Café Vielfalt schließt seine Pforten: Wirtschaftliche Gründe zwingen zur Aufgabe
ENNS. Nach neun Monaten muss das Café Vielfalt im Schloss Ennsegg seine Türen schließen. Wie auf der Homepage des inklusiven Gastronomiebetriebs bekanntgegeben wurde, sei der Schritt „aufgrund gesundheitlicher Gründe und vor allem der wirtschaftlichen Lage“ notwendig geworden. Die Schließung erfolgte mit 1. August. Alle Veranstaltungen, darunter das Sommerfest, sind abgesagt.
Wie Geschäftsführerin Michaela Grafenberger gegenüber Tips erklärt, sei insbesondere die hohe Miete ein finanzieller Dauerbelastungsfaktor gewesen. „Formell ist die Schließung noch nicht, aber sie ist endgültig – und in dieser Form wohl leider für immer“, so Grafenberger. Einen letzten Hoffnungsschimmer sieht sie in einem möglichen neuen Standort, sollte sich ein Mentor oder Großinvestor finden, „der an diese inklusive Idee glaubt“. Alternativ könne man das Konzept - allen voran das zuletzt zehnköpfige Team - auch in einem bestehenden Lokal fortführen und beschäftigen – sofern man dort ohne Mietkosten arbeiten könne.
Für immer ein Team
Die emotionale Bindung zum Team ist für die ausgebildete Lebens- und Sozialberaterin das Schmerzhafteste an der Schließung: „Wir sind in den letzten Monaten sehr zusammengewachsen. Einer meiner Mitarbeiter sagte zu mir: 'Ich geh jetzt woanders hin arbeiten – aber du holst mich dann wieder zurück, Michaela, oder?'“, erzählt sie unter Tränen.
Komplexes Mietverhältnis
Das Café Vielfalt war Untermieter im ehemaligen Schlosscafé. Hauptmieter der Räumlichkeiten ist weiterhin Peter Holzweber, der frühere Betreiber des Lokals. Die Fläche selbst hat die Stadtgemeinde Enns – wie auch den Georgenbergsaal oder Räume für die Landesmusikschule – angemietet.
Kritik an fehlender Förderung
Grafenberger äußert deutliche Kritik daran, dass sie als Privatperson keine Fördermittel erhalten habe: „Ich hatte dieselben Ziele wie etwa die Caritas – Menschen mit Beeinträchtigung in den Arbeitsmarkt zu integrieren – aber Unterstützung habe ich keine bekommen.“ Sie habe ihre Mitarbeitenden nicht nur beschäftigt, sondern darüber hinaus individuell begleitet – etwa bei Formularen, Bewerbungen oder einfach im Alltag. „Jeder einzelne meiner Mitarbeitenden ist in dieser Zeit gewachsen. Genau das bricht mir das Herz“, sagt sie.
Ennser Bürgermeister Christian Deleja-Hotko (SPÖ) zeigt sich von der Schließung überrascht: „Ich hatte zuletzt vor rund vier Wochen ein Gespräch mit Frau Grafenberger und einem Unternehmensberater, bei dem mir konkrete Maßnahmen für einen Weiterbestand des Café Vielfalt präsentiert wurden. Diese waren für mich nachvollziehbar und schlüssig. Daher war ich sehr überrascht, als ich von der Schließung erfahren habe. Ich bedaure sehr, dass dieses Projekt, das eine große Bedeutung für die integrative Beschäftigung in Enns hatte, zu Ende gegangen ist, und wünsche Frau Grafenberger alles Gute für die Zukunft.“
Hürde: fehlender Verein
Auch Vizebürgermeister und Sozialreferent Stefan Bauer (SPÖ) betont im Gespräch mit Tips, dass Unterstützung aus kommunalen Mitteln grundsätzlich möglich gewesen wäre – allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen: „Wenn unsere Förderrichtlinien greifen, hätten wir zumindest helfen können. Da reden wir von einer Monatsmiete, die wir fördern können – aber dafür hätte ein Sozialverein gegründet werden müssen.“ Grafenberger habe sich für eine andere Rechtsform entschieden, offenbar nach steuerlicher Beratung. Ohne Trägerverein sei jedoch keine Förderung über die gängigen kommunalen Modelle möglich gewesen. „Das war von Anfang an klar. Die Idee war ein Traum, aber als private Initiative war das langfristig nicht zu stemmen“, so Bauer weiter. Er hebt hervor, dass vergleichbare Projekte – etwa bei kirchlichen oder sozialen Trägern – über den nötigen strukturellen Hintergrund verfügen, um langfristig bestehen zu können. „Allein geht das leider nicht.“
Wie geht es weiter?
Ob das Café Vielfalt an einem anderen Ort oder unter einem neuen Träger eine Zukunft hat, ist derzeit offen. Die Hoffnung lebt – getragen vom Wunsch vieler Beteiligter, dass die inklusive Idee nicht ganz verloren geht.
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