Eva Kapshammer beschreibt ein Leben zwischen Freude und bitterer Realität
GRIESKIRCHEN. Mit ihrem Erstlingswerk erschafft Eva Kapshammer aus Grieskirchen ein Sinnbild zwischen Lebenslust und einer Zeit, in der Hilflosigkeit, Schmerz und Traumatisierung allgegenwärtig waren. Der Nationalsozialismus und seine Auswirkungen auf Generationen werden thematisiert, mit einer jungen Frau als Hauptakteurin, die versucht, durch beharrliche Lebensfreude und Wegschauen der bitteren Realität zu entkommen. Die Autorin will mit „Vor der gläsernen Tür“ das Unausgesprochene aussprechen, offene Fragen klären und unerzählte Lücken schließen.
Tips: „Vor der gläsernen Tür“ ist Ihr erstes Buch – warum gingen Sie unter die Autoren?
Eva Kapshammer: Bücher sind meine Leidenschaft. Ich lese gerne, tauche gerne in die dargebotenen Welten ein. Ob in einem Literaturkreis, privat oder, wenn es passend ist, lasse ich auch Gelesenes in meine Arbeiten als Beraterin bei der Frauenberatungsstelle Frauennetzwerk3 sowie als Unterrichtende in einer Schule für angehende Behindertenbegleiter einfließen. Ich finde, Lesen bildet, es hilft das Leben zu verstehen, Menschen zu begreifen und zu staunen. Schreiben macht mir Freude. Ich bin ausgebildete Journalistin. Ein Weg, Menschen kennen zu lernen und Handlungen nachzuvollziehen, der mich fasziniert und inspiriert. Und: Ich hatte eine Geschichte zu erzählen.
Sie thematisieren in Ihrem Buch den Nationalsozialismus – warum?
Weil der immer noch brodelt. „Der Schoß aus dem dies kroch, ist fruchtbar noch“ sagte schon Bert Brecht. Weil noch nicht alle Antworten gegeben sind und noch nicht alle Fragen gestellt wurden. Gerade unsere Generation, die Enkel, haben die Möglichkeit, mit etwas mehr Abstand und einer etwas abgemilderten „Übertragung der Last“ genauer hinzusehen. Wie kam es zum Ja auf dem Stimmzettel? Wie kam es zur Begeisterung? Wie kam es zur Hinnahme der Judenverfolgung? Drei Fragestellungen, die zu völlig unterschiedlichen Begründungen führen. Im Roman ist es möglich, Fakten und (Nach)Empfindungen zu verbinden.
Was ist die Kernaussage Ihres Buches und welche Gefühle möchten Sie beim Leser auslösen?
Seien wir wachsam für unsere Demokratie. Lasst uns die Instrumente wie Gewaltenteilung, Sozialpartnerschaft, Parlamentarismus und freie Medien nicht unterhöhlen oder wegrationalisieren. Es gibt für alles einen Grund. Wir können Menschen erst verstehen, wenn wir ihre Geschichte kennen. Ich möchte Interesse, Verantwortungsgefühl und Mitgefühl auslösen. Lasst uns Sorge tragen, einen Grund für ein gutes Leben für sich und andere abzugeben.
Wer spielt die Hauptrolle im Buch?
Es geht um eine Frau in einer Kleinstadt aus Oberdonau und um ihre Lieben. Das Buch hat Lokalkolorit: Ried kommt vor, Linz. Tja und die Kleinstadt liegt an der Ache, begleitet vom Kaiserpfad, es gibt einen Platz mit Brunnen, ein Café Beer, ein Krankenhaus, die Kleinstadt liegt in der Nähe von Bad Schallerbach.
Zum Inhalt „Vor der gläsernen Tür“
Eva Kapshammer beschäftigt sich in ihrem Buch mit der Frage, ob es möglich ist, durch Lebenslust und Wegschauen der bitteren Realität zu entkommen? Ihre Hauptakteurin Apollonia versucht es. Immer wieder. Sie lebt in einer Kleinstadt in Oberdonau, sie ist jung, schön und sie hat noch viel vor in ihrem Leben. Doch auch diese lebenslustige Frau wird durch Nationalsozialismus und Krieg in ein Unglück gestürzt. Aus historischen Quellen und nachempfundenen Möglichkeiten wird ihre und die Geschichte ihrer Familie erzählt, die sie zuhause, am Schlachtfeld und in den „Kolonien“ erlebt. Der zeitgeschichtliche Roman lebt von den wissenschaftlich recherchierten, historischen Ereignissen und Umständen der Zeit. Das Ringen der Romanfiguren um ihre Haltung zum Nationalsozialismus wird zur Sprache gebracht. „Die NS-Zeit hinterließ in Familien ein offenes Gebilde aus hilfloser oder bewusster Schuld, aus Schmerz und Traumatisierung. Es wird als unsichtbare – und vor allem unausgesprochene – Last von Generation zu Generation weitergegeben und erschwert das Leben jedes Einzelnen“, erklärt die Autorin. In ihrem Roman wird das Unausgesprochene recherchiert und ausgesprochen, offene Fragen geklärt und unerzählte Lücken werden erzählt und so geschlossen.
Die Autorin
Eva Kapshammer, 1962 geboren, lebt in Grieskirchen, ist verheiratet und Mutter dreier erwachsener Kinder. Hauptberuflich arbeitet sie als Beraterin in einer Frauenberatungsstelle. Daneben unterrichtet sie angehende Behindertenbegleiter. Sie ist Absolventin der OÖ Journalistenschule und schrieb einige Jahre für diverse Zeitungen. Mit der Sprache gut zu Fuß hat sie als Ghostwriterin etlichen Büchern redaktionell auf die Beine geholfen.
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