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Als Kaiser Karl VI. in Freistadt die heile Welt fand

Mag. Claudia Greindl, 20.08.2024 18:00

FREISTADT. Es war im Jahr 1732, als es sich begab, dass Kaiser Karl VI. von Prag nach Linz reiste. Am 22. August nächtigten der Kaiser und sein Gefolge in Freistadt. Alois Preinfalk, Stadtamtsleiter in Ruhe, hat diesen historischen Besuch in akribischer Archivarbeit nachverfolgt.

Karl VI. um 1716, gemalt von Johann Kupetzky (Foto: Birgit und Peter Kainz/Wien Museum)
Karl VI. um 1716, gemalt von Johann Kupetzky (Foto: Birgit und Peter Kainz/Wien Museum)

Kaiser Karl VI. reiste 1732 von Prag nach Linz zur Erbhuldigung der Oberösterreichischen Stände. (In dieser Zeremonie gelobten die Landstände als Repräsentanten des Landes dem neuen Landesfürsten Treue und Unterstützung, Anm. d. Red.) Am 22. August war die Übernachtung des hohen Herren in Freistadt vorgesehen.

Sauber sollte es sein

Schon sechs Wochen zuvor war die Bürgerschaft vor dem Rathaus vom kaiserlichen Besuch informiert und aufgefordert worden, in und außer den Häusern für Sauberkeit zu sorgen und die da und dort vorhandenen Mist- und Schutthaufen hinweg zu räumen. Zur angeordneten Ausbesserung der Straße von der Schmiedgasse bis zur heutigen Lasbergerkreuzung mussten mehr als 50 städtische Untertanen (Bauern) mit Ochsen- und Pferdegespannen in 155 Tagen 1.260 Fuhren Material herbeischaffen und unzählige Tagwerker Handdienste verrichten. Über die Reparierung und Pflasterung der Schmiedgasse heißt es in Preinfalks Aufzeichnungen aus den Archiven: „Vom 7. Juli bis 16. August 1732 haben elf Bauern [...“ Material transportiert. So hat z. B. der Manzenreiter Bauer zwei Pferde und sechs bis acht Ochsen gleichzeitig eingespannt, der Fossenbauer vier Ochsen und der Semmelbauer aus Summerau zwei Pferde und vier Ochsen. Auch der Pischinger und der Zimmerhofer aus Oberrauchenödt fuhren mit Wägen, die mit einem bis zwei Pferden und bis zu vier Ochsen bespannt waren.“

Armut blieb unsichtbar

Es war auch alles zu unternehmen, dem Herrscher eine heile Welt vorzugaukeln. Um die große Armut in der Bevölkerung nicht zu zeigen, war darauf zu achten, dass arme Leute und Bettler für die hohen Gäste nicht sichtbar waren. Im Besonderen sei ein Auftritt „deren eingelegten Pettlern auf den Straßen und Gassen bei der bevorstehenden Ankunft Ihrer Kaiserlichen Majestät zu unterbinden“.

Mit Handabhacken bedroht

Zur Unterbringung des Hofstaats wurden Häuser ausgewählt und diese mit Nummern und Zeichen markiert. Diese durfte niemand auslöschen, sonst hatte er mit der Strafe des Handabhackens zu rechnen. Für die kaiserliche Suite wurden das Rathaus und das benachbarte Capellerische Haus (heute VKB-Bank) ausgewählt und umfangreich saniert. Für den Bürgermeister gab es kein Zögern, es galt die Chance zu nutzen, sich und die Stadt dem Kaiser von der besten Seite zu präsentieren. Ohne Widerspruch wurden alle Aufträge ausgeführt: Öfen abtragen, Mauern zur Verbindung der beiden Häuser durchbrechen, Türen zumauern, Türöffnungen vergrößern, Böden pflastern, alle Räume säubern und ausmalen, Zimmer ausräumen und neu möblieren, eine Mundtafel nach den vorgegebenen Maßen samt anderen Möbeln für die beiden Majestäten aufstellen, Vorhangstangen vor allen Fenstern anbringen und Fenstergläser erneuern. Für die Betten mussten zwei Schober Stroh geliefert werden. Die kaiserliche Suite erstreckte sich über beide Häuser im ersten Obergeschoß. Auf dem Platz vor den Häusern baute man eine Hofküche auf, versehen mit zwei Kochherden und zwölf Windöfen.

Fastenspeisen serviert

Nachdem der 22. August ein Freitag war, musste auf das Fastengebot peinlich genau Rücksicht genommen werden. Anstatt Fleisch gab es daher eine reich sortierte Auswahl an Fischen: Karpfen, Hechte, Forellen, Hausen, Ruten, Grundeln, Schleien und Äschen sowie neben 58 Fröschen 80 große und 240 kleine Krebse.

Für den Fall der Fälle war man aber auch gerüstet, indem zwei gemästete Hendl und vier „Kapaunerl“ bereitgehalten wurden. Von den sonstigen Viktualien stechen 46 Artischocken besonders hervor. Was in Freistadt nicht zu bekommen war, wie Fische, Obst und verschiedene Kräuter, hatte der Stadtschreiber in Linz organisiert. „Zur besseren Frischhaltung“ sollten die Lebensmittel in der Nacht, spätestens um fünf oder sechs Uhr Früh, an Ort und Stelle geliefert werden. Nach diesen umfangreichen Vorbereitungen durch die Stadt wurde Karl VI. samt der Kaiserin und der mitgereisten Entourage mit gebührendem Pomp am frühen Abend vor dem Frauentor (heute Böhmertor, Anm.) empfangen. Vier Prälaten, vier Adelige aus dem zweiten und dritten Stand sowie vier Vertreter der landesfürstlichen Städte standen an der Spitze des Empfangskomitees.

Die kaiserlichen Majestäten bekamen die Stadtschlüssel auf einem samtenen Polster übergeben. Die mit Ober- und Untergewehr ausgerüstete Bürgerschaft eskortierte sie, die renovierte Stadtfahne voran tragend, mit klingendem Spiel auf den Platz, wo sie unter Abfeuerung des Geschützes, dem Läuten aller Kirchenglocken und einer Parade des Graf Philipischen Dragonerregiments um 18.30 Uhr eingelangten. An der Stiege zu ihrem Nachtquartier wurden sie von der hochrangigen Abordnung der Stände und denen zur Aufwartung deputierten Landschaftsmitgliedern erwartet. Es folgte die Audienz der Begrüßungsgäste, bei der die Majestäten Präsente überreicht bekamen. Kaiser und Kaiserin brachen am folgenden Morgen, dem 23. August, gegen 7 Uhr nach Linz auf, nachdem sie im Kapuzinerkloster die Messe besucht und dem Spital eine Kurzvisite abgestattet und dort ein Almosen gespendet hatten.

Elf Jahre später spielte sich in Freistadt ein ganz ähnliches Szenario ab, als Kaiserin Maria Theresia in gleicher Mission wie ihr Vater unterwegs war und am 18. Juni 1743 gemeinsam mit dem Kaiser und ihrer ältesten Tochter in Freistadt ihr Nachtlager aufschlug. Mehr über Maria Theresias Besuch in der Stadt gibt es online hier zu lesen.


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