AK Linz-Land zog Bilanz: 2021 wurden 3,8 Millionen Euro für die Mitglieder erkämpft
LINZ-LAND. Bruno Kamraner, Leiter der Arbeiterkammer-Bezirksstelle Linz-Land und AK-Präsident Andreas Stangl zogen am Donnerstag in Traun Bilanz über das Jahr 2021 aus Sicht der Arbeiterkammer und über aktuelle und anstehende Herausforderungen.
Im vergangenen Jahr wandten sich 7.209 AK-Mitglieder mit arbeits- und sozialrechtlichen Fragen an die AK Linz-Land. 5.237 Ratsuchende nahmen eine telefonische Beratung in Anspruch. 1.530 kamen persönlich in die Arbeiterkammer, um sich Hilfe und Unterstützung zu holen. Weitere 442 Mitglieder wollten Auskünfte per E-Mail. Zusätzlich führten Bildungsexperten der AK in Traun zehn persönliche Bildungsberatungen durch.
Kein Unterschied, ob große oder kleine Beträge
Bei vielen Arbeitsrechtsproblemen reicht eine Beratung nicht aus. Die AK muss bei den Arbeitgebern intervenieren und, wenn das nichts hilft, vor Gericht gehen, um den Arbeitnehmern zu ihrem Recht zu verhelfen.
Durch außergerichtliche Interventionen in 104 Fällen wurden 199.535 Euro an vorenthaltenem Entgelt hereingebracht. Durch Rechtsvertretung vor dem Arbeitsgericht mussten in 47 Fällen 370.579 Euro erkämpft werden. Alles in allem wurden somit 151 Fälle gerichtlich oder außergerichtlich abgeschlossen. Hauptsächliche Gründe für Rechtshilfen und -vertretungen waren Probleme beim Entgelt (106), unbegründete Entlassungen (13) und Beanstandungen von fristwidrigen Kündigungen (11).
In ihrem Engagement für ihre Mitglieder machen die AK-Rechtsexperten keinen Unterschied, ob es sich um große oder kleine Beiträge handelt. Die eingeforderten Beträge reichen von 70 Euro bis zu 84.600 Euro. Von den 151 Fällen stammen 127 aus Betrieben ohne Betriebsrat. Daran erkennt man, wie wichtig eine betriebliche Interessenvertretung für die korrekte Bezahlung der Arbeitnehmer ist.
In Sozialrechtsangelegenheiten erstritt die AK Linz-Land im vergangenen Jahr 1.891.159 Euro. Dabei ging es hauptsächlich um Pensionsansprüche und um Pflegegeld.
In Summe hat die AK Linz-Land im Vorjahr an arbeits- und sozialrechtlichen Ansprüchen sowie an Forderungen nach Insolvenzen für ihre Mitglieder Zahlungen von insgesamt 3.822.715 Euro erreicht.
AK sicherte Pensionistin Pflegegeld
Eine Pensionistin aus dem Bezirk Linz Land leidet an einer schweren Form von COPD, bei der es zu einer ständigen Unterversorgung mit Sauerstoff kommt. Außerdem hat sie mit der chronischen Darmentzündung Morbus Crohn zu kämpfen. Durch die starken Medikamente, die sie einnehmen muss, hat die Pensionistin eine extrem dünne Haut. Schon bei leichten Berührungen kommt es zu Blutungen. Duschen mit Haarewaschen dauert bei ihr mindestens eine Stunde, weil sie immer wieder Pausen einlegen muss. Als sie bei der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) um Pflegegeld ansuchte, erhielt sie zu ihrem Entsetzen einen negativen Bescheid.
In ihrer Verzweiflung suchte sie Hilfe bei der AK-Bezirksstelle Linz-Land. Mit Erfolg! Denn die Experten der Arbeiterkammer klagten gegen den negativen Bescheid und der Frau wurde schließlich Pflegegeld zuerkannt – in der Stufe 1, was im Monat 165,40 Euro ausmacht. „Gut, dass die Betroffene rechtzeitig zu uns in die Bezirksstelle gekommen ist. Wir können nämlich nur innerhalb von drei Monaten ab Zustellung eines PVA-Bescheids klagen. Danach kann man nichts mehr machen“, erklärt Bruno Kamraner, Leiter der AK-Bezirksstelle Linz-Land.
Fast 11.000 Euro für 24-jährigen Montagearbeiter erkämpft
Ein 24-jähriger Mann aus Haid war rund drei Monate lang als Montagearbeiter bei einer Firma angestellt. In dieser kurzen Zeit arbeitete er extrem viel. Insgesamt kam er auf die gewaltige Summe von 206 „50-prozentigen“ und 154 „100-prozentigen“ Überstunden. Auch Urlaubstage konnte er in dieser Zeit keine konsumieren. Als sein Dienstverhältnis einvernehmlich beendet wurde, bekam er jedoch keinerlei Entgelte für Mehrarbeit und Überstundenleistungen ausbezahlt. Darum ließ er sich in der AK-Bezirksstelle Linz-Land beraten.
Nach einer ersten Intervention der Arbeiterkammer zeigte sich der ehemalige Arbeitgeber des 24-Jährigen nur zum Teil einsichtig und zahlte 4.164,50 Euro. Die offenen Ansprüche waren damit aber noch lange nicht beglichen. Nachdem die Firma die fehlenden Überstunden nicht zahlte und auch nichts mehr von sich hören ließ, klagte die AK. Letztendlich wurde vom Gericht festgestellt, dass trotz der Nachzahlung immer noch die Summe von 6.515,99 Euro offen war. Erst durch das Gerichtsverfahren konnte der Dienstgeber bewegt werden, diese Zahlung zu leisten.
Diese Uneinsichtigkeit kam dem Dienstgeber aber teuer, denn er musste auch noch die Prozesskosten begleichen. „Unser Mitglied hat all seine Ansprüche erhalten. Insgesamt waren 10.700 Euro ausständig. Gut, dass er zu uns gekommen ist“, freut sich Bruno Kamraner, Leiter der AK-Bezirksstelle Linz-Land.
Fünf Millionen Euro im Jahr 2022 für eine Ausbildungsoffensive
Jährlich fallen in Oberösterreich rund 3.153 Jugendliche vorzeitig aus dem formellen Bildungssystem heraus. Mehr als 40 Prozent davon (1.296) sind junge Aussteiger/-innen, die ihre Schule nach der neunten Stufe oder schon zuvor verlassen. Weit über 40 Prozent (1.362) brechen eine Lehre ab bzw. beenden sie ohne Abschluss. Der „Rest“ (495) bricht eine weiterführende Schule nach der zehnten Schulstufe ab. Der frühe Ausbildungsabbruch (max. Pflichtschulabschluss) umfasst 14 Prozent (rund 12.000 junge Erwachsene) der 20- bis 24-Jährigen.
Im Jahr 2021 waren in Oberösterreich 5.388 Jugendliche im Alter von 15 bis 24 Jahren beim AMS gemeldet, die auf Lehrstellen- oder Jobsuche waren und maximal über einen Pflichtschulabschluss verfügten. Im Bezirk Linz-Land waren es 670: 90 Lehrstellensuchende ohne Einstellungszusage, 263 arbeitslose Jugendliche und 317 Jugendliche in Schulungen, jeweils ohne abgeschlossene Berufsausbildung.
Eine große Ausbildungsoffensive ist daher ein besonderes Anliegen des neuen AK-Präsidenten Andreas Stangl. Die AK Oberösterreich stellt dafür 2022 fünf Millionen Euro zur Verfügung. Andreas Stangl wird dazu Gespräche mit möglichen Partnern in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft führen.
Neben jungen Menschen brauchen auch Langzeitbeschäftigungslose deutlich mehr Unterstützung. Waren im Oktober 2008 1.100 Menschen in Oberösterreich davon betroffen, sind es jetzt fast 10.000. Dabei zeigt gerade die Corona-Krise, dass es in vielen gesellschaftlichen Bereichen enormen Personalbedarf gibt.
Sofortige Entlastung der Beschäftigten in Gesundheit und Pflege
Die Corona-Krise hat deutlich gemacht, dass alle Beschäftigten in Pflege- und Gesundheitsberufen dringend entlastet werden müssen. Beim Corona-Bonus fordert der AK-Präsident eine sofortige Korrektur. Er wurde viel zu wenigen Beschäftigten zuerkannt (zum Beispiel ging der Rettungsdienst völlig leer aus) und selbst von diesen haben ihn nicht alle erhalten – etwa bei einem Arbeitgeberwechsel. Die Covid-Prämie muss daher sofort auf alle Beschäftigten ausgeweitet werden.
Der AK-Präsident fordert, dass das Personal sowohl in den Krankenhäusern als auch in der institutionellen und mobilen Pflege so rasch wie möglich um 20 Prozent aufgestockt wird, verteilt über alle Berufsgruppen. Alleine bis 2025 fehlen in den Mobilen Diensten und Heimen mit vorsichtiger Schätzung 1.600 Vollzeitstellen: Mehraufgaben und neue Anforderungen sind dabei noch gar nicht berücksichtigt. Und in den Spitälern braucht es 6.025 zusätzliche Dienstposten in der Pflege, nur um Pensionierungen und den Mehrbedarf durch die Bevölkerungsentwicklung zu stemmen. Ein Umlegen dieser Zahlen auf einzelne Bezirke ist nicht möglich, weil es keine offiziell verfügbaren Daten zu Pflege und Betreuung auf Bezirksebene gibt.
Verkehrssituation in Linz-Land problematisch
Ein großes Problem im Bezirk Linz-Land ist die Verkehrssituation bei Haid und Ansfelden. Die Stadteinfahrten nach Linz sind zu den Stoßzeiten dauerüberlastet, schon auf der Westautobahn (A1) kommt der Verkehr in diesem Bereich laufend zum Erliegen. Was natürlich Auswirkungen für die in Linz-Land lebenden Menschen hat. Es braucht hier ein attraktives Angebot, um auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen. Weiters muss es bauliche Maßnahmen geben, um den Verkehr fließender zu gestalten und die täglichen Staus zu vermeiden.
Die Digitalisierung der Arbeitswelt sozial gerecht gestalten
Im Jänner 2019 hat die AK mit 30 Millionen Euro für fünf Jahre einen Zukunftsfonds dotiert, um Digitalisierungsprozesse in Betrieben so zu begleiten, dass sie unter aktiver Einbindung von Betriebsräten und der Belegschaft gestaltet werden. 145 Projekte, von denen 70.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer profitieren, wurden schon gestartet. 49 wurden bereits erfolgreich abgeschlossen.
So wurde etwa bei Runtastic in Pasching das Projekt „Von gut zu hervorragend – Runtastic Team bringt Home-Office auf das nächste Level“ umgesetzt. Es arbeiten dort Menschen aus 40 Nationen, viele davon zu 100 Prozent im Home-Office, für die es jetzt etwa ein Angebot für eine arbeitspsychologische Begleitung gibt. Es werden außerdem regelmäßig Resilienz-Trainings angeboten und Führungskräfte erhalten spezielle Schulungen für Teams, die im Home-Office sind.
Weiters werden Veranstaltungen (Yoga-Stunden, Pub Quiz…) online organisiert. Den Zukunftsfonds, der solche Projekte ermöglicht, will der neue AK-Präsident nicht nur fortführen, sondern auf möglichst viele weitere Betriebe ausweiten.
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