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„Gemeinsam mit den Vögeln in der Thermik zu fliegen ist fantastisch“

Elena Auinger, 23.09.2015 13:19

ENGELHARTSZELL. Wenn die Tage kürzer und die Nächte kälter werden, ist es wieder so weit: Der Herbst ist da und die Zugvögel machen sich auf, um in ihr warmes Winterquartier im Süden zu fliegen. Aber nicht nur Zugvögel fliegen in den Süden. Der Engelhartszeller Walter Holzmüller begleitete 31 Waldrappe in ihr Winterquartier. Im Tips-Interview erzählt er, wie es zu dieser Aktion gekommen ist und warum der Flug mit Waldrappen, die ihm mittlerweile sehr ans Herz gewachsen sind, für ihn so besonders ist.

Die Waldrappe folgen Walter Holzmüller in ihr Winterquartier im Süden.
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Tips: Seit wann begleiten Sie die Migration von Waldrappen?

Walter Holzmüller: Ich wurde 2006 vom Projektleiter angerufen, ob ich ein doppelsitziges Fluggerät besäße, das nur 45 km/h auf Dauer fliegen könne. Wenige Tage später machten wir nebst anderen „Bewerbern“ Testflüge mit Waldrappen. Es stellte sich heraus, dass sich unser Fluggerät mit dem großen Spezialgleitschirm wunderbar eignet und meine Flugerfahrung gut gebraucht werden würde. Seitdem sind meine Frau Edith und ich Teil des Waldrappteams – zumindest für die Zeit des Flugtrainings mit den jungen Waldrappen und deren Migration ins Wintergebiet in der Toskana.

Tips: Warum müssen die Waldrappe in den Süden begleitet werden?

Holzmüller: Waldrappe sind Zugvögel. Da sie quasi ausgestorben sind, fehlt es an Eltern, die den Jungvögeln die Zugroute zeigen könnten. Im April bekommt das Waldrappteam aus Zoopopulationen die zwei bis drei Tage alten Küken, die dann von menschlichen Zieheltern großgezogen werden und auf diese Menschen geprägt werden.

Tips: Wie läuft die Migration ab?

Holzmüller: Schon beim Füttern werden die Küken mit dem Flugmotorengeräusch, dem Ruf der Zieheltern vertraut gemacht. Sobald die Vögel flügge sind, beginnt das Flugtraining. Zuerst das Kennenlernen von Schirm und Gerät und dann die ersten kleinen Hüpfer bis hin zu den Trainingsflügen.

Tips: Wie groß ist das Team?

Holzmüller: Johannes Fritz leitet das Projekt. Weiters sind bei dieser Migration zwölf Erwachsene sowie drei Kinder und drei Hunde dabei gewesen. Die Aufgaben sind vielfältig. Die Zieheltern kümmern sich ausschließlich um die Vögel. Der Rest fungiert als Begleitteam, kümmert sich um das Aufstellen der Voliere an jedem Etappenziel, um die Verpflegung und organisatorische Dinge.

Tips: Gibt es einen genauen Zeitplan für die Migration?

Holzmüller: Die Migration startet immer Mitte August. Das ist der Zeitpunkt, an dem die Vögel schön langsam in Zugstimmung kommen. Danach bestimmen die Vögel und das Wetter. Natürlich werden Routen geplant und nach Möglichkeit wird genau dorthin geflogen.

Tips: Wenn Sie an Ihren ersten Flug mit den Vögeln zurückdenken: Welche Erinnerungen haben Sie an dieses Erlebnis?

Holzmüller: Es ist einzigartig, wenn die Waldrappe das erste Mal ganz nahe beim Fluggerät fliegen, sodass man sogar den Flügelschlag spürt. Dann mit den Vögeln in der Thermik zu fliegen ist für mich als langjährigen Gleitschirmflieger, der ich unzählige Tausend Kilometer ohne Motor nur mithilfe der Thermik hinter mich gebracht habe, fantastisch.

Tips: Wird der Flug zur Routine?

Holzmüller: Ja. Man lernt den Charakter der Vögel und ihre Vorlieben beim Fliegen schon kennen, auch wenn jedes Jahr neue Jungtiere mit mir fliegen. Man muss immer aufmerksam sein, dass kein Vogel zurückbleibt, sie beim Steigflug nicht überfordern und schauen, dass ihnen nicht langweilig wird.

Tips: Was passiert, wenn Waldrappe nicht folgen oder nur ein paar Tiere mitfliegen und die anderen wieder umdrehen?

Holzmüller: Es kann sein, dass Waldrappe nicht die ganze Etappe und zurück zum Etappenstart fliegen. Dort werden sie von den Zieheltern eingefangen und mit dem Auto zu ihren Artgenossen gebracht. Das ist meist nur ein ganz kleiner Teil der Vögel, die nicht die ganze Migration fliegen.

Tips: Sind Ihnen die Tiere ans Herz gewachsen?

Holzmüller: Ja, ich bin begeistert von den Waldrappen, weil sie so viel Persönlichkeit und Liebenswürdigkeit haben. Natürlich auch, weil sie so hervorragende Flieger sind. Aber es ist toll, dass sie fortan frei leben können und ich zur Wiederansiedelung des Waldrapps in Österreich beitragen kann.


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