Die Bibel begreifbar machen, um damit die Menschen zu berühren
SCHARNSTEIN/KREMSMÜNSTER/LINZ. Von Vers zu Vers und Wort für Wort haben Franz Kogler aus Scharnstein und Reinhard Stiksel aus Kremsmünster die Bibel überarbeitet, um das Neue Testament mit der Sprache der heutigen Zeit den Menschen verständlicher und begreifbarer zu machen.
Wer die Bibel aufschlägt, begegnet Texten, die vor 2.000 und mehr Jahren aufgeschrieben wurden. Die Wurzeln dieser Erzählungen, Lieder und Gebete reichen sogar noch viel weiter in die Vergangenheit zurück. Und doch ist die Bibel keineswegs veraltet. Bis heute ist sie ein „Bestseller“. Sie ist Weltliteratur und wurde in etwa 3.000 Sprachen übersetzt – mehr als irgendein anderes Werk. Die Bibel ist eine Sammlung von verschiedenen Einzelschriften oder Büchern. Sie gleicht einer ganzen Bibliothek mit insgesamt 73 Bänden: 46 im Alten Testament, 27 im Neuen Testament.
Texte in moderner Sprache
Albert Kammermayer hat mit seiner Übersetzung der Bibeltexte in eine alltagstaugliche und moderne Sprache vor rund 20 Jahren vielen die Tür zum Wort Gottes geöffnet. Es ist jene Übertragung, die am meisten dem deutschen Sprachgebrauch entspricht.
Um diese beliebte Ausgabe des Neuen Testaments noch besser verständlich zu machen, haben Franz Kogler und Reinhard Stiksel vom Bibelwerk Linz diese gründlich bearbeitet. Gemeinsam mit einigen Fachleuten aus dem deutschen Sprachraum wurde der Text an die Entwicklungen von Sprache, Gesellschaft und Forschung angepasst. Ausgewiesene Experten der Bibelwissenschaft brachten ihr Fachwissen ein. Genauso wichtig war auch die Beteiligung von Mitarbeitenden aus der bibelpastoralen Praxis, deren alltägliche Aufgabe es ist, das Wort Gottes ins Heute zu übersetzen. Nicht zuletzt brachten sich auch Menschen ohne explizite theologische Bildung ein, um den zukünftigen Lesern eine Stimme zu verleihen.
Die Herausgeber wollen mit dieser Übertragung dem Uranliegen der Bibel entsprechen, dass ihre Bücher nicht nur gelesen und gehört, sondern auch verstanden werden. Viele Menschen sollen einen einfachen und lebendigen Zugang zum Wort Gottes finden.
Einstieg ins Bibellesen
Mit „Das Neue Testament. Übertragen in die Sprache unserer Zeit“ soll ein guter Einstieg ins Bibellesen gelingen. Ziel ist es, mit dem 416-seitigen Werk den ersten Zugang zu den kraftvollen Texten des Neuen Testaments zu erleichtern. Der Text wurde flüssig lesbar und gut verständlich gestaltet, dazu wurde komplexer Satzaufbau entschärft und auf Fachbegriffe verzichtet. Zu den größten Veränderungen zählt das Wort „Gnade“. Es wird sinngemäß mit „Gottes liebende Zuwendung“ übersetzt. Auch „Evangelium“ wird in seiner ursprünglichen Wortbedeutung greifbar: „gute Nachricht“. Statt „ermahnen“ wurde das Wort „ermuntern“ verwendet. Jene Stellen, aus denen der Sinn des Gesagten nicht eindeutig hervorgeht, wurden direkt im Text erläutert. Wichtig war den Herausgebern, darauf zu achten, dass die Bedeutung des griechischen Wortes erhalten bleibt. „Wir sind auch vom griechischen Original ausgegangen und haben alles daraufhin geprüft. Es war wichtig für uns, dem Ur-Sinn des Originals möglichst nahe zu kommen und trotzdem sollte es leicht lesbar sein“, erzählt der Leiter des Bibelwerks Linz, Reinhard Stiksel, der in seiner Schulzeit im Gymnasium Kremsmünster griechisch gelernt hat.
Bedeutung von Bibeltexten
Die Bibel hat im Leben von Reinhard Stiksel immer schon eine große Rolle gespielt. „Als ich die Jugendmesse in Kirchberg mitgestaltete, haben wir uns teils stundenlang über Bibeltexte unterhalten und darüber, was sie für uns heute bedeuten“, erzählt der Kremsmünsterer, der auch dreieinhalb Jahre Mönch im Stift Kremsmünster war. „Auch in dieser Zeit habe ich über biblische Texte viel nachgedacht und was sie für uns heute bedeuten.“ Besonders fasziniert ihn, „dass Menschen ihre Gottesbilder und Erfahrungen nicht nur aufgeschrieben, sondern auch reflektiert haben. Und dass diese auch heute noch Hoffnung und Zuversicht geben und damit durchaus auch das eigene Leben hinterfragt werden kann. Zudem ist es interessant, auch wissenschaftlich herauszufinden, wie diese Texte entstanden sind und wer sie geschrieben hat.“
Eineinhalb Jahre Arbeit
Franz Kogler und Reinhard Stiksel arbeiteten eineinhalb Jahre am Buch. „Wobei die letzten Wochen und Monate etwas längere Tage hatten“, erzählt Kogler. Der Theologe und Bibelwissenschafter liest zwei bis dreimal in der Woche mit Gruppen in der Bibel. Als Referent und ehemaliger Leiter des Bibelwerks Linz, ist er für die Planung und Organisation von Veranstaltungen zuständig. Unter anderem zeichnet er sich Mitverantwortlich für die bewegliche Ausstellung „Expedition Bibel“ mit 900.000 Besuchern im deutschsprachigen Raum. „Schwerpunkt unserer Arbeit ist, die Bibel begreifbar zu machen, damit die Texte die Menschen berühren“, sagt der Scharnsteiner, der sich seit 45 Jahren mit der Bibel beschäftigt. Die Faszination dafür stammt von „Begegnungen mit evangelischen Christen, die aus den Bibeltexten große Kraft schöpften. Später habe ich das auch in der katholischen Kirche kennengelernt.“
Kommentare sind nur für eingeloggte User verfügbar.
Jetzt anmelden