Borkenkäferjahr im Nationalpark: Der Buchdrucker und seine geliebte Fichte
REGION KALKALPEN. Sie sind klein, braun oder schwarz gefärbt und haben Holz zum Fressen gern: die Borkenkäfer. 2021 prophezeite die Österreichische Bundesforste AG – Nationalparkbetrieb Kalkalpen ein „Borkenkäferjahr“. Tips hat bei Betriebsleiter Johann Kammleitner nachgefragt, ob die Vorhersage eingetroffen ist.
Der Nationalpark Kalkalpen mit seiner größten Waldwildnis Österreichs umfasst rund 20.850 Hektar. Auf 79 Prozent der Nationalpark-Fläche wird der Natur freier Lauf gelassen – dort gibt es keine forstlichen Eingriffe. Lediglich auf 21 Prozent des Nationalpark- Gebiets werden Maßnahmen gesetzt – unter anderem im Bereich Borkenkäfermanagement. „Im Inneren des Nationalparks kann sich der Borkenkäfer entwickeln, wie er will. Damit es aber keine negativen Auswirkungen nach außen gibt, gibt es im Randbereich Pufferzonen und forstliche Eingriffe“, erzählt Betriebsleiter Johann Kammleitner.
Bäume zum Fressen gern
Doch warum haben die kleinen, braun oder schwarz gefärbten Tiere eigentlich einen so schlechten Ruf? Dafür gibt es eine einfache Antwort: Borkenkäfer lieben Holz, und zwar so richtig. Sie fressen sich unter die Borke von kranken oder schwachen Bäumen und schaffen sich dort ihr eigenes Reich mit Höhlen, Gängen und vielen verzweigten Kammern. Für einen Nationalpark-Wald ist das grundsätzlich kein Problem – dort sind sie Teil des natürlichen Ökosystems. Problematisch wird es jedoch, wenn sich die kleinen Käfer durch einen Wirtschaftswald fressen und dadurch den Wert des Holzes mindern und für Umsatzeinbußen sorgen.
Der Buchdrucker im Nationalpark
Im Nationalpark Kalkalpen dominiert der Buchdrucker, eine von weltweit etwa 5.500 Borkenkäferarten. „Der Buchdrucker ist auf dickere Fichten spezialisiert. Nach dem Überwintern sucht er sich einen geschwächten Baum aus, bohrt sich dort in die Rinde ein und lockt Weibchen an“, erklärt Kammleitner. Ein Käfermännchen begattet dabei mehrere Weibchen – und die Larven fressen sich dann durch die Rinde. „Ein paar Käfer machen einem Baum überhaupt nichts aus. Bei mehreren wird die Rinde richtig ausgehöhlt und die Fichte bekommt keine Nährstoffe mehr“, so Kammleitner.
Borkenkäfermanagement seit 1998
Die Österreichischen Bundesforste – Nationalparkbetrieb Kalkalpen betreiben seit 1998 ein Borkenkäfermanagement. Damit werden benachbarte Grundstücke vor den kleinen Forstschädlingen geschützt, die sich im Inneren des Gebiets ungestört austoben können. Die 21 Prozent der Fläche, in denen es forstliche Eingriffe gibt, befinden sich daher auch vor allem an der Nationalpark-Grenze. Im vergangenen Jahr wurden dort insgesamt an 370 Stellen Maßnahmen im Rahmen des Borkenkäfermanagements dokumentiert. Diese Maßnahmen umfassen entweder das Entrinden oder das Entnehmen der befallenen Fichte.
Zwölf Borkenkäferfallen
Doch zuvor muss der Befall überhaupt einmal entdeckt werden. „Das ist gar nicht so leicht“, sagt Kammleitner. „Ist ein Käfer aktiv und bohrt, wirft er etwas aus dem Einbauloch: das Bohrmehl. Sind die Jungkäfer schon geschlüpft, verfärben sich die Nadeln der Fichte rot. Beides kann man erkennen. Wir haben allerdings viele, viele Fichten – die kann man nicht alle immerzu absuchen“, sagt der Reichraminger. Darum werden vorrangig jene Stellen kontrolliert, an denen es im Vorjahr Probleme gab sowie jene Bereiche mit Windwurf. Auch gibt es im Nationalpark zwölf Borkenkäferfallen, die mit Duftstoffen den Buchdrucker anlocken, um den Schwärmflug zu beobachten.
Die Maßnahmen: Entrinden oder Umschneiden
„Im Nationalpark soll möglichst wenig Biomasse entnommen werden“, erklärt Kammleitner. Darum werde auf das frühzeitige Erkennen von Borkenkäferaktivitäten gesetzt, die mit dem Umschneiden und Entrinden der Fichte gelöst werden können. Der Baum bleibt dann im Gebiet liegen und ist als Totholz weiterhin wichtiger Bestandteil des natürlichen Kreislaufes.
2.875 Festmeter entrindet
Kammleitner prophezeite für 2021 ein „Borkenkäferjahr“ – in der Rückblende ganz zu Recht. 2.875 Festmeter wurden im vergangenen Jahr aufgrund eines Borkenkäferbefalls (inklusive Windwurf) entrindet und als Totholz vor Ort im Wald belassen. 9.471 Festmeter mussten entnommen werden. Im Bereich ohne Borkenkäfermanagement wurden keine Maßnahmen gesetzt. Dort waren etwa 6.800 Festmeter von Borkenkäfern betroffen.
Rasche Vermehrung des Käfers
Kammleitner habe mit diesen Zahlen gerechnet, da meist auf ein Jahr mit viel Windwurf rund zwei Jahre später eine Borkenkäfergradation folgt. Im Winter 2018/2019 hat der Schneedruck viele Wipfel abgerissen, Bäume geschwächt und entwurzelt – die beste Basis für eine rasche Vermehrung des Borkenkäfers. „Ich nehme an, dass die Aktivitäten des Borkenkäfers zurückgehen werden – aber wir bereiten uns darauf vor, dass das Niveau so bleibt.“ Aussichten, die für den Nationalpark per se kein Problem darstellen: „Der Borkenkäfer ist im Nationalpark kein Schädling – er gehört zum natürlichen Kreislauf dazu.“
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