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Unklare Rechtslage knebelt private Tierschützer – Tierheim ist überbelegt

Mag. Claudia Greindl, 26.07.2017 10:00

BEZIRK FREISTADT. Helle Aufregung bei zahlreichen ehrenamtlichen Tierschützern: Durch das neue Tierschutzgesetz dürfen Vereine ohne behördlich bewilligte Tierhaltung Hund, Katz & Co. nicht mehr öffentlich zur Vermittlung anbieten. Umso mehr Tiere landen im Freistädter Tierheim, das gerade zur Urlaubszeit ohnehin aus allen Nähten platzt. Ein Hoffnungsschimmer: Die Politik will die missglückte Gesetzesnovelle reparieren.

  1 / 3   Nicht nur unzählige Hunde und Katzen, auch viele Wildtiere gibt es im Tierheim Freistadt von Karin Binder und ihrem Team derzeit zu betreuen. Foto: Binder

Das Tips-E-mail-Postfach quillt über vor Nachrichten von erbosten Tierschützern, die sich die Weitervermittlung von geretteten Tieren, vornehmlich Hunden, nicht einfach verbieten lassen wollen. Seit 1. Juli 2017 gilt die neue gesetzliche Regelung, nach der es nur noch gewerblichen Anbietern, Züchtern, Landwirten oder eben bewilligten Tierheimen erlaubt ist, Tiere öffentlich und über das Internet anzubieten und zu vermitteln. Ziel ist vornehmlich, den illegalen Welpenhandel über die Staatsgrenzen zu unterbinden.

„Uns sind Hände gebunden“

„Das ist ja positiv, aber so, wie der Gesetzestext formuliert ist, sind uns derzeit die Hände auch bei der Vemittlung von erwachsenen Tieren völlig gebunden“, sagt Elke Lienher aus Sandl, Obfrau von „Wir für Mensch und Tier“. Der Verein verfügt über keine behördlich bewilligte Haltung und kann Tiere nur aufnehmen, wenn andere wieder ein Zuhause gefunden haben. Auf Anfragen, ob die gesetzliche Übergangsfrist für die erlaubte Tiervermittlung bis Mitte nächsten Jahres für den kleinen Verein gilt, hat Lienher bisher vom zuständigen Gesundheitsministerium nur Antworten ohne Aussagekraft erhalten. „Wir werden daher keine Tiere vermitteln, solange unser Status nicht geklärt ist“, sagt die Tierschützerin, die bisher nur österreichische Hunde vermittelt hat und mit Sachspenden ein ungarisches Tierheim unterstützt (siehe Infobox).

Novelle nicht ausgereift

Amtstierarzt Alfred Weinberger hält die Novelle zum Tierschutzgesetz für noch nicht ausgereift: „Es gibt noch nicht einmal einen Katalog der Kriterien, die Tierschutzvereine für eine Bewilligung der Tierhaltung erfüllen müssen, wie zum Beispiel der Flächenbedarf; auch die Anträge müssen erst ausgearbeitet werden.“

Platzprobleme im Tierheim

Kurioserweise verstärkt die unklare Gesetzeslage das Platzproblem in den genehmigten Tierheimen: Bei Karin Binder im Tierheim Freistadt werden derzeit 20 Hunde, hundert Katzen und zahlreiche Wildtiere betreut. „Ich bin am Limit, was Platz und Arbeitsaufwand angeht.“ Durch das Verbot von privaten Inseraten werden zum einen mehr Tiere ausgesetzt, zum anderen steigt auch die Zahl der Hunde, die Tierschutzvereine aus dem Ausland gerettet und vermittelt haben. „Da ist viel Schindluder getrieben worden, dem ein Riegel vorgeschoben gehört – allerdings hätte die Gesetzesnovelle besser mit dem Tierschutz abgesprochen werden müssen“, sagt Binder.

Gesetzes-Reparatur noch vor Wahl im Herbst

Der Sturm der Entrüstung in der Szene macht offenbar aber nun in der Politik Wind: Der Verfassungsgerichtshof wird sich nach Beschwerde des Wiener Tierschutzverbands mit der Causa beschäftigen, und im Parlament soll das Gesetz noch vor der Wahl im kommenden Oktober repariert werden.

Hunde aus dem Ausland retten - pro und contra

Sollen Tiere, vornehmlich Hunde, aus dem Ausland, gerettet und in Österreich weitervermittelt werden? Diese Frage entzweit die Tierschützer in der Region. Beim Verein Tierschutz Thierberg in Hirschbach werden Hunde auch aus Ungarn und Serbien nach drei Monaten Quarantäne und tierärztlichem OK weitervermittelt. Maximal zehn bis zwölf Hunde sind im Tierschutzhaus untergebracht. „Unsere Hunde können ins Freie und sind gut untergebracht. Leider gibt es auch desolate Pflegeplätze, das gehört unterbunden“, sagt die ehrenamtliche Mitarbeiterin Heidi Wieshofer.

„Genügend österreichische Tiernotfälle“

Gegen den Import von herrenlosen Hunden aus aus ausländischen Tötungsstationen ist Elke Lienher vom Verein „Wir für Mensch und Tier“ in Sandl. „Es gibt genügend österreichische Tiernotfälle, wir unterstützen lieber ein ungarisches Tierheim mit Sachspenden.“ Durch Aufklärung vor Ort und Verhandlungen mit dem Bürgermeister habe die Betreiberin des betreffenden Tierheims in Ungarn die Schließung einer Tötungsstation für Streunerhunde erreicht.

Strikte Gegnerin von Tierimporten ist Karin Binder vom Tierheim Freistadt: „Es klingt hart, aber es ist unmöglich, alle Tiere zu retten. Unter den nach Österreich geholten Tieren sind viele Problemhunde mit mangelnder Sozialisierung, die über kurz oder lang wieder bei uns im Tierheim landen, weil sie zum Beispiel ein Kind gebissen haben“, sagt die Freistädterin. Sie tritt für Tierschutz vor Ort im Ausland ein, etwa in Form von großflächigen Kastrationsaktionen. „Ein Hund, der Menschen gebissen hat, braucht im Tierheim eine Resozialisierungsphase von eineinhalb Jahren – und nicht jedes Tier kann danach weitervermittelt werden“, sagt die Tierheimbetreiberin.

In Ausnahmefällen wird eingeschläfert

In Ausnahmefällen kann es dann auch vorkommen, dass auf Beschluss eines Komitees Tiere eingeschläfert werden. Geschehen ist dies in Freistadt etwa im Fall der zwei Schäfer-Dobermann-Mischlinge, die einem Unterweißenbacher 2013 ein Ohr abgebissen hatten.


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