Apotheker Andreas Hoyer: Ich wünsche mir mehr Wertschätzung
MOSTVIERTEL. Den Apotheken kommt in der Pandemiezeit besondere Bedeutung zu. Tips-Redakteur Norbert Mottas bat Andreas Hoyer, Obmann der Landesgruppe Niederösterreich des Österreichischen Apothekerverbandes, zum Interview.
Tips: Gibt es für die Apotheken besondere Herausforderungen in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie?
Hoyer: Ja, wir müssen viele Schutzmaßnahmen für unsere Kunden und uns selbst organisieren. Selbst bei Infektionen in unseren Betrieben müssen wir die Versorgung mit Arzneimitteln garantieren und sicherstellen. Die Politik macht uns auch nicht immer das Leben leicht, denn neue Vorschriften oder Vorsorgemaßnahmen wie zum Beispiel die Coronatests kommen sehr schnell und verlangen von uns hohen Organisationsaufwand und Personaleinsatz.
Tips: Die Apotheken sind wichtige Anlaufstellen, wenn es um Fragen zur Gesundheit geht. Welche Fragen stellen Kunden zum Thema Corona?
Hoyer: Hauptthema ist aktuell die Coronaimpfung. Vor einigen Wochen waren es Fragen bezüglich des Impfstoffes von Pfizer, denn in vielen Foren wurden teilweise haarsträubende Informationen gegeben. Aktuell ist es die Verunsicherung über die Wirksamkeit des Astra Zenica-Impfstoffes bei den neuen Mutationen aus England, Südafrika und Brasilien.
Tips: Gibt es unter den Kunden auch Maskenverweigerer? Kann man diese zum Tragen der Maske bewegen, so lange sie in der Apotheke sind?
Hoyer: Ja, bei uns werden sie zum Schutz der anderen Kunden nochmals informiert und bei Nichteinsichtigkeit aufgefordert, die Apotheke zu verlassen und vor der Türe zu warten, bis sie im Freien bedient werden. Die Anzahl der Maskenverweigerer war bei uns immer sehr gering und in letzter Zeit nicht mehr vorhanden.
Tips: Manchmal muss man aufgrund der Zutrittsbeschränkungen warten, bis man die Apotheke betreten darf. Gibt es da auch Unmutsäußerungen?
Hoyer: Eigentlich nicht, da wir nur sehr kurze Wartezeiten von maximal fünf Minuten haben und zum Beispiel in St. Valentin den Zugang so gestaltet haben, dass die Leute windgeschützt und in einem beheizten Teil warten. Wir haben am Land sicherlich den Vorteil, dass die Leute weniger gestresst sind als in den Ballungszentren. Hier habe ich in meiner Funktion als Vertreter der selbstständigen Apotheker schon Beschwerden beantworten müssen.
Tips: Seit das Testen zum Beispiel für den Friseurbesuch vorgeschrieben ist, gibt es einen Run auf Test-Stationen – auch in Apotheken. Wie lange wird diese Zusatzleistung erforderlich sein?
Hoyer: Grundsätzlich finde ich das Konzept gut, weil damit die Anzahl der Testungen erhöht wird und dadurch auch mehr symptomlose Personen erkannt werden können. Die Frequenz bei den Teststationen war ohne diesen sanften Druck ja nicht besonders groß. Wir Apotheken wurden von der Politik sehr kurzfristig ersucht, die öffentlichen Teststationen zu unterstützen und Bestätigungen für körpernahe Dienstleistungen auszustellen. Wir sind dieser Bitte der Politik gerne nachgekommen und haben bis heute 800 Apotheken mit Testmöglichkeiten geschaffen und eine Verrechnung mit der Gesundheitskasse vereinbart. Damit ist das Testen für jeden kostenlos. Grundsätzlich sollte das Testen so lange beibehalten werden, bis das Virus unter Kontrolle und ein Großteil der Bevölkerung geimpft ist.
Tips: Welche Rolle werden Apotheken spielen, wenn das Impfen auf breiter Basis möglich sein wird?
Hoyer: Wir Apotheken sehen uns als wichtiger Partner im Gesundheitssystem – auf den auch in Krisenzeiten Verlass ist. Wir haben beim ersten Lockdown unsere Standfestigkeit bewiesen und waren auch dann im vollen Umfang erreichbar, wenn andere Gesundheitsanbieter ihre Ordinationen auf Notbetrieb umgestellt oder geschlossen hatten. Impfen ist für uns Apotheker ein wichtiger Bestandteil der Vorsorge. In vielen Ländern Europas dürfen Apotheken schon impfen und dadurch wurde die Durchimpfungsrate und Dokumentation stark verbessert. Wir können durch diese Dienstleistung einerseits die Ärzte entlasten, die mit den geplanten Coronaimpfungen sehr hohem Arbeitsdruck ausgesetzt sind und andererseits den Kunden Wege und Zeit ersparen. Schon 2020 wurden durch die Pandemie etwa viele Zeckenimpfungen nicht durchgeführt und dadurch haben wir mit über 200 Zeckenerkrankungen einen langjährigen Höchstwert erreicht. Um impfen zu dürfen, hat die Apothekerkammer ähnlich dem Schweizer Model eine sehr intensive und moderne Impfausbildung zusammengestellt. Das Wissen über Impfungen gehört außerdem zum Ausbildungsplan im Pharmaziestudium.
Tips: Hast du einen Appell an die Regierung?
Hoyer: Ja mehrere: Ich wünsche mir eine der aktuellen Situation entsprechende Wertschätzung der Leistung unserer Mitarbeiter in den Apotheken und nicht ein Übersehen, weil wir ja sowieso immer da sind. Wir testen aktuell in den Apotheken, sind einem hohen Infektionsrisiko ausgesetzt und sind aber in der Impfstrategie leider ganz weit nach hinten gereiht worden. Das schmerzt mich sehr. Ich wünsche mir eine aktive Einbindung in das Coronaimpfkonzept und eine Erlaubnis, wichtige Impfungen wie Zecken, Grippe und Corona in den Apotheken durchzuführen zu dürfen. Wir können durch unser Wissen, den niederschwelligen Zugang und die hohe Anzahl an Kundenkontakten alle Fragen zu den Impfungen und eventuellen Impfängsten beantworten. Dadurch wird das Gesundheitssystem entlastet und die Durchimpfungsraten schneller erhöht.
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