in Tulln. Im Juni hatten wir in Wieselburg mit dem Kulturverein kultuRleben den Startschuss für den Färberei-Poetry-Slam, der ab 2026 regelmäßig stattfinden wird. Und nun hier im MakerSpace[A“ Amstetten. Der Obmann Günther Sterlike hat mich angefragt, ob ich denn einen Poetry-Slam im MakerSpace[A“ machen würde und wer weiß, vielleicht ist das auch hier erst der Anfang!
Viele trauen sich nicht, selbst auf einer Bühne zu stehen – was würdest du jemandem raten, der Lust hat, es beim nächsten Slam einmal zu versuchen?
Einfach trauen. Die Slam-Szene und das Slam-Publikum sind sehr liebe Menschen. Jeder Auftritt wird honoriert und immer wohlwollend unterstützt. Vielleicht vorab mal einen Slam-Workshop besuchen – davon wird es nächstes Jahr auch welche geben. Das wird alles auf meiner instagram-Seite @dorotheasagt zu finden sein.
Was erwartet die Besucher am 29. November im MakerSpace[A“? Wie läuft ein Poetry Slam eigentlich ab? Was macht den Abend besonders?
Beschrieben wird ein Poetry-Slam immer als ein DichterInnen-Wettstreit. Klingt aber viel ernster als es ist, denn gestritten wird eigentlich nie! Aber man tritt schon gegeneinander an. Mein Vereinskollege Victor Thiery (Obmann von kultuRleben) und ich werden den Abend moderieren. Wahrscheinlich werd ich auch ein bis zwei Texte lesen – außerhalb des Wettkampfes. Es gibt einen fixen Rahmen von meist maximal zehn Dichterinnen und Dichtern, die alle der Reihe nach lesen. Nach jedem Beitrag wird von einer zufällig ausgewählten Jury aus dem Publikum bewertet. Die zwei bis vier Punkthöchsten lesen dann in der zweiten Runde noch je einen weiteren Text. Und dann wird meist mittels Applaus der Sieger oder die Siegerin gewählt. Ich finde, das Besondere am Poetry-Slam generell ist das schamlose Bewerten von Kunst. Alle wissen, dass das eigentlich nicht geht und total subjektiv ist, aber trotzdem machen alle mit und es ist meistens total lustig. Und das Besondere am 29. November ist auf jeden Fall, dass es eine Premiere im MakerSpace[A“ sein wird und die Örtlichkeiten dort ohnehin schon besonders sind! Also sollte man sich das auf keinen Fall entgehen lassen!
Was wünschst du dir, dass das Publikum nach einem Slam mit nach Hause nimmt – Lachen, Nachdenken, Gänsehaut?
Ich persönlich schreibe eigentlich immer nachdenkliche, tiefgehende Texte. Und am aller schönsten ist es, wenn nach dem Slam jemand zu mir kommt und mir sagt, der Text hätte ihn total berührt. Aber das Schöne ist, dass die Poetinnen und Poeten alle so unterschiedliche Texte haben und von politisch über lustig und ergreifend immer alles dabei ist.
Was dürfen wir in Zukunft von dir erwarten – weitere Slam-Abende, eigene Projekte oder vielleicht sogar ein Buch?
Weitere Slam-Abende auf jeden Fall. Ich lese etwa vier Mal pro Monat auf verschiedenen Slams zwischen Salzburg und Wien.
Und eigene Slam-Veranstaltungen wird es, wie gesagt, fix ab kommendem Jahr in Wieselburg in der Färberei geben mit dem Kulturverein kuluRleben.
Eigene Projekte habe ich eigentlich immer parallel laufen. Zurzeit arbeite ich an einem interdisziplinären Kunstprojekt, bei dem ich meine Texte mit Tanz und Musik auf die Bühne bringen will. Dafür suche ich noch geeignete Spielstätten - das wird aber noch bis nächstes Jahr dauern.
Und ein Buch gibt es bereits! Das Buch zu meiner letzten Ausstellung „Resonanzen“, das Bilder und Texte von mir enthält.
Und ein weiteres steht kurz vor der Veröffentlichung. Es heißt „deinetwegen“ und wird ein Gedichtband sein, mit einer Sammlung an Gedichten aus den letzten 25 Jahren.
Beide noch im Eigenverlag, bis ich den richtigen Verlag für mich gefunden hab, oder der Verlag mich!
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