Neuentdeckung im Bauch der "Schlafenden Griechin"
EBENSEE. Die Gassel-Tropfsteinhöhle bei Ebensee ist seit mittlerweile zehn Jahren ein beliebtes Forschungsobjekt von Wissenschaftlern und Höhlenforschern aus ganz Österreich. Nun wurde ein neuer Höhlenteil entdeckt - und nach seiner schwer zugänglichen Lage „Far-far-away“ genannt.
Die Forschungsmöglichkeiten in der Gassel-Tropfsteinhöhle sind zahlreich: Die radiochemische Untersuchung von Tropfsteinen lieferte Einblicke in die Klimageschichte des Alpenraums und in die Höhlenentstehung. Die Vermessung, Kartierung und weitere Untersuchung bislang von Menschen unbetretener Räume ermöglichte Rückschlüsse auf den Wasserhaushalt der Erde und die im Unterirdischen beheimatete Tierwelt. Besonderes Augenmerk wird derzeit auf mit Hilfe von Mikroorganismen unter Wasser wachsende Tropfsteine gelegt. Es ist kaum verwunderlich, dass der erste Nachweis dieser sehr seltenen Tropfsteinformen in Österreich in der Gassel-Tropfsteinhöhle gelang.Forschen als sportliche Herausforderung
Die unter der Ägide des Vereins für Höhlenkunde Ebensee und des Verbands Österreichischer Höhlenforscher veranstalteten Forschungsexpeditionen in den Bauch des Gasselkogels, einem Ausläufer des Erlakogels fordern von ihren Teilnehmern nicht nur fachliche Fähigkeiten, sondern auch sportliche Höchstleistungen ab. Hundert Meter tiefe Schachtsysteme müssen auf den Weg in die Tiefe am Seil bewältigt, Canyons spreizend durchstiegen und Engstellen gemeistert werden. Um das natürliche Gepräge der Höhle bestmöglich für zukünftige Generationen zu erhalten, hat der Verein Regeln erlassen, welche dokumentierten Teile von Forschern gar nicht mehr und nur unter Einhaltung strenger Auflagen betreten werden dürfen. Dabei folgen die Forscher der Luftzirkulation innerhalb des Höhlensystems, der sogenannten Bewetterung. Je nach Außentemperatur wird an einem Höhleneingang Luft angesaugt und an anderen Eingang wieder ausgestoßen, an Engstellen kann diese Luftzirkulation sogar als Wind spürbar werden. Da im Fall der Gassel-Tropfsteinhöhle aber derzeit nur ein Eingang bekannt ist, interessiert die Höhlenforscher die Bewetterung besonders.Neuer Höhlenteil „Far-far-away“
Kürzlich gelang einer zehnköpfigen Expedition beim Verfolgen der Luftzirkulation in rund 100 Metern Tiefe unterhalb des zum Traunsee abfallenden Gasselkogel ein entscheidender Erfolg. Eine bislang nicht beachtete Engstelle entpuppte sich als Durchstieg in den bislang nördlichsten Höhlenteil, der von hohen Klüften, mehreren Hallen und großen Harnischflächen geprägt ist. Diese wurden durch Gesteinsbewegungen im Inneren des Berges glatt poliert und bilden die Decken oder Wände des neuen Höhlenteils, der von ihren Entdeckern aufgrund ihrer isolierten Lage mehrere Stunden vom Eingang entfernt „Far-far-away“ getauft wurde. Bislang konnten nur die ersten 500 Meter der bislang unbekannten Räume begangen werden, eine Vermessung musste aus Zeitgründen auf die nächste Expedition verschoben werden.
Johannes Mattes, Generalsekretär des Verbands Österr. Höhlenforscher, betont die Notwendigkeit einer detaillierten Dokumentation der neu entdeckten Höhlenteile als Basis für deren wissenschaftliche Auswertung: „Die bislang unbekannten Teile der Gassel-Tropfsteinhöhle zeichnen ein völlig neues Bild ihrer Entstehung. Die unter Naturschutz stehende Höhle ist in mehrfacher Hinsicht ein Unikat: Das betrifft das Verhältnis der Größe der Höhle zu der gleichweise geringen Ausdehnung des Karstgebiets, die Anlage des Höhlensystems im Hauptdolomit, einem sonst kaum Höhlen bildenden Gestein, und der in den Nördlichen Kalkalpen sonst unbekannte Tropfsteinreichtum. Solche Höhlen kann man in Österreich an einer Hand abzählen. Jetzt ist es unerlässlich, dass die neu gefundenen Höhlenteile auch ausführlich kartiert und wissenschaftlich untersucht werden.“Gäste sind in der Schauhöhle willkommen
Man muss nicht ein Höhlenforscher sein, um das Innere des Gasselkogels zu Gesicht zu bekommen. Naturbegeisterte Wanderer und Touristen können die mit Treppen und betonierten Wegen ausgebaute Schauhöhle auf einer Länge von 250 m noch bis Mitte September an Sams-, Sonn- und Feiertagen besuchen. Ein angebotener Shuttlebus verkürzt die Gehzeit zur direkt neben dem Höhleneingang liegenden Schutzhütte auf 30 min. Rudolf Thalhammer & Sabina Sonnleitner aus Aurach am Hongar, welche die Schutzhütte in dieser Saison zum ersten Mal bewirtschaften, freuen sich auf Ihren Besuch und stehen für Auskünfte gerne zur Verfügung. Webseite: www.gasselhoehle.at
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