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Weststreckenausbau Linz-Marchtrenk: Betroffene Grundeigentümer sind gegen Verschwenkung der Gleise

Melissa Untersmayr, 02.07.2024 14:30

LINZ-LAND/WELS-LAND. Beim Spatenstich für den Weststreckenausbau wurde der Baubeginn eines „zukunftsweisenden Verkehrsprojekts“ gefeiert, wie Ministerin Gewessler betont. Zeitgleich trudeln bei jenen Grundeigentümern, mit denen man keine Einigung erreichte, laufend Enteignungsbescheide ein. Man sei nicht grundsätzlich gegen den Ausbau, jedoch gegen die geplante Streckenführung, heißt es von Seiten der Flurschutzgemeinschaft. Die Verschwenkung verbrauche „mehr hochwertigen Boden als notwendig“.

  1 / 2   Von links: Markus Achleitner, Günther Steinkellner, Andreas Matthä, Leonore Gewessler und Wolfgang Bogensberger beim Spatenstich (Foto: Heidemarie Pleschko)

Immer mehr Menschen sind mit der Bahn unterwegs. Der Weststrecke kommt dabei eine besondere Bedeutung zu: Ein Drittel aller Züge in Österreich verkehrt auf dieser, obwohl sie gerade einmal zehn Prozent des Streckennetzes ausmacht. Den Schienenabschnitt zwischen Linz und Wels befahren aktuell etwa 400 Züge pro Tag – damit stößt er bereits an seine Kapazitätsgrenzen. Verkehrsprognosen sagen für die nächsten Jahre jedoch eine deutliche Steigerungdes Bahnverkehrs voraus: Abhilfe schaffen sollen nun vier neue Hochleistungsgleise.

Seit März sind die Vorbereitungen in vollem Gange. Nun wurde der Beginn der Hauptbauarbeiten mit einem Festakt gefeiert. Anwesend waren hochrangige Funktionäre und Politiker, etwa Klimaschutzministerin Leonore Gewessler, ÖBB-Vorstandsvorsitzender Andreas Matthä, die Landesräte Markus Achleitner und Günther Steinkellner sowie Wolfgang Bogensberger, Vertreter der Europäischen Kommission in Österreich.

Steinkellner: „Sehr schade“ um fehlende Haltestelle Pasching

Mehr Züge, mehr Tempo und ein dichteres S-Bahnnetz verspricht man sich vom viergleisigen Ausbau der Strecke zwischen Linz und Wels. Bis zu 230 Stundenkilometer Fahrgeschwindigkeit sollen die neuen Gleise zukünftig bewältigen. „Diese Modernisierung der Weststrecke ermöglicht es uns, noch mehr Menschen und Güter umweltfreundlich und effizient zu transportieren“, so Matthä. Zusätzlich profitieren Zugreisende von den neuen, barrierefreien Haltestellen mit Park&Ride in Leonding, Hörsching und Oftering.

In Pasching werden die Voraussetzungen für den späteren Bau einer Haltestelle geschaffen: „Das viertgrößte Einkaufszentrum Österreichs (Anm.: Plus City) nicht anzubinden, ist wirklich sehr schade“, kritisiert Landesrat Steinkellner. Auch Bürgermeister Markus Hofko zeigt sich enttäuscht: „Wir verlieren nach einem über 25-jährigen Verfahren einen öffentlichen Verkehrsanschluss, wo zukünftig ein 15-Minuten-Takt Richtung Wels und Linz angeboten wird.“

Umwelt und Wirtschaft sollen vom Ausbau profitieren

Im Bereich Pasching-Hörsching wird die Trasse wenige hundert Meter nach Süden verschoben (siehe Infografik), um das wachsende Gewerbegebiet und vor allem den Flughafen Hörsching anzubinden. „Der Wirtschaftsstandort Oberösterreich profitiert massiv, es entsteht eine leistungsfähige Schienen-Infrastruktur für die zahlreichen Unternehmen und Logistiker im Zentralraum. Gleichzeitig kann das Angebot im öffentlichen Verkehr noch besser an die Bedürfnisse der Pendler angepasst werden“, ist Landesrat Achleitner überzeugt.

Klimaschutzministerin Gewessler betont nicht nur die wirtschaftlichen Vorteile: Der viergleisige Ausbau sei „ein entscheidender Schritt für die Zukunft unserer Mobilität“ und leiste einen „wichtigen Beitrag zum Klimaschutz“. Nicht nur der Bund, sondern auch die EU unterstützen das knapp eine Milliarde teure Projekt großzügig mit Geldern: „Investitionen in die Schiene sind eine wichtige Weichenstellung, damit wir im Sinne des europäischen Green Deals bis spätestens 2050 klimaneutral werden. Schließlich ist der Verkehr für rund ein Viertel der Treibhausgase in der EU verantwortlich“, so Bogensberger.

Eigentümer äußern Bedenken wegen Bahnschwenk

Weit weniger begeistert sind einige Landwirte aus Hörsching und Umgebung, deren Gründe von der Streckenverlegung betroffen sind. Mit ihnen konnte laut ÖBB keine gütliche Einigung erzielt werden, weswegen es etwa 30 Enteignungsverfahren gibt. „Das ist ein mühsamer und vor allem sehr belastender Prozess für uns und unsere Familien“, heißt es von Seiten der Betroffenen. Sie seien nicht per se gegen den viergleisigen Ausbau, hinterfragen jedoch die Notwendigkeit des Schwenks.

Sieben Hektar mehr fruchtbarer Boden werden den ÖBB zufolge durch die Verschwenkung der Trasse versiegelt. Man versuche den unvermeidbaren Eingriff in die Naturflächen so schonend wie möglich vorzunehmen. Überdies müsse man Vorsorge- und Ausgleichsmaßnahmen setzen, die eine externe Bauaufsicht begleitet: Aus etwa 45 Prozent der ausgewählten Trasse werden ökologisch wertvolle Flächen – allen voran Böschungen mit Gehölz und Wiese – geschaffen. Wie die freiwerdende Trasse nachgenutzt werden kann, sollen in den nächsten Jahren durch die örtliche Raumplanung in den Gemeinden gemeinsam mit den ÖBB ausgearbeitet werden.

Dennoch fordert die Flurschutzgemeinschaft Klimaschutzministerin Gewessler auf, „eine Entscheidung für die Natur, wie sie es auch beim Baustopp derLobau-Autobahn getan hat“, zu treffen. Diese steht auf Nachfrage von Tips jedoch hinterdem Ausbau: „Die Lobau-Autobahn wurde abgesagt, weil es keinen Sinn macht, vierspurig im Stau zu stehen. Im Vergleich dazu ist der Weststreckenausbau zukunftsweisende Verkehrspolitik. Darüber hinaus gibt es gesetzlich vorgeschriebene Umweltersatzmaßnahmen, die die ÖBB einhalten müssen.“


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