Umfaller beim Rauchverbot sorgt für Ärger bei Kremser Gastronomen
Die Entscheidung ist in der Bevölkerung höchst umstritten. Noch vor der Angelobung der türkis-blauen Regierung einigten sich ÖVP und FPÖ auf die Abschaffung des bereits beschlossenen totalen Rauchverbots in der Gastronomie ab Mai 2018. In Zukunft darf in Bars und Restaurants also weiterhin gequalmt werden. Tips hörte sich bei Kremser Gastronomen um, wie sie zu dieser neuen, alten Regelung stehen.
Dass Rauchen ungesund ist, dürfte mittlerweile selbst dem größten Nikotin-Junkie klar sein. Die giftigen Stoffe im Zigarettenrauch sind unter anderem für Erkrankungen der Atemwege sowie des Herz-Kreislauf-Systems verantwortlich. Außerdem verursacht Rauchen Lungenkrebs. 12.000 Menschen sterben in Österreich jedes Jahr an den Folgen des Rauchens. Trotzdem vermag kaum ein anderes Thema das Land so sehr in zwei Lager zu spalten, wie die Lust am Glimmstängel. Auf der einen Seite, so heißt es, würden die Nichtraucher am liebsten den Zigarettenkonsum komplett verbieten, auf der anderen Seite möchten sich die Raucher in ihrer freiwilligen Entscheidung zur Zigarette nicht noch mehr dreinreden lassen.
Kontroverse Entscheidung wird heiß debattiert
Die mittlerweile bereits angelobte türkis-blaue Bundesregierung hat diese hitzige Debatte nun wieder neu angezündet. Das bereits beschlossene totale Rauchverbot in der Gastronomie ab Mai 2018 wird nicht kommen. Viel mehr einigten sich die beiden Regierungsparteien ÖVP und FPÖ auf das so genannte „Berliner Modell“. Gäste können somit auch zukünftig in abgetrennten Bereichen rauchen. Die Entscheidung verursachte umgehend einen Riesenaufschrei in der Bevölkerung und bei Gesundheitsexperten im ganzen Land.
Erfolgreiche Online-Petition der heimischen Krebshilfe
Die österreichische Krebshilfe startete gleich nach Bekanntwerden der Pläne der neuen Bundesregierung eine Online-Petition, die sich für den Erhalt des Nichtraucherschutzes ausspricht. Bei Redaktionsschluss haben bereits mehr als 400.000 Menschen die Petition auf der Website www.dontsmoke.at unterzeichnet. Der ehemalige Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) kündigte außerdem bereits an, ein Volksbegehren gegen die neue, alte Regelung in Stellung zu bringen.
Kurz bläst Gegenwind von allen Seiten entgegen
Gegenwind für das Zugeständnis des Nichtrauchers Sebastian Kurz (ÖVP) an den Raucher Heinz-Christian Strache (FPÖ) kommt allerdings nicht nur von außerhalb. Auch die ÖVP-Landeshauptleute aus Oberösterreich, Salzburg und Vorarlberg sprachen sich gegen die geplante Aufweichung des Nichtraucherschutzes aus. Turbulente Zeiten stehen dem Neo-Bundeskanzler somit bereits zu Beginn seiner Amtszeit ins Haus. Tips hat sich in der Kremser Gastronomie umgehört, wie die Entscheidung von den Wirten aufgenommen wird.
Othmar Seidl entsetzt von der aktuellen Neuregelung
Othmar Seidl, Betreiber des Hofbräu am Steinertor, zeigt sich „entsetzt“ von der gerade beschlossenen „österreichischen Lösung“: „Ich finde es insofern schlimm, weil ich nicht glaube, dass ein Rauchverbot auf lange Sicht ein Wirtesterben mit sich bringt. Alle anderen Länder mit rauchfreier Gastronomie beweisen, dass es nicht so ist“, so der Unternehmer. Den Vorwand des Wirtesterbens hält Seidl für eine „Scheinausrede von rauchenden Politikern, die auf Wählerfang gehen“. Othmar Seidl hat „auf gar keinen Fall“ vor, nachträglich einen Raucherbereich in sein Hofbräu am Steinertor zu integrieren.
Schindlegger ist ebenfalls gegen Aufweichung
Genauso sieht das auch Harry Schindlegger, der in Krems zahlreiche Gastronomiebetriebe, wie das „2Stein“ und das „Schmids“, betreibt. „Ich habe meine Lokale schon ohne Raucherbereich gebaut, weil das Verbot ja kommen hätte sollen“, so Schindlegger. Er glaubt ohnehin nicht, dass die neue Regelung Bestand haben wird. „Ich finde es nicht klug, eine Sache die schon in den Köpfen der Menschen drin war, wieder aufzumachen“, so der Gastronom. Obwohl Schindlegger durch die Neuregelung einen finanziellen Vorteil hat – seine Lokale im Bühl Center dürften ihre Raucherbereiche behalten – ist er strikt gegen die Aufweichung des Nichtraucherschutzes.
Kein Rauchen während der Mittagszeit erlaubt
Für Andreas Macher von der „Schwarzen Kuchl“ ändert sich durch die Aufhebung des generellen Rauchverbots nichts. „Bei uns ist es so, dass wir einen Nichtraucher- und einen Raucherbereich haben. Zur Mittagszeit zwischen 12 und 14 Uhr herrscht ohnehin totales Rauchverbot, das werden wir nun auch weiterhin so handhaben“, sagt der Gastronom. Der kleine Raucherbereich soll laut Macher den Rauchern auch weiterhin außerhalb der Mittagszeit zur Verfügung stehen.
Rauchen überlebenswichtig für Kleinstbetriebe und Bars
Der Betreiber der „Schwarzen Kuchl“ hat Verständnis für den Kampf der Wirte für das Rauchen: „Für Kleinstbetriebe ist es natürlich für das Überleben wichtig, dass geraucht werden darf“. Anders als die meisten befragten Gastronomen glaubt Macher nicht, dass sich an der gerade beschlossenen Regelung so schnell wieder etwas ändern wird.
Wagner: „Rauchverbot wird über Umwege kommen“
Auf die Frage, ob er dem Vorstoß der neuen Regierung, nun doch kein generelles Rauchverbot einzuführen, etwas abgewinnen könne, antwortet Siegfried Wagner vom Stadtcafé Ulrich mit einem „Jein“. „Wir haben vor einigen Jahren eine Glaswand einbauen lassen, um einen getrennten Bereich zwischen Rauchern und Nichtrauchern zu haben. Durch die Neuregelung können wir deshalb alles so lassen, wie es ist“, so Wagner. Er ist allerdings skeptisch, dass es so bleiben wird. „Ich kann mir vorstellen, dass Druck von anderen Fraktionen kommen wird und ein Rauchverbot über Umwege, wie zum Beispiel ein Volksbegehren, schließlich doch noch eingeführt wird“, so der Ulrich-Betreiber.
Neuregelung sorgt auch in Haitzendorf für Diskussion
Auch bei der Wirtsfamilie Haag vom Gasthof Haag in Haitzendorf sorgt der Regierungsvorstoß für Diskussionsstoff: „Am liebsten würden wir ein generelles Rauchverbot in unserem Gasthof einführen. Die meisten Gäste bevorzugen einfach einen Tisch im Nichtraucherbereich. Nachdem wir aber kein einheitliches Speiselokal sind und in unserem Haus auch das Dorfleben mit verschiedenen Vereinen, Stammtischen und Frühschoppen stattfindet, wissen wir nach wie vor nicht, wie wir vorgehen sollen, da wir ein Ausbleiben der Gäste befürchten“, so der Gastronom Markus Haag.
Der Haitzendorfer Gastwirt hofft auf eine Wiederaufnahme des generellen Rauchverbots in der Gastronomie, denn somit würde für alle Betriebe die gleiche Ausgangslage geschaffen.
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