Großes Interesse am Dokumentarfilm „Codename: Spielwarenfabrik“ in St. Valentin
ST. VALENTIN. Im Valentinum wurde der Dokumentationsfilm „Codename: Spielwarenfabrik – Das Panzerwerk St. Valentin“ gezeigt.
Die Präsentation des Dokumentationsfilmes „Codename: Spielwarenfabrik – Das Panzerwerk St. Valentin“ stieß bei der Premiere im Valentinum auf derart großes Interesse, dass er zweimal gezeigt werden musste.
Der Film von Martina Hechenberger und Thomas Hackl berichtet von einem der drei größten Panzerwerke des „Dritten Reichs“, in dem unter massivem Einsatz von Arbeitskräften unter unmenschlichen Bedingungen rund 5.000 Panzer für den Zweiten Weltkrieg gefertigt wurden. Zu den Arbeiterinnen und Arbeitern zählten auch Häftlinge des KZ Mauthausen. Das Werk wurde bei einem Fliegerangriff 1944 zerstört. Den KZ-Häftlingen wurde es verboten, während des Bombardements Schutz zu suchen.
Zeitzeugen und Interviewpartner
Die ORF-lll-Produktion beleuchtet mit Hilfe von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen sowie Historikerinnen und Historikern die Geschichte der Produktionsstätte.
In dem Film kommen die Historiker Bertrand Perz, Josef Reisinger sowie die Historikerin Waltraud Neuhauser-Pfeiffer und die Zeitzeugen Anni Steininger, Maria Rutmann, Erich Kollmann, Fritz und Hubert Blatterer sowie Karl Strässler zu Wort.
Trotz der Dimension dieses Panzerwerkes war es der heutigen Bevölkerung nicht bewusst, was genau dort passiert war. Bürgermeisterin Kerstin Suchan (SPÖ) erklärte, dass in St. Valentin zwar bewusst war, dass in Herzograd ein Panzerwerk war und dass dort KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter zu Tode geschunden wurden. Aber das Ausmaß des Grauens war der breiten Bevölkerung nicht wirklich bewusst.
Abenteuerspielplatz
Für Jugendliche der 60er-, 70er- und 80er-Jahre war die Stätte ein Abenteuerspielplatz.
Der Fotograf Wolfgang Simlinger, der in Langenhart aufgewachsen ist, berichtet, dass sich die Kinder und Jugendlichen dort gern aufgehalten hatten. „Da gab es die Panzerlacke, in der wir Molche und Frösche, Ringelnattern und Äskulapnattern beobachten konnten.“ Auch die Bunker wurden von den Kindern erforscht.
In dem Gelände wurden von den damaligen Steyrwerken Testfahrten durchgeführt. Und wenn Kinder den Fahrer kannten, durften sie manchmal mitfahren.
Ein weiterer Anziehungspunkt waren die zahlreichen Bombentrichter. Diese wurden von der Bevölkerung als Mülldeponie verwendet und das Durchstöbern von Müll war für die Buben interessant. Da fanden sich Teile von Fahrrädern oder Mopeds, die die Buben ausbauten.
„Was dort wirklich passiert ist, hat uns niemand erzählt. Es hat nur vage Gerüchte gegeben“, so Simlinger.
An ein Erlebnis im Jahr 1979 kann sich Simlinger erinnern. Er war mit seinem Großvater am Gelände der Panzerfabrik unterwegs, als sie einen Mann antrafen, der sich verdächtig verhielt. Was es mit dem Mann für eine Bewandtnis hatte, wurde Simlinger bald klar: Christoph Leitl, der spätere Präsident der Wirtschaftskammer Österreich, wurde entführt. Er entkam seinen Entführern, die geplant hatten, ihn in einem der verlassenen Bunker des Panzerwerks zu verstecken. Der Mann, den Wolfgang Simlinger beobachtet hatte, war dort, um das Gelände zu erkunden.
Anna Strasser
Das mangelnde Wissen um die Panzerwerke war auch eine Folge von Desinteresse, denn die Widerstandskämpferin und spätere Ehrenbürgerin Anna Strasser (1921-2010) hatte ihr Leben lang von dem berichtet, was sie in Herzograd erlebt hatte.
Der Film „Codename: Spielwarenfabrik – Das Panzerwerk St. Valentin“ zeigt diese dunkle Seite der Stadt St. Valentin, der sich die Bevölkerung nun stellt.
In ORF III wurde der Film am 6. Mai ausgestrahlt und ist seither in der ORF-TVthek abrufbar.
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