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LESERBRIEFE: "Diskussion um Soldatengrab in Stillfüssing"

Sabrina Lang, 26.05.2020 11:54

WAIZENKIRCHEN. Eine rege Diskussion ist über das Grab mit Soldaten der Waffen-SS in der Ortschaft Stillfüssing in Waizenkirchen entbrannt. Mehrere Leserbriefe haben die Tips-Redaktion erreicht.

75 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges wird hier begrabenen SS-Soldaten gedacht. Foto: Scharinger

Betrifft: „Tod und Zerstörung: So verliefen die letzten Kriegstage in Waizenkirchen“, Tips KW20 und „Demokratiepolitischer Skandal“: Diskussion um Soldatengrab“, Tips KW21

Das Gute an diesem Artikel ist, er hat breites und kritisches Echo ausgelöst. Mit diesem Echo als Rückenwind werden die GRÜNEN Waizenkirchen bei der nächsten Gemeinderatssitzung einen Antrag einbringen, dass bei diesem SS-Soldatengrab eine Informationstafel aufgestellt wird. Das „Denkmal“ vermittelt keine historischen Fakten. Wir müssen auch am Land eine kritisch-reflektierte Auseinandersetzung mit der Vergangenheit entwickeln. Der Inhalt der Tafel soll von fachkundiger Seite, mit wissenschaftlichem Hintergrund erarbeitet werden. Ein Konsens im Gemeinderat bei der Expertenauswahl wäre eine erforderliche Basis.Die Tafel soll nicht nur Fakten enthalten, sondern auch eine Warnung, wohin Fanatismus führen kann.

von Andreas Aumayr

Fraktionsobmann, Die GRÜNEN Waizenkirchen

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Betrifft: Diskussion um die Gedenkstätte in Stillfüssing bei Waizenkirchen

Im Rahmen einer universitären Forschungsarbeit beschäftigte ich mich vor wenigen Jahren ausführlich mit der Geschichte der Gedenkstätte von Stillfüssing bei Waizenkirchen, weshalb ich die Diskussionen dazu mit Interesse verfolgt habe. Die Ausführungen von Herrn Eiter in der Ausgabe vom 20.5 begrüße ich als dringend notwendigen Kommentar zum ursprünglichen Artikel über das Kriegsende in Waizenkirchen, da hier nicht nur auf zentrale historische Hintergründe, sondern vor allem auch auf die jahrelange fragwürdige Gedenkpraxis in Stillfüssing hingewiesen wird. Dem ebenfalls abgedruckten Aufruf von Herrn Antlinger, sich doch endlich kritisch mit diesem Ort auseinanderzusetzen, kann ich ebenfalls nur beipflichten.

Kriegsgräber müssen in Österreich laut Gesetz erhalten werden, springender Punkt ist jedoch die Art und Weise, wie man mit der Erinnerung umgeht. Die jährlichen Gedenkfeiern, die prinzipiell als legitim zu erachten sind, könnte man auch nützen, um sich reflektierter mit den historischen Hintergründen des Denkmals zu beschäftigen. Es wäre auch möglich, die Anlage durch eine Tafel mit fehlenden Zusatzinformationen etc. zu erweitern, es gäbe genügend Möglichkeiten, um ein Zeichen zu setzen.

Dass dazu aber offensichtlich der Wille fehlt, wird auch durch das Statement des Bürgermeisters von Waizenkirchen deutlich: Liest man dieses, gewinnt man den Eindruck, Herr Grüneis sei ein Angehöriger der Nachkriegs- oder gar Kriegsgeneration. Es ist schade, wenn selbst jemand aus der Generation der unter 30-Jährigen scheinbar nichts aus der Geschichte dieses Landes lernen will, sondern sich mit dem Wiederkäuen altbekannter Floskeln zufriedengibt.

Clemens Gruber,

Wien

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Betrifft den Artikel „Demokratiepolitscher Skandal: Diskussion um Soldatengrab in Stillfüssing“

Ich war überrascht, als ich in der letzten Ausgabe der Tips das Statement unseres Bürgermeisters Fabian Grüneis bezüglich des SS-Denkmals in Stillfüssing gelesen habe. Vor allem von der jüngeren Generation habe ich mir etwas mehr Geschichtsverständnis erwartet. In einem Punkt muss ich dem Herrn Bürgermeister recht geben: Im Zweiten Weltkrieg sind viele Menschen gestorben und es ist durchaus in Ordnung, den gefallenen Soldaten des Heimatortes zu gedenken. Aber SS-Männer sind nun mal keine einfachen Soldaten, sondern waren überzeugte Nazis, bereit die brutalsten Massaker zu begehen.

Ich persönlich sehe das Denkmal in seiner jetzigen Form auch als demokratiepolitischen Skandal. Ohne irgendwelche Hinweistafeln, wer diese SS-Männer waren, welche Gräueltaten sie begangen haben und wieviel Angst und Schrecken sie in den letzten Kriegstagen auch in Waizenkirchen noch verbreitet haben, trägt das Denkmal sehr wohl zur Geschichtsverklärung bei. Ich kann Ihnen, Herr Bürgermeister, nur Kreiskys Satz „Lernen“s Geschichte!“ mitgeben und hoffe, wir können in Zukunft gemeinsam eine der momentanen Geschichtsforschung entsprechende Lösung für das Denkmal in Stillfüssing finden.

von Yvonne Gili

Fraktionsobfrau SPÖ Waizenkirchen

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Soldatengrab in Stillfüssing: eine Klarstellung

Ich hatte am 4. Mai, dem 75. Jahrestag der Kampfhandlungen in der Ortschaft Stillfüssing, der Tips einen ausführlichen Bericht von Johann Scharinger, dem Bruder meines Großvaters über die damaligen Geschehnisse übermittelt. Die Redakteurin Sabrina Lang hat die Erlebnisse meines Großonkels sehr gut auf den Punkt gebracht, leider hat dieser Bericht aber viel Unverständnis ausgelöst.

Ich möchte klarstellen, dass dieser Artikel nicht im Geringsten die Absicht hatte, die Gräueltaten der Waffen-SS zu verherrlichen, sondern erinnern sollte, dass vor 75 Jahren eine völlig sinnlose Verteidigungsschlacht stattgefunden hat, der dreizehn, zum Großteil junge Menschen unschuldig zum Opfer fielen und der Bevölkerung sehr viel Leid gebracht hat. Hintergrundinfos zu den Kämpfen hätten den Rahmen gesprengt, aber vielleicht so manche Emotionen entschärft.

Die Waffen-SS hat zur Mittagszeit dieses Tages das Oberauerhaus in Geiselhaft genommen und mit ca. 80 Mann besetzt. Ein Großteil der Besatzer hatte in der Gegend Stellung bezogen, die Anführer hatten sich im Bauernhof verschanzt. Etliche Soldaten, die die Amerikaner von weitem kommen sahen, konnten Richtung Steinparz bzw. Gallham flüchten, jene im Hinterhang zwischen dem heutigen Soldatengrab und dem Oberauerhof wurden von den anrollenden Panzern überrascht. Die im Haus verbliebenen Soldaten wurden mit dem Befehl „Alles Hinaus“ in den Garten geschickt. Die Anführer sind über die Rückseite des Hofes geflüchtet. Gegen Ende der Kämpfe wurde der Oberauerhof angegriffen, wo etliche Soldaten Zuflucht gesucht hatten. Die Bauersleute haben sich unter Lebensgefahr ergeben, die Amerikaner sind bei der Durchsuchung des Hofes alles andere als zimperlich vorgegangen. Die Kritik, dass die Amerikaner im Bericht in ein schlechtes Licht gerückt werden, ist nachvollziehbar. Allerdings dürfen die Tips-Leser ruhig wissen, dass sich die heute so hoch gelobten Befreier gegenüber der lokalen Bevölkerung an diesem Tag nicht wie Kavaliere benahmen.

Die damals 16- bis 24- jährigen Töchter des Hofes wurden bei der Durchsuchung gezwungen, Raum für Raum zuerst zu betreten, ohne zu wissen, ob dahinter noch die bewaffneten Oberscharführer lauern, die den Hof in Geiselhaft genommen hatten. Die Amerikaner hinterließen eine eingetretene Zimmertür, zerschossene Dachziegel bzw. Fenster sowie ein wüstes Schlachtfeld in Hausgarten und Wiese. Der Zeitzeuge Hans Scharinger war auch dem Hitler-Regime von Anfang an kritisch eingestellt. Er war der Einzige seines Maturajahrganges 1941, der nicht vom Direktor, der der NSDAP nahestand, an eine gute Position im Militär vermittelt wurde, weil er mit den Unsinnigkeiten der Hitlerjugend nichts anzufangen wusste. Er hat im Krieg einen Bruder, viele Freunde und beinahe sein eigenes Leben verloren. Auch das möchte ich mit diesem Leserbrief klarstellen.

Neonazis pilgern schon lange nicht mehr nach Stillfüssing. Der Kameradschaftsbund Waizenkirchen hat hier vor Jahren ein klares Zeichen gesetzt und Störenfriede mit kriegsverherrlichendem Gedankengut von den Gedenkfeiern verbannt. Die Feier wurde bis in die 80er Jahre von einem Ehepaar aus dem Raum Saarbrücken besucht, das hier ihren 17-jährigen Sohn verloren hatte. Das Soldatengrab und das Wegkreuz wurde jahrzehntelang von den Familien Kimberger und Amesberger betreut. Niemand ist in den Sinn gekommen, den Gräueltaten der nationalsozialistischen Waffenschutzstaffel zu huldigen. Diese Gedenkstätte erinnert lediglich an ein schreckliches Ereignis und an 13 hauptsächlich Jugendliche, die dieser Einheit zugeordnet waren und wegen dummen Befehlen von zwei feigen Oberscharführern völlig sinnlos die letzte Bastion verteidigen mussten. Die begrabenen Soldaten ruhen unterhalb der Gedenkstätte in Frieden. Man möge ihnen diese Ruhe gönnen.

von Bernhard Scharinger

Waizenkirchen

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Betrifft: „Tod und Zerstörung: So verliefen die letzten Kriegstage in Waizenkirchen“ in der Tips-Ausgabe vom 13. Mai

Mit Verwunderung habe ich in der letzten Ausgabe den Augenzeugenbericht über die letzten Kriegstage in Waizenkirchen gelesen. 75 Jahre, nachdem wir die Befreiung vom Nationalsozialismus feiern, werden in Stillfüssing Soldaten der Waffen-SS geehrt. Beim Lesen bekam ich direkt das Gefühl, als wolle mir der Autor mitteilen, dass die Gräueltaten der Waffen-SS so nie stattgefunden hätten. Stattdessen ist die Rede von betrunkenen Amerikanern und von ehrenhaften „deutschen Soldaten“. Kein Wort darüber, wer diese SS-Männer waren. Kein Wort darüber, welch abscheuliche Taten sie an der Zivilbevölkerung, Juden, Roma und Sinti in der Sowjetunion und in Frankreich verübt haben. Kein Satz bei dem man das Gefühl bekommen könnte, man hat sich kritisch mit der Vergangenheit auseinandergesetzt.

Wann, wenn nicht jetzt ist es also an der Zeit dies zu tun? Die 13 gefallenen SS-Soldaten in Stillfüssing, waren Mitglieder der 2. SS-Panzerdivision „Das Reich“. Einer Division die im Laufe des Zweiten Weltkrieges zahlreiche Kriegsverbrechen auf verschiedenen Kampfschauplätzen an der Ost- und Westfront verübte. In der wissenschaftlichen Literatur findet man dazu mehr als 12 bestätigte Massaker an Frauen, Männern und Kindern. Auf eine kritische Distanz zu den Gräueltaten des NS-Regimes vergisst man offensichtlich ob der schillernden Helden-Ehrung vollkommen.

Jahrelang war das Denkmal sogar Pilgerstätte des rechtsextremen Waffen-SS Veteranenvereins „Kameradschaft Vier“.Neben der völlig verklärenden Geschichtsdarstellung am SS-Denkmal in Stillfüssing gibt es noch eine weitere Besonderheit. Kein einziger der 13 gefallenen SS-Männer war Österreicher, Oberösterreicher, geschweige denn Waizenkirchner. Dies spielt vor allem deshalb eine Rolle, weil das Gros der österreichischen Kriegerdenkmäler den gefallenen Soldaten der Heimat gedenkt, sprich den jeweiligen Gefallenen der Gemeinde, des Ortes oder der Stadt. In diesem Fall jedoch wird explizit den Soldaten der Waffen-SS gedacht, was sich auch an der Inschrift des Denkmals „Soldaten der Waffen-SS“ ablesen lässt.

Die Tatsache, dass mit der eigenen Geschichte, der Geschichte des Heimatortes oder überhaupt mit der Geschichte Österreichs sehr unreflektiert umgegangen wird, zeigt wie wichtig es ist, sich auch am Land, kritisch mit der Historie auseinanderzusetzen. In besagtem „Augenzeugenbericht“ passiert das leider nicht. Viel mehr ist er verharmlosend, betreibt Geschichtsklitterung und vermittelt ein falsches Bild. Ohne jemandem nahe treten zu wollen, Augenzeugenberichte bilden halt auch nicht immer die Realität ab. In der Geschichtsforschung lassen sich dazu genügend Beispiele finden.Zum Abschluss möchte ich meine zu Beginn gestellte Frage nochmals wiederholen: Wann, wenn nicht jetzt ist es also an der Zeit sich mit Geschichte kritisch und reflektiert zu befassen?Mein Leserbrief sollte damit auch ein wachrütteln für den Waizenkirchner Bürgermeister und den Kameradschaftsbund sein, sich kritisch und nicht verharmlosend mit der eigenen Orts-Historie auseinanderzusetzen!

von Thomas Antlinger

SPÖ Bezirksparteivorsitzender, Grieskirchen

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Betrifft: „Tod und Zerstörung: So verliefen die letzten Kriegstage in Waizenkirchen“ in der Tips-Ausgabe vom 13. Mai

Ich finde es unfassbar, dass ihnen zum Thema 8. Mai, Ende der Nazi Terrorherrschaft und Ende des 2. Weltkrieges, nichts besseres einfällt, als ein zweiseitiger Artikel, in dem die Waffen SS als Opfer der amerikanischen Streitkräfte dargestellt wird. Die „liebevolle“ Pflege des Denkmals der SS Männer ist freilich bequemer darzustellen, als beispielsweise ein Bericht über die Tötungsanstalt T4 in Hartheim, wo etwa 25 km entfernt von Waizenkirchen über 20 000 „unerwünschte“ Menschen kaltblütig vergast wurden. Demgegenüber werden in Täter-Opfer-Umkehr ein gestohlener Hirschfänger, ein paar Einschusslöcher in den Decken Waizenkirchener Bauernstuben und eine Flasche Schnaps in Rechnung gestellt. Das nenne ich ein „Glanzstück österreichischen Journalismus“.

 Klaus Gölz, Waizenkirchen

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s.lang@tips.at


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