Anpassung an den Klimawandel ist genauso wichtig wie der Klimaschutz
MÜHLVIERTLER ALM. Trockenheit, mehr Hitzetage, Starkregen-Ereignisse: Seit Mitte der 1980er Jahre sind die Auswirkungen des Klimawandels nicht nur aus der Statistik auch in unserer Region deutlich geworden. „Die Anpassung an den Klimawandel ist genauso wichtig wie klimaschützende Maßnahmen“, fasste Meteorologe Alexander Ohms bei der Veranstaltung „Klimawechsel – unsere Chance“ zusammen.
Der Experte von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) stellte seinen Beitrag unter das Motto „Klimawandel zwischen Verharmlosung und Panikmache“. „Der feuchtere Sommer 2020 bedeutet noch kein Ende des Trends zur Klimaerwärmung, es gab im 19. und 20. Jahrhundert immer wieder kältere und wärmere Phasen“, präzisierte Ohms. Dabei würden wir ohne menschliches Zutun aus einer derzeit günstigen Warmzeit eigentlich der nächsten Eiszeit entgegen gehen.
Ohne Treibhauseffekt wäre Erde eine Eiskugel
„Ohne natürlichen Treibhauseffekt wäre die Erde eine Eiskugel, jedoch sorgt der Mensch mit seinen Emissionen dafür, dass der Treibhauseffekt immer stärker wird.“ Die Folge: Großräumige Luftströmungen verändern sich, Hochdruckphasen werden länger. Die Messdaten im Raum Freistadt, wo es seit etwa 1870 Aufzeichnungen gibt, weisen seit den 1970er und 80er Jahren eine durchschnittliche Erwärmung von 2 °C auf – Tendenz steigend, wenn es kein Gegensteuern gibt.
Pariser Klimaziel ist bereits unerreichbar
Alexander Ohms: „Jetzt kann man noch steuern, obwohl das Pariser Klimaziel (Begrenzung der menschengemachten globalen Erwärmung auf deutlich unter 2 °C gegenüber vorindustriellen Werten) eigentlich schon unerreichbar ist. Die Emissionen müssten schon jetzt deutlich sinken.“ Geschieht das nicht, sind die Auswirkungen in OÖ bis 2050 noch nicht so deutlich spürbar. Bis zum Jahr 2100 könnte der Temperaturanstieg ohne Gegensteuern jedoch auf bedrohliche 3,9 °C ansteigen.
Bis zu plus 5 Grad im Mühlviertel
„In den höher gelegenen Regionen des Salzkammerguts und des Mühlviertels, die noch sensibler für Erwärmung sind, könnte es beim worst case bis 5 °C wärmer werden – das bedeutet 90 bis 100 Hitzetage über 30 °C im Jahr“, skizzierte Ohms. Schon jetzt seien die Auswirkungen des Klimawandels in der Region direkt erfahrbar und begreifbar: Temperaturen steigen, die Schneefallgrenze ebenfalls, es gibt mehr Sonnenstunden, Wetterlagen halten länger an, Gewitterregen wird nicht mehr, jedoch intensiver.
Vegetationsperiode um 14 Tage länger
Seit 1986 hat die Vegetationsperiode um 14 Tage zugenommen und setzt vor allem im Frühjahr weit früher ein. „Pflanzen sind dafür empfindliche Messinstrumente“, so Ohms. Während das Grünland und der Wald (Fichten!) in unseren Breiten durch Hitze und Trockenheit extrem gefährdet sind, könnten sich beim Anbau von Mais, Obst oder auch Wein neue Chancen für die Region ergeben. „Daher gilt es nicht nur, Maßnahmen für den Klimaschutz zu setzen, sondern sich auch an den Klimawandel anzupassen“, so der Fachmann.
Wo die Alm heute steht
In Sachen Klimaschutz ist man auf der Mühlviertler Alm derzeit relativ gut unterwegs, es gäbe jedoch noch viel Potenzial, weiß Norbert Miesenberger vom Verein Energiebezirk Freistadt. 46 % der benötigten Energie wird laut einer Erhebung von 2010/11 aus fossilen Quellen gedeckt, 54 % aus erneuerbaren. Den aktuellen Jahresenergiebedarf der Region beziffert er mit 41,5 Gigawattstunden, 25 Gigawattstunden können durch Wasser und Photovoltaik hier erzeugt werden. „Künftig werden auf der Mühlviertler Alm mehr als 50 Gigawattstunden verbraucht werden“, so Miesenberger.
Potenzial bei Photovoltaik und Windenergie
Potenzial gebe es vor allem bei der Photovoltaik, ein guter Mix werde entscheidend sein. „Aber ohne Windenergie, die leider politisch schwer durchsetzbar ist, wird es nicht gehen. Es braucht jedes Dach seine PV-Anlage, eine Doppelnutzung landwirtschaftlicher Flächen, Holzverstromung in der Nahwärme, Bürgerenergie-Gemeinschaften, Umstieg auf E-Mobilität sowie eine Ernährungsumstellung und generell einen klimaverträglichen Lebensstil – die Jugend ist dabei unsere große Hoffnung!“
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