Nahversorger in Geboltskirchen vor dem Aus: Gemeinde kämpft um Fortführung
GEBOLTSKIRCHEN. Der Spar-Markt in Geboltskirchen kämpft nach der überraschenden Kündigung von zwei Mitarbeiterinnen ums Überleben. Bürgermeister Friedrich Kirchsteiger und sämtliche im Gemeinderat vertretenen Parteien setzen sich für eine Fortführung des Betriebes ein. Geschäftsführer Josef Strauß kämpft mit Personalmangel und hohen Energiekosten.
Während Tips ein Interview mit Josef Strauß führt, sitzt der Chef höchstpersönlich an der Kassa und zieht Waren über die Lesefläche. Dieses Mal in einem seiner vier Spar-Geschäfte in Wendling. Dort sitzt Strauß an drei Tagen in der Woche am Nachmittag an der Kasse – aufgrund Mitarbeitermangels ist er am Nachmittag alleine im Geschäft. Doch noch angespannter ist die Situation in seinem Spar-Geschäft in Geboltskirchen. Weil sich zwei Mitarbeiterinnen beruflich verändern wollen und kündigten, steht das Geschäft vor dem Zusperren. „Wenn ich für dieses Geschäft niemanden finde, macht es keinen Sinn mehr“, spricht Strauß Klartext. Neben Geboltskirchen hat er in Wendling, Pram und Michaelnbach Sparmärkte mit insgesamt 20 Angestellten.
Strauß selbst steht jeden Tag um fünf Uhr auf und kommt nie vor acht Uhr abends nach Hause. Dies hinterlasse nach 20 Jahren auch körperlich Spuren, betont Strauß. Auch wenn er das Ganze mit Liebe macht, wie er ergänzt. Ohne neue Mitarbeiter könne er aber das Geschäft in Geboltskirchen, das zudem Postpartner-Stelle, Lotto-Toto-Annahmestelle und Trafik ist, nicht mehr weiterführen.
Hohe Stromkosten
Das Leben schwer machen dem Unternehmer derzeit auch die hohen Energiekosten. So bezahle er pro Geschäft monatlich alleine für den Strom 1.400 Euro, voriges Jahr waren es noch unter 1.000 Euro. „Die Förderungen kommen erst 2024 und ich muss das alles vorfinanzieren“, erklärt Strauß.
Schwierige Personalsuche
Die Personalsuche gestaltet sich mühsam, weil die Ansprüche von Bewerbern, gerade was Arbeitszeit betreffe, höher geworden seien. „Junge Leute unter 25 Jahren wollen zu 80 Prozent nur mehr 25 bis 30 Stunden arbeiten, manchmal auch nur vormittags und nicht mehr nachmittags“, gibt Strauß einen Einblick. „Die jungen Menschen haben andere Prioritäten und wollen sich nicht mehr so viel sparen“, ist Strauß nach vielen Gesprächen mit Bewerbern überzeugt. Häufig werde trotzdem das Gehalt als Problem gesehen, doch er habe hohe Personalkosten und könne nicht mehr zahlen, sagt Strauß und ergänzt: „Große Handelsketten machen eine Aktion nach der anderen, ich muss mit den Großen mit und zahle teilweise drauf bei Aktionen“, so der Unternehmer.
Strauß ist auch offen für eine Vermietung seines Lebensmittelgeschäftes in Geboltskirchen: „Ich wäre froh, wenn das Geschäft jemand pachtet oder übernimmt“, sagt Strauß.
Gemeinsame Unterstützung aller Fraktionen
Bürgermeister Friedrich Kirchsteiger (SPÖ) betont, dass alle im Gemeinderat vertretenen Fraktionen die amtliche Mitteilung zum Personalaufruf unterschrieben und sich somit für den Erhalt des Geschäftes eingesetzt haben. „Als Zeichen, dass wir dahinterstehen, helfen wir bei der Personalsuche“, sagt Kirchsteiger. Der Gemeindepolitik seien allerdings die Hände gebunden, „als Politiker habe ich leider keinen Einfluss auf die Personalsuche, ob sich jemand bewirbt.“
Der Ortschef möchte sich seine Gemeinde ohne das Geschäft gar nicht vorstellen. Denn: „Wir haben ältere Leute, die nicht so mobil sind. So ein Nahversorger ist zudem auch ein gewisser Treffpunkt“, ist der Ortschef überzeugt. Außerdem sei der Spar für viele fußläufig erreichbar, was ein großer Vorteil ist.
„Große Personallücke“
Schade fände ein Aus des Geschäftes auch Amtsleiter Herbert Bischof, der auf Tips-Anfrage sagt: „Das Geschäft hat sich in den letzten zwei, drei Jahren technisch gut entwickelt. Nun gibt es eine große Personallücke.“
Gemeinde plädiert für Einkauf im Ort
„Um den Weiterbetrieb des Geschäftes zu gewährleisten, gilt es, so schnell als möglich zwei Verkäufer in einem Beschäftigungsausmaß von jeweils 15 bis 30 Wochenstunden zu finden“, bekräftigt die Gemeinde in einer Aussendung. Außerdem sei es „unabdingbar, den täglichen Einkauf weitestgehend bei uns im Spar-Markt zu tätigen, um uns diese Nahversorgung im Ort zu erhalten“, heißt es im Schreiben der Gemeinde weiters.
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