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Wirtin noch mit 84: Wenn die Gäste Freunde sind

Mag. Claudia Greindl, 26.10.2021 07:00

HAGENBERG. Im Gasthaus ihrer Eltern ist Ernestine Hametner aufgewachsen. Wirtin wollte sie nie werden. Doch das Schicksal geht oft eigene Wege: Heute schwingt die 84-Jährige noch immer beinahe täglich die Kochlöffel in der Gasthausküche und bewirtet ihre Gäste, von denen viele zu Freunden geworden sind.

Die Blumen rund ums Haus sind neben dem Wirtsgeschäft die Leidenschaft von Ernestine Hametner. Gatte Fritz starb vor 13 Jahren. Ihre drei Kinder – die Tochter ist schon in Pension – haben andere Berufswege eingeschlagen. (Foto: Greindl)

Zufrieden und satt erheben sich mehrere Paare von einem Esstisch im Gasthaus Hametner, wie immer begeistert von Ernestine Hametners Kochkünsten. „Bis nächste Woche, machst du uns bitte einen Leberschädel?“, verabschieden sie sich von der Wirtin, die längst das Pensionsantrittsalter überschritten hat. „Ich hab viele Stammgäste und bin mit dem Wirtshaus so verbunden, ich kann und will gar nicht aufhören zu arbeiten“, erklärt Hametner. Dabei hatte sie ursprünglich das Gasthaus, das ihre Großeltern erworben und die Eltern fortgeführt hatten, gar nicht übernehmen wollen.

Traumberuf war Schneiderin

„Schneiderin wollte ich lernen, Buchbinderin bin ich geworden und habe den Beruf sehr gerne ausgeübt“, erzählt die Hagenbergerin. Doch ihr Vater verstarb früh, die Buchbinderei musste Ernestine Hametner daher aufgeben. „Damals habe ich bitterlich geweint“, blickt sie zurück. Gemeinsam mit der Großmutter und ihrer Mutter führte sie das Wirtshaus weiter und fand schließlich Gefallen daran. „Mit 22 Jahren habe ich meinen Fritz geheiratet, wir haben drei Kinder bekommen.“

Sperrtag eingeführt

Um für die Familie Zeit zu haben, setzte sie gegen den Willen der Oma einen Sperrtag durch. „Die hat gemeint, mein Gott, dann geht‘s bergab.“ Das Gegenteil war der Fall, der Gastbetrieb florierte, vor allem auch wegen der Kochkünste von Ernestine Hametner. Auch schwere Erkrankungen konnten die umtriebige Wirtin nicht bremsen. „Mit 40 habe ich Krebs gehabt, mit 50 Borreliose, ich habe eine Zeitlang nicht einmal mehr gehen können“, erinnert sich Hametner an schwere Zeiten. Doch aufgeben war für die heute 84-Jährige nie eine Option, „sonst kommt man nicht mehr auf die Füße“. Nicht einmal, als sie sich im heurigen Jänner einen Wirbel- und Schambeinbruch zuzog, war Schluss. „Erst vor ein paar Wochen war ich auf Reha, jetzt geht’s wieder, auch wenn ich die schweren Häfen nicht mehr gut heben kann.“

Aufstehen um fünf Uhr Früh

Wie gewohnt steht die Wirtin um fünf Uhr Früh auf und beginnt mit den Vorbereitungen für das Mittagsgeschäft: Salate vorbereiten, mit Leidenschaft Gemüse schnippeln, vorzugsweise aus dem eigenen Garten. „Ich koche so gerne, am liebsten Bratl, Kalbsstelze und traditionelle Gerichte, das schätzen meine Gäste.“ Regelmäßig finden sich auch Vereine wie Linedancer oder eine Tarockrunde im Gasthaus Hametner ein. Für Familienfeiern ist es ebenfalls oft die erste Adresse. „Ein Gast hat mich einmal gefragt, ob ich so blöd bin, weil ich in meinem Alter noch arbeite, oder so gierig. Ich habe geantwortet, ich bin so blöd, ich mache es gerne“, schmunzelt Ernestine Hametner. Und vom Nebentisch lässt sich ein Stammgast vernehmen: „Sind wir froh, dass es noch so eine Wirtin gibt!“


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